"Fühle mich nicht ungerecht behandelt"

Von Interview: David Schmitt
Maik Zirbes hat sich in Belgrad nach seinem Wechsel aus Bamberg schnell zurecht gefunden
© getty

Maik Zirbes wechselte vor dieser Saison von den Brose Baskets Bamberg nach Belgrad zu Roter Stern. Oft musste sich der Nationalspieler Kritik gefallen lassen, hegt aber keinen Groll. Im SPOX-Interview spricht Zirbes zudem über die neue Kultur, seinen Trainingspartner Boban Marjanovic und die Chancen des DBB bei der EM im eigenen Land.

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SPOX: Maik Zirbes, Sie sind nun rund ein halbes Jahr in Belgrad. Wie läuft es mit dem Serbisch? Auf Ihrem Facebook-Account klappt es ja schon recht gut.

Maik Zirbes: Ich bin fleißig am Lernen. Es ist nicht ganz so einfach, aber ich kann doch ordentlich kommunizieren und mich unterhalten. Ich kann mir zumindest meinen Kaffee und mein Brötchen bestellen. Bei größeren Dialogen hapert es allerdings noch.

SPOX: Nicht nur die Sprache, auch die Kultur in Serbien unterscheidet sich sicherlich komplett von Deutschland.

Zirbes: Ganz klar. Es fängt beim Essen an: Hier gibt's eben ganz andere Sachen und man isst sehr gesund. Aber es wird speziell auch viel Fleisch und Kartoffeln gegessen, zudem gibt es sehr viele Milchspeisen, angefangen bei Kajmak über Paflak und viel Jogurt. Weiter geht's mit dem Verhalten der Menschen, die alle sehr ehrlich zueinander sind. Wenn sie jemanden nicht leiden können, dann zeigen sie das hier auch klipp und klar. Aber natürlich gilt das auch umgekehrt: Man wird hier noch viel herzlicher behandelt, wenn man einen guten Eindruck abgibt. Und zuletzt ist natürlich auch der Basketball ganz anders als der in Deutschland.

SPOX: Inwieweit hat Sie der Wechsel denn als Spieler verändert?

Zirbes: In erster Linie habe ich noch mehr Erfahrung sammeln können. Zudem trainiere ich mit dem derzeit wohl besten Center Europas und darf mich in der Top-16-Runde der Euroleague zeigen. Das bringt mich natürlich alles weiter nach vorne.

SPOX: Sie sprechen Boban Marjanovic an. Ein solcher Trainingspartner kann ja nur hilfreich sein...

Zirbes: Absolut, ganz klar. Aufgrund seiner Größe kann ich gegen ihn nicht spielen wie gegen zwei Meter große Spieler. Allgemein kann man von ihm sehr viel lernen: Er ist zwar ein Riese, dennoch ist seine Fußarbeit wirklich hervorragend. Dazu kommen noch seine Bewegungen im Post-Spiel. Da kann ich mir wirklich immer wieder etwas abschauen und meine eigenen Abläufe anpassen. Das bringt mich schon extrem weiter.

SPOX: Was macht ihn abgesehen von seiner Größe so besonders?

Zirbes: Dass er ein wirklich lieber Kerl ist und keiner Fliege etwas zu Leide tun kann (lacht). Er ist wirklich ein riesengroßer, aber auch ganz, ganz herzlicher Mensch. Wir haben auch außerhalb der Halle viel miteinander zu tun und die Beziehung ist deshalb schon sehr gut.

SPOX: Großartiges Konkurrenzdenken gibt es also nicht? Immerhin fällt für sie angesichts von Marjanovic' starken Leistungen weniger Spielzeit ab.

Zirbes: Das stimmt natürlich schon, aber darüber mache ich mir weniger Gedanken. Ich konzentriere mich darauf, dass wir als Mannschaft die Spiele gewinnen und ich meine Rolle im Team bestmöglich erfülle. Darauf kommt es mir persönlich am meisten an. Alles andere ergibt sich dann von selbst.

Der unbekannte Gigant: Boban Marjanovic im Porträt

SPOX: Es ist also Geduld gefragt. Was gibt Ihnen die jugoslawisch-serbische Basketballschule konkret mit, was Sie zuvor vielleicht noch nicht gekannt haben?

Zirbes: Die Härte. Das spürt man an der Intensität und vor allem der Häufigkeit des Trainings. Die Trainingseinheiten sind hier einfach viel länger und dadurch noch härter als bei all meinen Stationen in Deutschland. Die Trainingsführung ist auch eine andere: Hier wird öfter mal lauter miteinander umgegangen.

SPOX: Man hat auch schon gehört, dass die Mannschaft direkt nach der Landung nach einem Auswärtsspiel in die Trainingshalle muss. Ist da was dran?

Zirbes: Absolut. Nach dem Spiel gegen Madrid kamen wir beispielsweise um 14 Uhr in Belgrad an. Unter den Trainern wurde dann abgemacht, dass wir entweder abends noch einmal trainieren oder eben am Morgen darauf. Wir bekamen dann trotzdem noch den Tag frei, was wirklich selten vorkommt (lacht).

SPOX: Nicht die Mentalität auf dem Court, auch die Emotion und Leidenschaft der Fans ist in Serbien eine ganz andere.

Zirbes: Richtig. So einen krassen Zusammenhalt unter den Fans und auch in der Mannschaft findet man selten. Das ist wirklich einzigartig. Was ist wirklich schön finde, ist, dass die Fans immer hinter einem stehen. Es gibt hier keine Erfolgsfans. Den Anhängern ist es einfach wichtig, dass man alles gibt auf dem Parkett.

SPOX: Hat man vor der Atmosphäre in der Arena andererseits nicht auch ein wenig Respekt?

Zirbes: Es ist immer Respekt dabei, aber die Euphorie nimmt ihn einem dann auch. Es ist wirklich immer sehr laut in der Halle, doch in Heimspielen weiß man, dass die Fans komplett hinter der Mannschaft stehen. Das pusht einen natürlich zusätzlich.

Seite 1: Die neue Kultur, veränderte Spielweise und Trainingspartner Marjanovic

Seite 2: Der Fanatismus in Serbien, Bamberger Zeiten und die EM in Berlin

Maik Zirbes im Steckbrief