Irgendwie ist die AFC East langweilig. In keiner anderen Division der NFL zeigt sich am Ende der RS das Tabellenbild so wiederkehrend wie im Osten der USA. Seit 2003 (bis auf 2008, wo Brady mit Kreuzbandriss ausfiel) gewann das Team aus New England jedes Jahr ihre Division. Kein anderes Team kann in dieser Zeitspanne eine ähnliche Konstanz aufweisen. Irgendwie erinnert die Organisation ein wenig an die San Antonio Spurs aus der NBA: Der vermeintlich beste Trainer der Liga, der einen - sagen wir - speziellen Umgang mit den Medien hat, kontinuierliche Postseason-Teilnahmen seit gefühlt 15 Jahren, einen Star im Team, der mit dem Trainer gemeinsam für den Erfolg steht, der aber seit 2 Jahren das Team nicht mehr alleine tragen kann. Ja, die Ähnlichkeiten sind frappierend. Aber die Spurs sind gerade wieder Champion geworden: ein gutes Vorzeichen für die Patriots?

Offense:

Tom Brady, Stand jetzt einer der 3 besten QBs aller Zeiten, hat in den letzten 2 Jahren merklich nachgelassen. Nicht nur dass er nicht mehr absolute Monster-Offensiven wie 2007 anführen kann, nein, er schafft es auch nicht mehr, ein WR-Corps aus eher mittelmäßigen NoNames besser, geschweige denn zu Stars zu machen (wie damals mit Wes Welker). Deshalb gehört Brady nicht mehr zu den besten 3 QBs der Liga (Rodgers, Rivers, Brees).

Nachdem Brady 2011 noch 7,9 NY/A warf (#2 der Liga) bei einer Completion Percentage (Com%) von 66%, sanken seine Werte kontinuierlich in den letzten 2 Jahren. 2012 waren es nur noch 7,0 NY/ A (#5) & 63 % Completion. Selbst da konnte er sich aber noch auf gutes Mitspieler-Material in Wes Welker, Rob Gronkowski und Aaron Hernandez verlassen. Zur vergangenen Saison kam dann ein großer Schnitt, der so nicht unbedingt gewollt war. Gronk musste sich mehrfach an Arm und Rücken operieren lassen und fiel nach einem Kreuzbandriss für die Postseason erneut aus. Multifunktionswaffe Hernandez knallte in der Offseason ein paar Leute ab und sitzt seit dem im Knast. Ohne die beiden wichtigsten Skill-Player hoffte man, dass Brady das macht, was er all die Jahre davor auch tat: mit ein paar Third Stringern und Rookies trotzdem wieder 7 NY/A auf die Beine zu stellen. Das konnte Brady aber nicht. Neueinkauf Danny Amendola war ebenso wie Shane Vereen viel verletzt, die Rookies Thompkins und Dobson waren eben, wie typisch für Neulinge, einfach noch zu grün und unkonstant. Die Folge waren ligaunterdurchschnittliche 6,1 NY/A bei einer schwachen Com% von nur 60,5 %.

Es gibt nicht unbedingt Grund zur Annahme, dass es heuer besser werden wird. Die Hoffnung muss darauf beruhen, dass Vereen und Amendola fit bleiben und Irrwisch Julian Edelman weiter den Slot in Welker-Manier beackert. Zweitens sind die Rookies ein Jahr erfahrener und kennen die Playbooks und die offensiven Schemata von BB/Brady nun besser. Zudem hat Tom Terrific in TE Tim Wright, von dem OC Josh McDaniels bereits in höchsten Tönen schwärmt und in WR Brandon LaFell neue Spielzeuge, die ebenfalls ein wenig Hoffnung machen. Im Optimalfall wird man wieder eine Armada an Kurzpassgewichse (copyright by korsakoff) aufziehen, die v.a. im Hochgeschwindigkeitsmodus für viel Offense sorgen wird.

Dennoch sollte man bedenken, dass die Spieler der Pats keinen richtigen No.1 WR darstellen. Selbst Edelman wäre in so manchem Team keine sichere Nr.2. Zu wem soll also in kritischen Phasen der Ball geworfen werden?

Darüber hinaus fehlt dem Gronk nicht nur massiv Spielpraxis, sondern garantiert auch einiges an Fitness. Er hat quasi die letzten 2 Jahre mehr Zeit in der Reha als auf dem Spielfeld verbracht. Dem Team mangelt es nicht nur dadurch an Red-Zone-Gefahr.

Drittens wurde die sowieso schon wackelige O-Line in der Offseason erneut geschwächt. Line-Coach-Legende Scarnecchia trat zurück und ProBowl-Guard Logan Mankins wurde aus Cap Gründen (10 Mio Cap Hit) für einen Pick und TE Wright nach Tampa Bay getradet. Die suspekte O-Line ist bis auf die beiden starken, wenn auch verletzungsfälligen Tackles Sebastian Vollmer und Nate Solder die Sollbruchstelle in der Pass Protection. V.a. durch die Mitte kann es für Brady wieder Sacks regnen, da Ryan Wendell, Dan Connolly und Marcus Cannon schon letztes Jahr die Schwachpunkte waren.

Das überdurchschnittlich gute Laufspiel wird wahrscheinlich ähnlich gut bleiben wie im vergangenen Jahr. Die Kombination aus Brandon Bolden, Stevan Ridley und Vereen schreit zwar nicht nach Superstar, ist aber mehr als solide. Im Rushing Game hatten Belichick und McDaniels so viele neue und kreative Ideen, dass man sich hier wenig Sorgen machen muss. Außerdem hat man mit dem TE-Trio um Wright, Rob und Michael Hoomanawanui wohl die besten Blocking-TEs der Liga.

Fazit Offensive: Insgesamt erwarte ich zwar eine leicht verbesserte Offensive, aber mehr als 6,7 NY/A sollten nicht zustande kommen. Ich hoffe, dass Brady zumindest mal wieder die so grandiose pocket awareness zeigt, wobei er früher wahrscheinlich der beste aller Zeiten war.

3/5 Punkte

Defense:

Trotz massiver Verletzungsausfälle (Brandon Spikes, Jerod Mayo, Vince Wilfork, Tommy Kelly etc.) war die Defensive der Patriots im vergangenen Jahr besser als viele vorher vermuteten. Die beiden Teile der Mannschaft drehen sich allmählich wieder um. Zu den Zeiten der SB-Siege waren die Pats absolute Defensiv-Monster mit okayer Offensive. Belly galt sowieso immer als Verfechter starker Defensivreihen. Dann wandelte sich das Bild mit Juggernaut-Offensiven und suspekten Defensivreihen (2010-2012). Im letzten Jahr allerdings war man trotz des eher schwächer werdenden Angriffs im AFC-Championship-Game, woran nicht zuletzt die Verteidigung großen Anteil hatte. Gegnerische QBs warfen gegen New England nur 6,0 NY/A, der beste Wert seit 2007.

Zwar verlor man seinen No.1 Cornerback Talib an den großen Rivalen in Denver, aber das ist aus mehreren Gründen nicht schlimm: a) Talib war sehr oft verletzt, b) es ist nicht der Stil von BB, einem solchen Spieler einen solch massiven Vertrag anzubieten, wie den, den Talib von Denver bekam. C) Die Pats bekamen den besten Ersatz, den man erhalten kann. Der jahrelang mit deutlichem Abstand beste CB der Liga (und auch all-time einer der größten), Darrelle Revis, unterschrieb beim Team seines größten Fans Belichick. Dies stellt eine massive Aufwertung der Verteidigung dar. Mit Revis addiert man nicht nur einen fantastischen Corner, Revis ist so gut, dass du deine ganzen Defensivschemen modifizieren kannst. Man stellt Revis Island einfach gegen den besten WR des Gegners und lässt das andere Backfield den Rest ausschalten. BB wird schematisch nicht die selben Fehler machen wie Greg Schiano in Tampa.

Damit war Belly aber noch nicht am Ende. Er schnappte sich noch ein Mitglied der Legion of Boom, Brandon Browner (die ersten 4 Spiele gesperrt), was sich direkt nach dem besten CB-Duo der Liga anhört. Zusätzlich befinden sich weiterhin die talentieren CBs Alfonzo Dennard, Kyle Arrington und Logan Ryan im Roster, wobei v.a. Arrington als Slot-Corner eine gute letzte Saison gespielt hat. Einer der drei wird vermutlich oft auch auf der Safety Position spielen, da die freie Stelle dort noch vakant ist. Der klare Nummer-1-Safety ist Devin McCourty, vielen Experten zufolge der beste auf dieser Position nach Earl Thomas.

Insgesamt klingt das nach den Jungs aus Seattle nach der zweitbesten Secondary der Liga. Absolute Weltklasse in der Spitze und auch in der Breite ist man gut aufgestellt.

Probleme bereitet eher die D-Line. In den Playoffs wurde offensichtlich, dass man nicht mal die Ravens im Laufspiel hätte aufhalten können. Nach den diversen Ausfällen war das zwar nur schwer zu vermeiden, aber viel wurde für die Probleme auch nicht getan. DT Vince Wilfork riss sich die Achillessehne. Bei einem jungen und leichten Hüpfer ist diese Verletzung schnell ausgeheilt, aber Wilfork ist alt und wiegt fast eine Tonne. In meinen Augen ist nicht davon auszugehen, dass der Junge schnell wieder seine Form der vergangenen Tage erreicht. Für die andere DT-Position hat man Chris Jones, Sealver Siliga und Joe Vellano. Mit dem Erstrundenpick berief man Dominic Easley ein, einen sehr begabten Lineman, der vom Talent eigentlich früher hätte gedraftet werden müssen. Leider kuriert dieser zur Zeit noch einen Kreuzbandriss aus, weswegen Fragezeichen bezüglich seiner Fitness bestehen. Die Interior Line ist tief, aber qualitativ nicht besonders hochwertig besetzt. An den Flanken der Line werden voraussichtlich die beiden Ends Chandler Jones (sehr talentiert, aber angeblich bisschen trainingsfaul und Probleme mit der Einstellung) und Trainer-Liebling Rob Ninkovich (nicht so talentiert, aber wahnsinniger Arbeiter) starten. BackUp ist Michael Buchanan.

Wenn man diese Namen so liest, vermutet man bereits richtig, dass ebenfalls der Pass Rush eine der Schwächen ist. Hier muss sich Belichick einiges einfallen lassen, um den Druck auf den QB wieder etwas zu erhöhen. Eine Idee ist es, permanent die Schemen zu ändern. Die Pats sehen auf dem Papier wie ein 4-3-Team aus, aber es wird garantiert oft genug 3-4 und sogar 5-2 gespielt. Bei letzterem würde man mit quasi 3 DTs spielen und dafür einen LB opfern. Außerdem ist das Material flexibel genug, um auch in der Nickel-Defense aufzulaufen.

Das Linebacker-Corps ist quantitativ eher dünn besetzt, aber dafür in der Spitze exzellent aufgestellt. Über Jerod Mayo muss kein Wort mehr verloren werden, Dont´a Hightower ist ein guter LB. Die meiste Aufregung bei Pats-Fans versprüht Jamie Collins, dieser ultra athletische und extrem schnelle Mississippi-Alumni. Wenn dieser nur annähernd das in ihm schlummernde Potential entfachen kann, ist hier ein Superstar in the making, der sogar in der Pass Protection eine echte Waffe werden könnte.

Fazit Defensive: Die Secondary ist elitär, die Linebacker exzellent. Probleme gibt es beim Pass Rush, der Run-Verteidigung und insgesamt in der D-Line. Man sollte aber hinsichtlich Verletzungen ein wenig Regression erwarten, sodass die Defensive dieses Jahr das Prunkstück in New England sein sollte.

4,5/5 Punkte

Coaching:

Bill Belichick ist der beste Coach der Liga und vielleicht sogar der beste aller Zeiten. Er definiert sein Team immer wieder neu und schafft es, immer besser zu spielen als man es erwarten dürfte. Er ist Mastermind und in so vielen Bereichen war er der Liga immer einen Schritt voraus. Er machte zwar in den letzten Jahren einige Fehler im Playcalling, die evtl. sogar weitere Erfolge gekostet haben, aber kein Coach in der Liga vereint mehr gute Eigenschaften und Fähigkeiten. Seine überragende Konstanz und seine Playoff-Errungenschaften (hey, man schaffte es erneut ins AFC-Championship-Game!) sprechen für sich.

Gregg Popovich bei den Spurs hatte in den Jahren 2011, 12 und 13 auch einige Coaching-Fehler begonnen und daraus gelernt, was zum Titel 2014 geführt hat. Vielleicht gelingt das dem Popovich der NFL ja auch?

Prognose:

Der Schedule ist einfacher als der der Broncos (die spielen gegen die hammerharte NFC West). Zusätzlich spielt man beim direkten Aufeinandertreffen zuhause in Foxboro. Vieles spricht dafür, dass die Pats als Nummer 1 der AFC in die Postseason gehen können, was für ein mögliches Championship-Game essentiell wichtig wäre. Die Pats gelten überall als einer der Top Favoriten auf den Super Bowl-Sieg. Ich bin da noch skeptisch, weil ich bei Brady einfach mittlerweile starke Zweifel habe. Aber nichtsdestotrotz prognostiziere ich den Sieg in der AFC East und eine Bye Week in Woche 1 der Playoffs.