Dritter Streich von Team Germany

Von Florian Regelmann
Die deutschen Stürmer scheiterten immer wieder an Sloweniens Keeper Robert Kristan
© Getty

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft hat auch ihr drittes Spiel bei der WM in der Slowakei gewonnen. Gegen Aufsteiger Slowenien gewann das schon vorher als Gruppensieger feststehende DEB-Team einen Penalty-Krimi mit 3:2. In der Zwischenrunde geht es ab Freitag gegen Tschechien, Finnland und entweder Lettland oder Dänemark.

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Deutschland hat zum ersten Mal seit 1930 das Kunststück geschafft, mit drei Siegen in eine Eishockey-WM zu starten. Es sah allerdings lange gar nicht danach aus.

Die Slowenen gingen durch Ziga Jeglic (5.) und Rok Ticar (29.) mit 2:0 in Führung, ehe das deutsche Team aufwachte und den Aufsteiger komplett an die Wand spielte. Lange scheiterte man aber am überragenden Keeper Robert Kristan. Michael Wolf im Power-Play (36.) und Felix Schütz (46.) sorgten dann aber für den Ausgleich.

Statistik: Die Topscorer der WM

Zum Siegtreffer reichte es trotz eines unglaublichen Schussverhältnisses (60:26) zugunsten der deutschen Mannschaft aber in der regulären Spielzeit und in der Overtime nicht mehr. Es ging in den Shootout, wo ausgerechnet Verteidiger Frank Hördler in der achten Runde den entscheidenden Penalty verwandelte.

Deutschland zieht damit ungeschlagen in die Zwischenrunde ein, wo es am Freitag zum Auftakt gegen Tschechien oder Finnland gehen wird. Am Samstag heißt der Gegner dann Lettland oder Dänemark. Ein Punkt könnte bereits zum Einzug ins Viertelfinale reichen.

LIVE-TICKER: Der Penalty-Sieg des DEB-Teams zum Nachlesen

Reaktionen:

Uwe Krupp (Bundestrainer): "Es war ein hartes, sehr enges Spiel, genau wie wir es erwartet hatten. Slowenien hat ein junges Team, das vor allem in der Offensive über einige sehr talentierte Spieler verfügt. Ich bin sehr stolz darauf, wie meine Mannschaft nach dem 0:2-Rückstand zurückgekommen ist. Dennis Endras musste bei den wenigen Chancen der Slowenen sein gesamtes Können aufbieten. Ich bin froh, dass es in diesem Spiel nicht um die Relegation ging. Heute hatten wir nicht so viel Scheibenglück wie in den ersten Spielen."

... über Hördler als Penaltyschützen: "Nach den Fehlschützen haben die Verteidiger von hinten gerufen, dass mit Franky nun endlich einer von ihnen schießen soll. Deshalb habe ich ihm gesagt, er soll es machen."

Frank Hördler (DEB-Verteidiger): "Wir haben Charakter, und der wird uns unheimlich helfen in den nächsten Runden. Die Euphorie treibt uns immer weiter nach vorne."

... über seinen Penalty: "Ich war überrascht. Ich habe noch nie einen Penalty geschossen. Ich habe keine Ahnung, wer das entschieden hat. Irgendjemand hat gerufen und dann bin ich aufs Eis."

Michael Wolf (DEB-Kapitän): "Es gibt schon noch ein paar Sachen zu verbessern. Wir hatten heute zwar viele Torschüsse, aber wir haben nicht so gut zum Tor gearbeitet wie zuletzt und dem Torhüter zu wenig die Sicht genommen. Deshalb hat die Effektivität gefehlt. Es hat ein bisschen so ausgesehen, dass uns die Außenseiterrolle besser liegt, als ein Spiel wie heute, wo wir selbst mehr agieren müssen. Aber der Charakter der Mannschaft ist gut. Wir wollten das Spiel nicht hergeben und haben es gemeinsam noch gebogen."

Justin Krueger (DEB-Verteidiger): "Es war ein schwieriges Spiel, weil die Punkte egal waren. Aber wir wollten weiterhin fighten und das Momentum beibehalten, das wir uns in den ersten beiden Spielen geholt hatten. Wir haben seit der letzten WM mehr Erfahrung in engen Spielen, das hilft uns sehr. Wir sind bereit für die kommenden Aufgaben."

Matjaz Kopitar (Trainer Slowenien): "Deutschland ist das am besten organisierte und disziplinierte Team, das ich in Bratislava gesehen habe. Nicht umsonst stehen sie in der Gruppe ganz oben. Ich bin aber auch stolz auf meine Jungs, denn dieses Spiel war eine gute Vorbereitung für die nun anstehenden Aufgaben in der Abstiegsrunde."

Mitja Robar (Slowenien): "Es war ein gutes Spiel, wir können stolz auf unsere Leistung sein. Wir konnten zwar nicht den letzten Schritt zum Sieg machen, aber wir haben gut dagegengehalten. Deutschland hat alle drei Spiele in unserer Gruppe gewonnen, sie sind ein richtig gutes Team."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Dennis Endras kehrt ins deutsche Tor zurück. Ansonsten gibt es keine Änderungen: Frank Mauer steht wieder als 13. Stürmer auf dem Spielberichtsbogen und wird als Springer in die Reihen rotiert. Die deutsche Mannschaft startet auch wieder mit Robert Dietrich und Justin Krueger in der Abwehr. Die erste Sturmreihe bilden Andre Rankel, Kai Hospelt und Michael Wolf, der sein 100. Länderspiel bestreitet. Die Slowenen beginnen mit Robert Kristan im Tor, Gregory Kuznik und Ales Kranjc in der Abwehr sowie den Rodman-Brüdern David und Marcel und Tomaz Razingar im Sturm.

5.: TOR FÜR SLOWENIEN! Von der rechten Seite bringt Jeglic den Puck genau vor den Kasten, wo Lavallee und Sabolic im Clinch liegen. Der Puck springt von Lavallees Körper ins Tor, was für ein unglücklicher Bounce. Deutschland liegt zum ersten Mal bei der WM hinten.

11.: Es klingelt, aber leider nicht im Tor, sondern nur der Außenpfosten wackelt nach einem Schuss von Müller. Davor hatte sich der Flügelstürmer aber gut durch die neutrale Zone getankt und durchgesetzt. Die Deutschen kommen langsam besser ins Spiel.

15.: Das Tor war offen wie ein Scheunentor nach einem abgefälschten Schuss von Lavallee, aber Wolf kommt nicht ganz an die Scheibe ran. Die Slowenen verteidigen mit allem, was sie haben.

29.: TOR FÜR SLOWENIEN! Wieder klingelt es, aber leider wieder im deutschen Kasten. Sabolic lässt auf dem rechten Flügel Freund und Feind stehen und kurvt hinters Tor. Genau vor dem Kasten steht Ticar und haut den Puck nach Pass von Sabolic an Endras vorbei.

33.: Holzer, Dietrich, Holzer! Die blaue Linie wird zur Schnellfeueranlage. Kurz danach vergibt Tripp aus zwei Metern zentral vor dem Kasten. Dieser Eisschrank im slowenischen Tor wird man doch irgendwann mal "besiegen" dürfen.

36.: TOR FÜR DEUTSCHLAND! Es geht doch! Rankel setzt sich auf dem linken Flügel durch und sieht in der Mitte den Jubilar Michael Wolf. Der Kapitän macht keine Kompromisse und hebt die Scheibe an Kristan vorbei in den Kasten.

46.: TOR FÜR DEUTSCHLAND! Krueger lässt einen Hammer los, der erst rechts am Tor vorbei geht. Aber von der Bande kommt der Puck zurück vor den Kasten. Dort steht Schütz und hat keine Mühe, die Scheibe ins leere Tor zu schießen. Pech für Kristan.

60.: Big-Save Endras! Rodman zieht aus drei Metern aus halbrechter Position ab, Endras macht einen halben Spagat und kommt gerade noch an den Puck. Das wäre der Killer gewesen. So geht es in die Overtime.

Shootout: Hördler macht in der achten Runde das Ding und knallt die Scheibe kompromisslos ins rechte Kreuzeck. Das ist der Sieg!

Der Star des Spiels: Robert Kristan. Der Goalie der Slowenen spielt zwar nur für Medvescak Zagreb in der österreichischen Liga, aber es ist im internationalen Eishockey schon lange kein Geheimnis mehr, was der 28-Jährige drauf hat. Bei der WM 2008 machte er einmal bei einer 1:5-Niederlage der Slowenen gegen Kanada mit sage und schreibe 60 Saves auf sich aufmerksam. Und auch in der Slowakei hält er schon wieder wie ein Wahnsinniger. Im ersten Spiel standen gegen die Slowakei 42 Saves zu Buche, gegen Deutschland waren es am Ende 58. Bei den Gegentoren war er absolut schuldlos. Dass Slowenien in den Shootout kam, lag ausschließlich an Kristan. Bester deutscher Spieler war Captain Michael Wolf.

Der Flop des Spiels: Constantin Braun. Der 23-Jährige ist einer der besten jungen Verteidiger, die Deutschland hat. Der Mann von den Eisbären, der 2006 von den L.A. Kings gedraftet wurde, hat sogar NHL-Potenzial. Er bekommt von Uwe Krupp unheimlich viel Eiszeit und spielte sowohl gegen Russland als auch die Slowakei herausragend. Gegen Slowenien blieb Braun aber unter seinen Möglichkeiten. Er stand bei beiden Gegentoren auf dem Eis und ließ dabei zweimal seinen Gegenspieler auf dem Flügel gewähren, ohne ihn aggressiv zu stören. Außerdem schwach: Greilinger.

Analyse: Es war eine kuriose Situation vor dem Spiel: Deutschland stand schon als Gruppensieger fest. Slowenien war definitiv schon in der Abstiegsrunde. Es ging im Prinzip um nichts. Damit hätte vor dem Turnier nienamd gerechnet. Und damit war auch klar, dass es vom Kopf her das schwierigste Spiel für das DEB-Team werden würde. Nach zwei emotionalen Siegen, die zudem viel Kraft gekostet haben, ging man gegen den Aufsteiger zum ersten Mal als Favorit ins Spiel.

Es war fast zu erwarten, dass sich Deutschland schwer tun würde. Und genau so kam es. Das Team kam schwer in die Gänge, war körperlich nicht so präsent wie in den ersten Spielen und geriet durch ein unglückliches Gegentor früh in Rückstand. Ein Rückstand, der absolut Gift war. Dass Deutschland gegen Russland und die Slowakei das erste Tor erzielen konnte, war ein entscheidender Faktor bei den Siegen. Darauf konnte man sein Spiel aufbauen und den Gegner frustrieren.

Diesmal lief es genau umgekehrt. Diesmal war Deutschland das Team, das gegen einen extrem unangenehmen Gegner anrennen musste. Mitte des ersten Drittels wurde das DEB-Team stärker, verbrachte sehr viel Zone-Time im Drittel der Slowenen und erarbeitete sich einige gute Torchancen. Das Schussverhältnis (15:6) sprach klar zugunsten von Deutschland. Es fehlte aber genau das, was das Team bis jetzt auszeichnete: Die Geradlinigkeit und Durschlagskraft vor dem Tor. Und wenn beim deutschen Team nur fünf Prozent fehlen, reicht es eben nicht mehr.

Die Folge der fehlenden Konsequenz war das 0:2. Erst ab Mitte des zweiten Drittels wachte Deutschland auf und wurde deutlich aggressiver. Wolf markierte mit dem ersten deutschen Power-Play-Tor im Turnier den Anschlusstreffer - es war auch das erste Tor der nominell ersten deutschen Reihe. Deutschland dominierte die Partie und drückte massiv auf den Ausgleich (39:13-Schüsse nach dem 2. Drittel).

Im letzten Drittel ging es im gleichen Stil weiter. Felix Schütz schoss den mehr als verdienten Ausgleich, der Siegtreffer wollte aber in der regulären Spielzeit und in der Overtime nicht mehr fallen. Im Gegenteil: Die Slowenen kamen noch einmal auf. Nur ein überragender Endras-Save verhinderte die Pleite. Im Penaltyschießen hatte die DEB-Truppe dann das bessere Ende für sich.

Fazit: Es war die erwartet schwere Aufgabe, aber das Team hat erneut Charakter bewiesen und sich den dritten Sieg im dritten Spiel durch das unermüdliche Anrennen auch redlich verdient. Die Ausgangslage (mit 6 Punkten in die Zwischenrunde) wäre auch bei einer Niederlage überragend gewesen, aber es war dennoch wichtig, das Momentum aus den ersten Spielen nicht zu verlieren.

Der Spielplan der Eishockey-WM in der Slowakei

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