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WWE @ Spox


Gründer: Biedel | Mitglieder: 355 | Beiträge: 118
03.11.2011 um 14:37 Uhr
Geschrieben von Tagon
Wrestling aus Kindersicht
Ich habe irgendwann in den letzten Monaten, vermutlich während meiner Magisterprüfungszeit und auf der Suche nach leichter Lektüre, etwas wiedergefunden, an das ich mich über zehn Jahre gar nicht mehr erinnert habe: meine Begeisterung für Wrestling. Ich surfte ahnungslos über die Spox-Startseite, als mir ein Bild von Shawn Michaels entgegenprangte, und irgendeine sehr, sehr eingerostete Synapse zündete nach ein paar Sekunden, um mir mitzuteilen: „Hey, das ist der Heartbreak Kid! Den fandest Du damals total super!" Also habe ich den Artikel gelesen, bekam nebenbei mit, was eigentlich aus der WCW wurde, las vom Montreal Screwjob und begann so, mich wieder ein wenig in die Wrestlingwelt hineinzufuchsen.


Am Anfang war der Royal Rumble

Wrestling fand ich eigentlich in der Rückschau betrachtet gar nicht so wahnsinnig lange cool. Es war in der Grundschule, dritte oder vierte Klasse, als wir zusammen öfters mal die PPV-Events im Fernsehen sahen, ein paar Klassenkameraden und ich. Natürlich waren wir Kinder immer Fans der Faces – primär Razor Ramon, des Undertakers oder eben – nach seinem Face-Turn – Shawn Michaels.
Die beiden spektakulärsten Matches, die mir aus der Zeit in Erinnerung geblieben sind, waren das Royal Rumble 1994, als Bret Hart und Lex Luger beide gleichzeitig die Matte berührten und ein Titelmatch gegen Yokozuna bekamen, und das Intercontinental-Champion-Ladder-Match zwischen Razor Ramon und Shawn Michaels.


Schulwrestling – die INKWF

Wir waren so inspiriert von der spektakulären Action, dass wir in der Grundschule gar unsere eigene Wrestling-Liga gründeten, und zwar die – aufgepasst: „Internationale Klassenwrestling Federation" – kurz INKWF. Wir haben sogar ein paar Titel gebastelt, stilecht auf Pappe, und einige Matches bestritten. Auf Matten in der Turnhalle, bei manchen im Keller zu Hause. Natürlich ohne Ringseile, und es beschränkte sich auch ziemlich auf Ringen, aber es war witzig.

Und uns war damals schon irgendwie klar, dass die sich nicht tatsächlich volle Möhre den Ellenbogen in die Fresse rammen, weswegen sich bei uns auch niemand ernsthaft verletzte. Von ein paar blauen Flecken abgesehen, vielleicht. Und das alles ganz ohne diese komischen "Don't try this at home"-Vignetten. Scheinbar sind die Kinder von heute blöder als wir damals.
Präsident der INKWF war übrigens ich. Denn so unsportlich ich war, war ich halt ein Organisationstalent und habe dementsprechend Termine koordiniert und dafür gesorgt, dass genug Cola in den Kellern zur Erfrischung bereitstand. Für Zehnjährige sind das elementarste Voraussetzungen, um sportliche Höchstleistungen zu bringen.


Wissenschaftlich erwiesen: Zu over sein langweilt!

Interessanterweise herrschte bei den zehn Jungs, die bei der INKWF dabei waren, ein Konsens, der mich heute noch überrascht. Denn zwei Faces, die von den Fans in Amerika und überall auf der Welt heiß und innig geliebt wurden, fanden wir alle furchtbar:
Bei Bret Hart war es einfach grausam vorhersehbar, wie der Hitman - von den Kommentatoren als der technisch kompletteste, orgasmusauslösendste, perfekteste Wrestler aller Zeiten gepriesen - jedes verdammte Titelmatch gewann. Oder zumindest jedes, an das ich mich erinnern kann.
Und auch an „Ho Kogan" (O-Ton Ultimate Warrior) ließen wir allesamt kein gutes Haar (viele hatte er ja damals schon nicht mehr) - sein limitiertes Arsenal, das „Hulking up" nach einer ordentlichen Tracht Prügel, all das war furchtbar nervig. Clothesline, Clothesline, Legdrop, Ding-Ding-Ding, Championgürtel, Hulkamania, oléolé.


Alex und Alundra

Aber, wie das bei kleinen Jungs so ist, haben wir natürlich auch geschwärmt. Damals war die Frauen-Division, die damals noch „Women‘s Championship" hieß, nämlich bei weitem kein so erbärmlicher Witz wie das heute der Fall ist. Und Alundra Blayze (Madusa) fanden wir damals alle unfassbar toll und heiß. Ich war sogar zweimal auf einer House Show in Deutschland – einmal in Mannheim, einmal in Karlsruhe – und habe sie wrestlen sehen, damals gegen Bull Nakano.

Leider entschied sich die gute Alundra ja dann zuerst für einen Boob Job und dann für einen Wechsel zur WCW, die damals für uns das ungeliebte Stiefkind war, das wir uns reinzogen, wenn die WWF grade nicht lief. Aus der WCW-Zeit ist mir eigentlich nur Alex Wright so richtig in Erinnerung, dessen Wrestling-Stil sehr spektakulär war und den wir alle schon alleine deshalb mochten, weil er eben Deutscher war.


WCW, nWo und was Kinder davon hielten

Nach der Grundschule verlief sich das dann alles im Sande, und so auch mein Interesse am Wrestling. Meine letzten Erinnerungen sind verschwommen, aber ich weiß, dass ich den Screwjob nicht erlebt habe, sehr wohl aber die Gründung der nWo. Irgendwie fand ich damals das Konzept der nWo aber absolut scheiße und habe es mir nicht mehr angeschaut. Das mag vielleicht aber auch daran liegen, dass mir die Wrestler der WCW trotz hochkarätiger Namen (zumindest kann ich das rückblickend so sagen) irgendwie weder von den Gimmicks her noch vom Stil her zusagten – Ric Flair war ja auch nur so ein abgehalfterter alter Sack wie Ho Kogan, Sting war das WCW-Äquivalent zum „Mist-Man" (ungelogen, so habe ich ihn damals genannt!), und bei Diamond Dallas Page mochte ich den Namen nicht.

Big Van Vader fand ich nicht bedrohlich, sondern nur hässlich und langweilig, und den zum Guardian Angel mutierten Big Bossman fand ich als Face irgendwie tuckig. Gut, er wurde schnell wieder zum Heel, aber das hat’s dann auch nicht mehr rausgerissen. Ach ja, dass Razor Ramon und Diesel plötzlich Scott Hall und Kevin Nash hießen, wollte auch nicht so wirklich in meinen Kinderschädel, deswegen fand ich die dann auch doof.

Ganz zu schweigen davon, dass ich die WCW-PPVs irgendwie nicht so cool fand wie die der WWF – es gab keinen „King of the Ring", und damit weder einen King of Hearts noch einen Macho King, es gab kein „Royal Rumble", und der WCW-Title-Belt sah auch noch scheiße aus. Parallel kam in der WWF die Zeit von Jeff Jarett, Mankind (ich kenne ihn nur als Psycho) und Goldust, und auch mit denen konnte ich so wenig anfangen wie mit ihren WCW-Pendants.

Vielleicht habe ich auch einfach die schlechtesten Matches gesehen, die damals auf der Card waren – jedenfalls habe ich danach aufgehört, bekam das Ende der WCW so wenig mit wie die Attitude Era. Und das, das ist schon verdammt schade.


Und heute?

So sitze ich heute hier, schwelge in Erinnerungen an eine Zeit, in der die Faces noch coole Gimmicks hatten (kann ich heute weder von John Cena noch von CM Punk behaupten), es interessantere Heels gab als Mark Henry (Shawn Michaels, Diesel, Yokozuna) und als Frauenwrestling mehr war als Bra-and-Panties-Matches. Und natürlich träume ich von einer Rückkehr von Karl-Heinz, der „German Mean Machine".
Aufrufe: 3229 | Kommentare: 16 | Bewertungen: 7 | Erstellt:03.11.2011
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KOMMENTARE
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Tagon
03.11.2011 | 15:52 Uhr
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Tagon : muffa
03.11.2011 | 15:52 Uhr
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Tagon : muffa
Das! ist ein Riesenkompliment! Vielen Dank dafür. Vielleicht weckt das ja ein kleines bisschen Interesse am Wrestling bei Dir. ;)
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muffa05
03.11.2011 | 15:49 Uhr
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muffa05 : 
03.11.2011 | 15:49 Uhr
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muffa05 : 
Ich habe zwar so gut wie nichts verstanden, weil ich mit Wrestling nichts am Hut habe und wollte nur mal eben reinschauen, aber dein Stil ist einfach so gut, dass ichs doch zum Ende gelesen habe. Hat mir gefallen, obwohl ich nur ein paar der Namen schon mal gehört hatte.
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Tagon
03.11.2011 | 15:39 Uhr
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Tagon : 
03.11.2011 | 15:39 Uhr
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Tagon : 
Erstmal danke für's Feedback! :)

Streicher: Ich finde Henry ja auch richtig stark, und es besteht kein Zweifel, dass er ein überragender Heel ist - aber ich fand halt die genannten drei glaubwürdiger. Kann aber auch am Alter gelegen haben. ;)

Ich fand die nWo wegen der Wrestler doof, nicht wegen der Story per se. Jetzt im Nachhinein find' ich die auch geil, aber he: ich war zwölf, als die nWo anfing.^^

Und ich schrieb zu CM schonmal: Mir wird der von den Smarks zu sehr gehypt.^^ Zu over sein nervt mich generell immer.
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RaVeNV1
03.11.2011 | 15:35 Uhr
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RaVeNV1 : 
03.11.2011 | 15:35 Uhr
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RaVeNV1 : 
"Clothesline, Clothesline, Legdrop, Ding-Ding-Ding, Championgürtel, Hulkamania, oléolé. "

Da musste ich echt gut lachen
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03.11.2011 | 15:12 Uhr
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03.11.2011 | 15:12 Uhr
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Streicher : 
Großartig...wie immer Tagon! Und wie Zyrock schon sagte, man findet sich sofort wieder. Ich habe damals sogar Razors Edge an meinem Kumpel ausprobiert...er hat es ohne Verletzungen überlebt, obwohl es auf den "knallharten" Rasen in unserem Garten ging!

Nur eins kann ich nicht mit dir teilen: die nWo doof finden geht mal gar nicht - zumindest nicht in ihrer Anfangsphase!

Die Attitude-Ära habe auch ich leider weitestgehend verpasst...regt mich bis heute auf!

Ach ja, das mit CM Punk habe ich überhört...und gegen Henry will ich hier auch nicht angestunken wissen!
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Zyrock
03.11.2011 | 15:02 Uhr
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Zyrock : 
03.11.2011 | 15:02 Uhr
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Zyrock : 
Nicht nur schön geschrieben, wie bei dir eigentlich immer, Tagon, sondern vor allem eine interessante Geschichte, die wohl jeder so, oder so ähnlich, erlebt hat. Gerade die Leute, die in ihrer Kinderzeit die glorreichen 90er mitbekommen haben, die von Anfang bis Ende dem heutigen WWE-Geschehen um Längen voraus sind. Ich gucke trotzdem wieder, denn irgendwie ist Wrestling einfach cool. Und wie früher schon habe ich ein Herz für die Ligen abseits der WWE.
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