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Blogpokal 2014/2015


Gründer: RoterBulle92 | Mitglieder: 25 | Beiträge: 5
Von: Dawizzle
01.12.2014 | 5569 Aufrufe | 33 Kommentare | 11 Bewertungen Ø 7.1
Keiner kennt Micha Fuchs
Der Millionär und die Schubkarre
"Vor Dummheit kann man die Menschen nur eingeschränkt bewahren." - Günther Oettinger über diesen Blog.

Um Beschwerden des 1. FC Köln, Red Bull, Paris Saint Germain, Horst Heldt und Red Bull Leipzig vorzubeugen, wurden im folgenden Text einige Namen ausgetauscht.

Was bisher geschah:


<em>Der talentierte Deutsch-Spanier Robin Retiro wird seit Monaten mit einem Abgang von seinem Verein 1. FC Anti-Kommerz in Verbindung gebracht. Zwar wurde ein Wechsel bisher vehement vom Manager des Klubs, Phillip Pfeife, und dem Agenten des Spielers, Gustav Geldgeil, dementiert, jedoch hat sich die Situation in den letzten Wochen dramatisch zugespitzt. Nachdem die Merchandise-Einnahmen der Trikots von Robin Retiro in den Keller gerutscht sind, hat sich der 1. FC Anti-Kommerz intern dazu entschlossen, den viel zu teuren Spieler los zu werden. Gleichzeitig ist Retiro durch das Auftreten in einer Werbekampagne des Getränkeherstellers Green Cow auch bei den Fans in Ungnade gefallen. </em>
Als eine überaus renommierte Werbeseite, die dafür bekannt ist zwischen ihren Anzeigen zum Teil Sportnachrichten zu veröffentlichen, das Gerücht lanciert hat, dass Robin Retiro in der nächsten Transferperiode für 25 Millionen zum SV Katar entschließt sich Marius Marx schließlich zu einem folgenschweren Schritt. In seiner mit sämtlichen Fanartikeln ausgestatteten Wohnung ruft der Edelfan des 1. FC Anti-Kommerz wutentbrannt aus: "Für 25 Millionen würde ich den ja auch mit der Schubkarre nach Frankreich schieben."

Der kalte Wind bläst mir um die Nase. Ich vergrabe meine Hände tief in den Taschen meiner Jacke. Ich starre ins Leere.
Warum eigentlich immer ich? Ich starre auf den Parkplatz vor mir. Ein erneuter Windstoß lässt mich erzittern. Ich ziehe meine Kapuze noch tiefer in mein Gesicht. Hier stehe ich nun. Ich stehe hier neben einem verrosteten alten Schubkarren und warte darauf, dass der Millionär, den ich die letzten Tage durch das Land geschoben hatte, von der Toilette der Raststätte zurückkommt. Wo bleibt der?Warum musste ich noch einmal in der Kälte bleiben?

"Einer muss ja auf den Karren aufpassen", hat Retiro gesagt und ist verschmitzt grinsend in die warme Raststätte gelaufen. Jetzt ist der aber auch schon ne halbe Stunde weg. Ich verfluche diesen Karren. Nichts als Ärger hat der mir eingebrockt. Das Beste wäre vermutlich, wenn ich ihn einfach hier stehen ließe. Und wegliefe. Soweit es geht. Ganz weit weg. Ganz weit weg. ...

Maaaann, ist es kalt. Wo bleibt dieser Scheißkerl?

Doch genau in dem Moment, als ich dachte er würde nie mehr kommen, tritt dieser Scheißkerl auf einmal ganz entspannt aus der Tür der Raststätte und kommt auf mich zu.
Endlich wurde aber auch Zeit.


Doch Retiro bleibt schon wieder stehen. Breit lachend macht er noch ungefähr tausend Fotos mit irgendeiner Familie. Lächeln. Ich verziehe meine Gesichtszüge zu dem besten sarkastischen Grinsen, zu dem ich in meinem Zustand im Stande bin. Retiro lässt sich derweil alle Zeit der Welt, während ich wie bestellt und nicht abgeholt neben einem verrosteten Schubkarren stehe.
Die Todesblicke, die ich ihm aus meinen Augen entgegen schieße, scheinen ihre Wirkung zu verfehlen.
Tatsächlich scheinen sie ihn nur zu lähmen und noch langsamer zu machen. Dabei dachte ich, dass er gar nicht langsamer laufen kann als in der 85. Minute gegen Green Cow Kommertia. Verdammte Scheiße. Die drei Punkte hätten wir holen müssen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit steht Robin Retiro endlich vor mir.

"Alter!", schreie ich ihm entgegen, viel zu laut für die Distanz und viel zu laut um noch ernstgenommen zu werden, "was hast du dadrin bitte gemacht?"


Doch Retiro reagiert ganz ruhig. Scheint es gewohnt zu sein von irgendwelchen Leuten einfach angebrüllt zu werden.


Trocken sagt er: "Ich war auf der Toilette ..."


- "Eine dreiviertel Stunde lang!?"


"Nein, nein. Ich war auf der Toilette und danach musste ich noch schnell was tweeten."


- "Wa... Wa... Was!?", sage ich. "Da... Da... Das ist doch jetzt nicht dein Ernst."


"Also, kanns weitergehen?", ignoriert er mich, klatscht in die Hände und schaut auf die Schubkarre.


Ich rühre mich nicht von der Stelle.


- "Ich ... Ich ..."


"Haben Sie ne Sprachstörung oder was ist mit Ihnen los?"


- "Ich ... Ich ... kann es einfach nicht fassen, dass du mich hier draußen halb erfrieren lässt während du drinnen entspannt noch twitterst oder was weiß ich."


Ich schüttel mit dem Kopf. Dann sage ich:
- "Was hast du denn überhaupt geschrieben?"
Warum frage ich eigentlich so eine Kacke?


"Wollen Sie das wirklich wissen? Schauen Sie doch selber nach.", meint der Millionär.


- "Ich folge dir nicht", entgegne ich trotzig.


"Ehrlich, jetzt? Herr Marx, da enttäuschen Sie mich aber. Ich hatte fest mit Ihnen gerechnet.", sagt Retiro.

Ich verenge meine Augen zu schlitzen und versuche so herauszufinden, ob diese Äußerung wohl ironisch gemeint war. Besonders erfolgreich bin ich dabei nicht, ich tendiere aber zu "ja".


- "Hahaaa", reagiere ich gewohnt schlagfertig, "sag doch mal was du gepostet hast? Ich denke, dass es mir zusteht, das jetzt zu erfahren."

Irgendwie will ich es jetzt wirklich wissen.


"Naja, einen ganz normalen Post halt: 'Auf zum Training #hardworkpaysoff #faith #believe.'"


- "Ist deinen Followern klar, dass du tatsächlich nicht zum Training fährst, sondern dich gleich wieder in einen Schubkarren setzt, um nach Frankreich zu deinem neuen Verein gebracht zu werden?", frage ich erstaunt, obwohl ich die Antwort natürlich kenne.


Retiro geht auf meine Frage nicht ein.

"Können wir jetzt endlich los oder wird das hier ein Verhör?", sagt er sichtlich genervt.


- "Jaja, klar, kann los gehen." Doch ich zögere noch.

- "Bist du dir sicher? Bist du dir sicher, dass du dich da wieder rein setzen willst?", frage ich und deute auf den nicht besonders einladend aussehenden Karren.

"Ich hatte eben zwischendurch Angst, dass du dich wund liegst und mal gewendet werden musst.", grinse ich weiter.


Auch Retiro muss schmunzeln. Damit ist er wohl der erste Deutsch-Spanische Fußballprofi der über diesen Satz schmunzeln konnte. Ich hatte ihn noch nie schmunzeln sehen. Aber das lag bisher vermutlich eher an mir als an ihm. Aber wann bringt man schon mal einen Fußball-Millionär zum Schmunzeln? Von diesem ungewohnten Gefühl angestachelt, versuchte ich noch ein paar weitere starke Gags unterzubringen.


- "Aber einen wunden Arsch das solltest du ja auch aus der Nationalmannschaft kennen.", sage ich also weiter.


Retiros Gesichtszüge versteinern. Sein Lächeln ist verschwunden.
"Hey!", entgegnet er. "Deine homophoben Äußerungen kannst du dir aber sonstwohin stecken."

Dabei schaut er mir tief in die Augen und nähert sich mit seinem Kopf meinem an, um besonders bedrohlich zu wirken.Ich habe allerdings das Gefühl, dass er seinen Punkt dadurch deutlich machen will, dass er mich jetzt auf den Mund küssen will. Ohne viel nachzudenken und, weil ich in den letzten Monaten ohnehin nicht viel Action hatte, lehne auch ich meinen Kopf nach vorne.
Unsere Köpfe stoßen aneinander.


"Was zum Teufel war das denn?", ruft Retiro. Betretenes Schweigen.

- "Sag mal, Retiro", sage ich nachdem wir eine Weile unterwegs sind, "wie wird man eigentlich erfolgreich? Du bist doch Fußballer. Du lebst doch deinen Traum. Du musst es doch wissen. Bitte, sag mir, wie man erfolgreich wird."


Retiro schaut kurz auf und dreht sich zu mir um, nur um kurz darauf festzustellen, dass er durch diesen kurzen Moment der Unaufmerksamkeit den fliegenden Vogel auf seinem Handy-Bildschirm hat abstürzen lassen. Ernüchtert schaut er ins Leere.


- "Ich heiße übrigens Marius", sage ich vorsichtig und reiche ihm die Hand.


"Angenehm, Robin Retiro", sagt Robin Retiro, "Ich wollte Ihnen eigentlich gerade das 'Sie' anbieten. Sie duzen mich ja ohnehin die ganze Zeit."


- "Bist halt ein Fußballer. Fußballer duzt man nunmal.", entgegene ich.
"Aber ich habe dich immer mit dem Nachnamen angesprochen", füge ich noch hinzu.


Robin nickt.


"Du willst also wissen, wie man erfolgreich wird?"


"Klar", sage ich aufgeregt und komme mit der Schubkarre fast von der Straße ab. Irritiert schaut Robin kurz auf die Straße, wendet sich aber daraufhin sofort wieder mir zu.


"Willst du das wirklich wissen?", wiederholt er, "denn sei versichert: 'No idea will work, unless you do.'
Oder in anderen Worten: Die Idee alleine macht dich nicht erfolgreich. Du machst dich erfolgreich!"


- "Okay, ja. Ich wäre schon bereit dafür zu viel zu tun, aber ich glaube, ich bin einfach nicht dazu geboren, erfolgreich zu werden.", sage ich konsterniert und blicke auf den Boden.


"Hey! Schau nach vorne", ruft Robin aus dem Schubkarren, der wegen meines letzten unbedachten Manövers umzukippen droht.

Nachdem das Gefährt wieder stabilisiert wurde, sagt er: "Wenn du glaubst, dass du nicht dazu geboren bist, erfolgreich zu werden, dann ist genau das der Grund, aus dem du nicht erfolgreich wirst. Lass mich dir sagen: Wir alle sind Genies, wir alle haben das Potential. Keiner von uns ist zum Mittelmaß verdammt. Traurigerweise, begreifen das die Wenigsten und so stirbt die Mehrheit ohne jemals ihr ganzes Potential entfaltet zu haben."


Kurz bleibt es ruhig. Klischeehaft hört man in der Ferne einen Vogel rufen.


"Naja, das hört sich ja so ganz gut an. Aber, sind wir mal ehrlich, das stimmt doch nicht, oder?", sage ich.


"Doch, doch. Jedenfalls glaube ich da fest dran. Jeder von uns hat ein unglaubliches Potential. Und es ist eines der schlimmsten Gefühle, sich am seines Lebens bewusst zu werden, dass man dieses Potential nicht voll ausgeschöpft hat. Ungenutztes Potential tut einfach unheimlich weh. Das Wichtigste ist aber, zu kapieren: Jeder von uns erschafft sein eigenes Leben. Man muss verstehen, dass Erfolg vor allem eine ganz bewusste Entscheidung ist."


- "Aber, schau doch mal Ronaldo an. Der ist doch ein geborenes Genie. Der hat einfach Talent für zwei."


Robin nickt ruhig.


"Ja, so sieht das natürlich von außen zunächst aus.", sagt er, "Das, was aber im Verborgenen bleibt, was man eben nicht sofort sieht, sind die endlosen Stunden Arbeit, die endlosen Stunden stetiger Verbesserung angesichts einer ungewissen Zukunft. Und auf diesen Stunden beruht der Erfolg. Erfolgreich wird man nicht durch ein einziges Ereignis, nicht durch Geburt, sondern durch unaufhörliche Bemühung das Beste in sich selbst herauszuholen."


- "Okay", nicke ich. Mittlerweile haben wir uns auf eine Bank am Rande unseres Weges gesetzt und haben die Schubkarre für einen kurzen Moment abgestellt.


"Was ich sagen will, ist einfach folgendes: Erfolg liegt nicht in den Genen, sondern im stetigen Training. Du kannst dir sicher sein, die erfolgreichsten Leute der Welt sind immer die 'Extrameile' gegangen. Glaubst du Messi oder Ronaldo sind nicht die am härtesten arbeitenden Spieler ihrer Mannschaften? Gut, ich will gar nicht abstreiten, dass natürlich auch Talent eine Rolle spielt. Aber man erreicht dieses Level, man erreicht die absolute Weltklasse nicht, ohne diesem Ziel alles andere unterzuordnen.
Schau mich an. Ich will zwar nicht sagen, dass ich Weltklasse bin. Aber auch ich habe in der Jugend mit vielen tollen Fußballern gespielt. Mit Jungs, die sicher talentierter waren als ich, die eine bessere Technik hatten und denen man eine größere Zukunft prophezeiht hat.
Kennst du zum Beispiel Micha Fuchs?"


Ich überlege einen Moment.


- "Nein, sorry, nie gehört.", sage ich etwas verlegen.


"Ganz genau.", sagt Robin und macht eine Pause um das Gesagte wirken zu lassen.

"Früher hieß es immer: 'Der Micha, der wird mal Bundesligaspieler.' 'Der Micha, der wird Nationalspieler.' Haben sie gesagt. Aber der Micha ist nach dem Training eben nicht noch eine halbe Stunde länger geblieben. Der Micha wollte lieber mit der süßen Blonden aus dem Bio-Unterricht ins Kino."


- "Da hätte ich allerdings auch die Blonde gewählt.", sage ich lachend.


Robin lacht nicht.


"Genau das ist der Unterschied.", sagt er dann.


"Man kann sich entweder in irgendwelche Ausreden flüchten oder Großartiges leisten. Beides geht nicht. Das hat mir mein Vater schon früh mit auf den Weg gegeben."


Robin schaut mich jetzt nicht mehr an, sondern schaut starrt geradeaus auf das vor uns liegende halb vereiste Feld.


"Erfolgreich wird man durch tägliche Arbeit, durch Arbeit an sich selbst. Durch Entwicklung, durch Lernen, durch ständiges Hinterfragen. Jeden. Tag."


Er hält kurz inne.


"Der einzige Ort, an dem etwas bekommst, bevor du etwas dafür gegeben hast, ist im Restaurant.", sagt er dann.


Ich muss lachen. Auch er muss lachen.

KOMMENTARE
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TheDood
MODERATOR
01.12.2014 | 12:50 Uhr
2
0
TheDood : 
01.12.2014 | 12:50 Uhr
0
TheDood : 
Na denn, auf eine schöne erste Runde!

Obligatorische 10 Punkte sind hinterlegt
2
Dawizzle
01.12.2014 | 09:20 Uhr
0
-1
Dawizzle : 
01.12.2014 | 09:20 Uhr
-1
Dawizzle : 
Puh, die Formatierungen sind für mich immer die größten Herausforderungen.

Dies ist mein Beitrag für den Blogpokal - Woche 1.

Ich hatte leider keine Zeit einen kurzen Blog zu schreiben, daher habe ich einen langen geschrieben.

Mein Gegner ist der glorreiche TheDood. Um dem amtierenden Blogpokalsieger unter seinem Blog zu huldigen, klickt einfach HIER

Das Prozedere ist ganz einfach:
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Der Schreiberling, der mehr Stimmen erhält, darf nächste Woche nochmal antreten.
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