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Gründer: Master_Of_Disaster | Mitglieder: 818 | Beiträge: 210
26.03.2010 um 07:35 Uhr
Geschrieben von maschemist
Die Kunst einen QB zu draften
Aus gegebenem Anlass (der Draft am 22. bis 24. April) werde ich mal einen Blick auf ein Thema werfen, dass während dieser Tage von besonderer Bedeutung sein wird: Die Kunst einen Quarterback zu draften.

Es ist natürlich für jede Mannschaft wichtig einen guten QB zu finden. Mit ihm steht und fällt die Leistung des gesamten Teams. Nicht umsonst standen in den Playoffs (abgesehen von den Jets) nur Teams deren QBs im Rating in der oberen Hälfte der Liga lagen (8 von den 12 waren in der Top 10).

Vor der Kunst kommt jetzt aber erstmal etwas Statistik. Ich habe mal nachgeguckt, an welcher Stelle die aktuellen Starting-QBs (bzw. #1 in der Depth Chart) gedrafted wurden.
Dabei ergab sich folgendes Bild:

Rd 1: 18
Rd 2: 3
Rd 3: 2
Rd 4: 2
Rd 5: 0
Rd 6: 3
Rd 7: 1
Undrafted: 3

Über die Hälfte (56 %) der Starter wurde also in der ersten Runde gedrafted. Das heißt also: Je besser der College-Spieler, desto besser der NFL-Spieler. Allerdings wurden im Zeitraum seit 1998 insgesamt 33 QBs in der ersten Runde gedrafted. Und nur diese 18 haben sich zumindest aktuell als Starter etabliert. Die anderen 45 % sind in den grauen Niederungen des Backup Daseins verschwunden oder haben ihre Karriere mittlerweile beendet.

Warum also ist es so schwer einen guten QB auszumachen? Schließlich haben die besten College-Spieler auch das größte Talent und sollten wenigstens mittelfristig mit ihren erfahreneren Konkurrenten mithalten können. Aber aus verschiedenen Gründen klappt das nicht immer. Auf diese Gründe möchte ich nun ein wenig eingehen.

Gerade bei den Top-Nachwüchslern besteht eine besondere Problematik. Aufgrund ihres Talentes sind sie der Star ihrer Highschool und führen ihre Mannschaft von Sieg zu Sieg. Danach kommen sie an ein großes College, haben dort gute Mitspieler und feiern einen Sieg nach dem anderen. Dann kommen sie in die NFL. Häufig werden sie gleich zu Beginn gedrafted, was bedeutet, dass sie erstmal für ein eher schlechtes Team spielen müssen. Dadurch verlieren sie nicht nur häufiger als sie es gewohnt sind, sondern ihre Mitspieler sind auch (im Verhältnis zu den Gegnern) nicht so gut. Daraus resultieren (mit der Unerfahrenheit der QBs) viele Hurries, Hits und natürlich Sacks. Das ist auf Dauer nicht nur deprimierend sondern belastet die jungen Spieler physisch mehr als sie es gewohnt sind. Sie beginnen kleine Weh-Wehchen zu haben (eine Prellung hier, eine Stauchung da), die ihre Leistung und Spielweise beeinflussen. Darüber hinaus werden sie von den Medien, Fans und Coaches kritisiert wie nie zuvor.
Als wäre das noch nicht genug müssen sie ein Playbook beherrschen, das ungefähr 10-mal so komplex und kompliziert ist, wie das, mit dem sie am College gearbeitet haben. Außerdem ist das Spiel insgesamt schneller, dyamischer und körperbetonter als am College und die gegnerischen Defenses sind vielseitiger und extrem schwierig zu lesen.
Mit alledem haben natürlich alle Rookies zu kämpfen, auf den QBs lastet aber ein besonderer Druck, da alle von ihnen erwarten, die Franchise wieder nach oben zu führen. Stichwort: Messias.

An diesem ganzen Druck zerbrechen einige, andere haben wiederum ein ganz anderes Problem: Faulheit. Wie schon angesprochen haben die talentiertesten QBs in der Highschool und am College fast schon automatisch Erfolg. Sie müssen sich nur auf ihr Talent verlassen. In der NFL ist aber auf einmal harte Arbeit angesagt. Das Talent haben hier alle, es kommt jetzt viel mehr auf Feinheiten an.

Was braucht also ein erfolgreicher NFL-QB? Also außer einer Tonne voll Talent. DER QB eines Teams ist wie ein starker General. Seine Männer vertrauen und folgen ihm blind. Dieses Vertrauen muss aber erstmal verdient werden. Am Morgen ist er der erste, der auf dem Vereinsgelände auftaucht, um Videos zu studieren, am Abend ist er der, der am längsten mit den Coaches Strategien bespricht. Er denkt, träumt, lebt, atmet und schwitzt nur Football. Außerdem ist er immer für seine Mannschaft da, denn ohne seine Mitspieler ist er nichts. Siehe MoDs Passion-Blog. Er gibt regelmäßig einen aus, schmeißt Team-Parties und hilft wo er nur kann. Darüber hinaus ist er der größte, schnellste, stärkste, agilste, härteste, intelligenteste, bestaussehendste, stylischste und am angenehmsten riechende Spieler im Kader. Und wenn es sein muss hat er auch den Längsten. Schließlich verdient er auch am meisten.

Das müssen also die Scouts, Coaches und General Manager in einem QB finden. Sollte doch gar nicht so schwer sein, oder? Naja, ihr seht's selber oder? Außerdem darf er sich nicht schwer verletzen oder sonst in irgendeine Krise persönlicher oder beruflicher Natur stürzen. Dann hat man vielleicht seinen Franchise-QB gefunden.

Doch trotzdem gibt es nach dem ganzen Video Gucken, Gespräche führen, Auswerten, Analysieren, Beurteilen, Besprechen und noch mal alles durchgehen, einige Kandidaten, die durch den Rost fallen. Aktuelle Beispiele sind Tom Brady (Rd 6), Kurt Warner oder Tony Romo (beide undrafted), und auch in der Hall of Fame gibt es ein paar dieser "Durchfaller": Roger Staubach, Johnny Unitas (beide Rd 9) und Warren Moon (undrafted) sind wohl die bekanntesten unter ihnen.

Waren die Scouts eigentlich blind, als diese Spieler ihr Können auf dem College-Level gezeigt haben? Bei den HoF-Jungs lag der Fall etwas anders als bei den jüngeren Kandidaten. Staubach wollte kaum einer haben, da er sich nach dem College erstmal der NAVY verschrieben hatte, Unitas Fall ist hier nachzulesen und Warren Moon ist schwarz und zu seiner Zeit gab es keine schwarzen QBs.

Heutzutage ist die Hautfarbe kein Problem mehr und es ist auch kaum noch zu erwarten, dass ein Prospect auf die NFL-Millionen verzichtet, um in einem Krieg zu kämpfen (ich weiß, dass Pat Tillman genau das getan hat, aber damals war das noch mehr Gang und Gäbe). Wenn jetzt das Talent eines QBs verkannt wird, gibt es dafür hauptsächlich vier Gründe:
1. Der QB spielt an einem kleinen College. Daher sind seine Receiver und seine O-Line eher nicht so gut und er hat Schwierigkeiten seine Fähigkeiten zu präsentieren.
2. Der QB spielt in einem Team mit einem dominanten Running Game. Dann geht der Head Coach lieber auf Nummer sicher und lässt nur selten lange Pässe werfen, um Turnover zu vermeiden.
3. Der QB zieht sich am Ende seiner College-Karriere eine schwere Verletzung zu. Gerade wenn es unklar ist, wie die Verletzung seine Leistungsfähigkeit langfristig beeinflussen wird, schrecken viele Teams zurück und nehmen lieber jemand anderes.
4. Der QB spielt in einer Mannschaft mit einem noch genialeren QB. Wer weiß, ob Peyton Mannings Backup am College ein vernünftiger NFL-QB geworden wäre. Wir werden es wohl nie wissen.

Ich hoffe damit ist jedem klar geworden, dass das Draften eines QBs eine wahre Kunst ist.
Aufrufe: 2985 | Kommentare: 19 | Bewertungen: 13 | Erstellt:26.03.2010
ø 8.4
nfl  |
KOMMENTARE
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klit
28.03.2010 | 23:16 Uhr
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klit : 
28.03.2010 | 23:16 Uhr
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klit : 
Trotzdem wird immer der Spieler mit dem größten Upside zuerst gezogen werden, ich kann nunmal nicht nach der Mentalität gehen, sonst würde ja Tebow auch ein 1st Rounder sein.

Uudem kann sich Führungsstärke und Einstellung auch entwickeln, somit gehts beim draften einfach nebensächlich darum. Das bei einem StarQB natrülich alles zusammenspielen muss ist klar.
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Master_Of_Disaster
28.03.2010 | 19:45 Uhr
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28.03.2010 | 19:45 Uhr
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Der GZ hat absolut Recht - die eigentlich wichtigste Frage, kann man vor dem Draft nicht klären. Eben die Mentalität, die ein Mann an den Tag legt.
Die Lions wussten das auch nicht bei Stafford - haben dann einen guten Fang gemacht, wenn ich mich allein an das Spiel gegen die Browns erinnere. Er wollte dieses Spiel gewinnen - koste es was es wolle.

Bei anderen wiederum ist das nicht so der Fall gewesen - Russel z.B...
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maschemist
28.03.2010 | 11:07 Uhr
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maschemist : 
28.03.2010 | 11:07 Uhr
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maschemist : 
@gartenzwerg:
Du verstehst mich!

Es ist natürlich klar, dass ein QB, der keine 5 Meter weit werfen kann, kein Superstar in der NFL werden kann. Mit dem Blog wollte ich eher die Fragen klären, warum zum einen einige QBs trotz ihrer Voraussetzungen (Größe, Wurfarm, usw.) in der NFL nicht klar kommen und zum anderen warum das eine oder andere Talent von den Scouts unterschätzt wird.
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gartenzwerg
28.03.2010 | 10:45 Uhr
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28.03.2010 | 10:45 Uhr
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Ich bleibe mal bei meiner Meinung.
Am schwersten zu scouten sind die Fragen:
Wie arbeitswillig ist der QB (Playbook)?
Ist er ein Leader?
Wie steckt er Wehwehchen weg?
Wie geht er mit medialem Druck um?

Das ein QB zur Philosophie eines Teams passen (oder laufen) muss,
steht außer Frage.
Auch die körperlichen und technischen Fähigkeiten müssen vorhanden sein.

Aber durch mentale Stärke kann ein QB einen Nachteil (da ist das Beispiel
mit der Körpergröße von Brees sehr gut) ausgleichen.
Die besten Vorraussetzungen nützen jedoch wenig, wenn der Spieler
mit dem Druck nicht klar kommt.
In wie weit die mentale Stärke schon im College zu beurteilen ist, ist wohl
der Faktor, der das Scouting und die Draft so kompliziert macht.
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klit
28.03.2010 | 09:31 Uhr
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klit : 
28.03.2010 | 09:31 Uhr
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klit : 
Seh ich nicht so. Wurfstärke und Größe sind sicher offensichtlich aber zB Brees ist ja auch verdammt klein für nen QB und trotzdem einer der Besten. Da muss man eben abwegen wie sich das umsetzen lässt.

Das mit der Spielinteligenz, Übersicht und Release usw. wird sicher bei der Combine getestet, trotzdem kann man sich nie sicher sein.

Das die mentale Komponente auch eine Rolle spielt will ich gar nicht abstreiten, nur kann ich bei der Draft selbst ja nicht abschätzen einen Manning zu bekommen.
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gartenzwerg
28.03.2010 | 08:49 Uhr
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28.03.2010 | 08:49 Uhr
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Bin da anderer Meinung @klit.
Größe, Spielinteligenz, Wurfstärke etc sind Komponenten die leicht
zu scouten sind, der mentale Faktor ist dagegen schwer greifbar und
die Einschätzung eines Spielers und ganz speziel des Quarterbacks
in diesem Bereich ist oft der Schlüssel zum Erfolg.
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klit
28.03.2010 | 00:10 Uhr
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klit : 
28.03.2010 | 00:10 Uhr
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klit : 
Finde du bist etwas zu sehr auf die mentale Komponente eingegangen und wenig auf die wirklich entscheidenden Sachen wie Release, Größe, Spielinteligenz, Wurfstärke, in was für ner Offense hat er gespielt, Verletzungsakte, usw. usf.

Bradford ist zB von seinen körperlichen Komponenten sicher der aussichtsreichste QB des diesjährigen Drafts, aber er hat eben nie mit nem Center und mit Rücken zum Feld gespielt und hatte eine überragende OL die ihn immer ewig Zeit verschafft hat. Zudem musste er kaum Schemen lesen. Wie er damit zurecht kommt wird man sehen, was ihn dann zu sowas wie einem Projekt macht, aber sicherlich mit dem größten Upside.

Clausen hingegen hat schon in einer Pro-Style Offense gezeigt was er kann, allerings hat er wohl weniger Upside, auch wenns schwer ist einzuschätzen.

Was will ich damit sagen? Das draften hat schon System, auch wenn natürlich auch Glück bei der Entwicklung eine Rolle spielt.
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maschemist
27.03.2010 | 22:58 Uhr
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maschemist : 
27.03.2010 | 22:58 Uhr
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maschemist : 
Ursprünglich hatte ich auch einen kurzen Absatz über Russell und seine (mangelnde) Arbeitseinstellung drin. Als Beispiel für den Faulheitsfaktor bei nicht so erfolgreichen QBs. Musste ich dann aber rausschmeißen wegen der Länge...
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Red_7
27.03.2010 | 15:06 Uhr
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Red_7 : 
27.03.2010 | 15:06 Uhr
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Red_7 : 
Bei Russel kommt hinzu das es auch noch Al Davis war der ihn gezogen hat...
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NuggetRabbit
27.03.2010 | 13:48 Uhr
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27.03.2010 | 13:48 Uhr
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schönes ding, hat spaß gemacht zu lesen 10 Points
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