Jürgen Melzer nach dem Sensationssieg gegen Milos Raonic: Keine Spur von Rücktritt

Melzer verschob sein Karriereende.
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Jürgen Melzer hat am Montagabend mit seinem Sieg über Milos Raonic für eine wahre Sensation gesorgt. Der 37-Jährige setzte sich gegen den ehemaligen Weltranglistendritten Milos Raonic in zwei Sätzen durch und vertagte damit sein Karriereende im Einzel.

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"Ich weiß gar nicht, wie viele Nachrichten ich bekam", erzählte Jürgen Melzer nach seinem Erstrundensieg. Allesamt hatten sie denselben Tenor: Er solle das Spiel gegen Milos Raonic so gut es geht genießen.

Melzer selbst war gleich klar, dass dies nur auf eine Art und Weise passieren könne: "In mir steckt ein zu großer Sportler. Ich kann das nur genießen, wenn ich gewinne."

Jürgen Melzer über Milos Raonic: "Du musst nur zwei Tiebreaks gewinnen"

Gesagt, getan. Gegen die Aufschlagmaschine Raonic setzte sich die ehemalige Nummer acht der Welt in zwei umkämpften Sätzen mit 7:6(6), 7:5 durch und setzt seine Einzel-Karriere zumindest für ein weiteres Match fort.

Den Weg zum Erfolg über die ehemalige Nummer drei der Welt erklärte Melzer verblüffend einfach: "Er kann schon einen Tag haben, wo er von hinten fast nichts reinbringt. Und dann musst du nur zwei Tiebreaks gewinnen."

Nachdem Melzer in den ersten vier Aufschlagspielen seines Gegners keinen einzigen Punkt gewann, kam er im Verlauf der Partie immer besser mit dem harten Service zurecht. Obwohl er drei Punkte weniger als Raonic machte, holte er sich den ersten Satz auch dank klassischer Melzer-Backhand-Stopps und spektakulärer Passierbälle, vorbei am zum Netz stürmenden Raonic.

Im zweiten Durchgang brauchte er dann gar kein Tiebreak mehr, sondern nahm Raonic beim Stand von 6:5 sogar den Aufschlag zum sensationellen Matchgewinn ab. Bei aller Euphorie relativierte Melzer dennoch in der Analyse seine Leistung.

"Man muss die Kirche im Dorf lassen. Ich spielte okay und habe schlau serviert", sagte der fünffache ATP-Titelträger. "Er hat von hinten schon schlecht gespielt, seine Fehler nutzte ich aus. Bei solchen Partien traue ich es mir noch länger zu, zu gewinnen."

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ATP Wien: Achtelfinale Kevin Anderson gegen Jürgen Melzer

Die nächste Chance in einem ähnlichen Match könnte bereits am Mittwoch auf Melzer warten, wenn er es im Achtelfinale mit der Nummer zwei des Turniers, Kevin Anderson, zu tun bekommt. Melzer weiß aber, dass ihm mit dem Südafrikaner trotz einer Körpergröße von über zwei Metern ein kompletterer Spieler als Raonic gegenübersteht.

Dass Melzer bereits am Montag - und damit an einem vermeintlich schwächer besuchten Tag - seinen ersten Auftritt gab, war im Vorfeld mit Turnierdirektor Herwig Straka abgesprochen.

Es sei "ein bisschen Dankbarkeit" Melzers für die Wild Card dabei gewesen, um den ersten Turniertag aus österreichischer Sicht ein wenig attraktiver zu gestalten. "Wenn der Dominic am Dienstag spielt, gehört ihm die Bühne - und das zurecht. Somit waren die Leute da, um meinen Abschied zu feiern", sagte Melzer mit einem Augenzwinkern.

Jürgen Melzer im Doppel mit Philipp Oswald: "Kann noch viel besser werden"

Diesen könnte man nun am Mittwoch erleben, wenngleich Melzer auch darüber hinaus zu sehen ist. Denn durch den Erstrundenerfolg im Einzel schlägt er im Doppel-Wettbewerb an der Seite von Philipp Oswald voraussichtlich erst am Donnerstag erstmals auf.

Dort hat Melzer nicht nur in dieser Woche noch Großes vor. "Wenn man zwei Grand Slams gewonnen hat, möchte man wieder in diese Region hin. Wenn ich mich darauf spezialisiere, kann ich in diesem Bewerb noch viel besser werden", sagte er.

Das Doppel sei generell ein ganz anderes Kapitel. "Das eine ist fertig geschrieben, das zweite schreiben wir weiter." Auch deshalb ist von Wehmut über ein Ende im Einzel nur wenig zu spüren.

Jürgen Melzer: Turniersieg? "Dann spiele ich weiter"

Es sei für Melzer sogar angenehm zu wissen, dass nach dieser Woche keine Turniere mehr geplant sind. Der Körper spielt nach 19 Jahren Profitennis nicht mehr mit. Es war ihm aber wichtig, sich mit solch einer denkwürdigen Leistung von der Tennisbühne zu verabschieden. "Und nicht herumhumpelnd, sodass sich alle Leute denken: ‚Warum hat man dem eine Wild Card gegeben?' Jetzt habe ich meinen Frieden gefunden."

Doch dieser Frieden wahrt möglicherweise nur kurz. Denn zum Ende der Pressekonferenz lehnte er sich noch einmal ganz weit aus dem Fenster: "Wenn ich das Turnier gewinne, dann spiele ich im Einzel weiter. Das verspreche ich Euch."

Jürgen Melzer beim ATP-Turnier in Wien: Abschneiden der letzten Jahre

JahrErgebnisgescheitert an
2018?-
2016AchtelfinaleAlbert Ramos-Vinolas (ESP)
2014AchtelfinaleIvo Karlovic
2012AchtelfinaleGilles Müller
2011ViertelfinaleKevin Anderson
2010Turniersieg-
2009Turniersieg-

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