"Das war's noch nicht!" Uli Hoeneß' Ankündigung, nach Verbüßung seiner Haftstrafe in verantwortungsvoller Position zum FC Bayern zurückkehren zu wollen, versetzte die Mitglieder in Verzückung. Standing Ovations, lang anhaltender Applaus, allgemeine Zustimmung. Dass das Kapitel Hoeneß beim Rekordmeister noch nicht beendet ist, scheint bei den Bayern keinen Widerspruch zu finden. Und auch ich verspürte eine Art innerliches Nicken angesichts der kämpferischen Worte des Mr. FC Bayern. Der härtest mögliche Einschnitt ja, das definitive Ende einer Ära nein. Uli Hoeneß darf und soll zurückkommen - als Macher, als Lenker, als Ikone. Beschädigt, aber eben nicht zerstört.
Und dennoch hinterließ der selbstbewusste Auftritt des Ex-Präsidenten bei mir ein Unbehagen. Zu selbstbewusst, zu großspurig erschien mir die Inszenierung des Uli Hoeneß, der sein kriminelles Verhalten fortwährend als "Fehler" bezeichnete, für dessen Folgen er geradestehen werde (was bleibt ihm auch anderes übrig?). Mag man darüber streiten, was genau eigentlich unter einem Fehler zu verstehen ist, im Falle einer Steuerhinterziehung von mindestens 30 Millionen Euro muss der Begriff jedoch verharmlosend wirken.
Fehler oder mehr - über die Formulierung wird man letztlich hinweg sehen können. Dass Hoeneß seinen womöglich letzten großen Auftritt vor Haftantritt aber gleichzeitig zu einem Angriff gegenüber Berichterstattern, Kritikern, und Gegnern nutzte, bereitet auch mir Bauchschmerzen. Gewiss, Hoeneß selbst wird seine Anklage der Medien wohl eher als Verteidigung denn als Attacke betrachten - ihr Zeitpunkt wirkt in jedem Fall ungünstig. Es sind nicht die Tage der Hoeneß'schen Verbaloffensive.
So mutet es jedenfalls befremdlich an, wenn ein Mann, der unlängst zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden ist und mit diesem Urteil vergleichsweise milde davon gekommen ist, wenig später zur großen Anklage ansetzt. Seine juristische Schuld leugnete Hoeneß nicht - und doch sah er sich vor allem als Opfer, dem die Öffentlichkeit und insbesondere die Medien böse mitgespielt hätten. Dabei steht außer Zweifel, dass die Berichterstattung (nicht nur in den Boulevard-Medien) oft weit über die Grenzen des Sachlichen und Angemessenen hinausging. Aber Hoeneß ist nun wahrlich nicht der einzige Betroffene dieses allgemein bekannten Übels und sollte sich der Mechanismen des Geschäfts längst bewusst sein.
Dass er in sich seiner Rede offen zu seinem Hass bekannte, der ihm selbst - wie er einräumte - unangenehm war, mag man als emotionalen Abgrund betrachten, in den einen eine solche Situation schon einmal treiben kann. Seine Kritik an den Autoren, die mit seiner Geschichte "frevelhaft"erweise Geld verdienen würde, wirkt dagegen grotesk an. Der leidenschaftlichste Vertreter der Markwirtschaft geißelt diejenigen, die mit seinem Fall Kohle machen würden - geht's noch absurder?
Auch ein Uli Hoeneß muss nicht zu Kreuze kriechen, weder jetzt, noch nach Absitzen seiner Strafe. Er muss nicht in selbstverleugnende Demut verfallen, um wieder breite Anerkennung zu erfahren. Er braucht sich nicht auf die Lippe zu beißen und jedwede Kritik zu verkneifen. Doch will er wirklich - nicht nur unter Bayern-Anhängern - Reputation zurückerlangen, so sollte er vorranging erst einmal versuchen, die abgrundtiefe Kluft zwischen formuliertem Anspruch und gelebter Wirklichkeit aufzulösen. Weshalb er sich bei seinen öffentlichen Auftritten als moralisches (Finanz-)Gewissen gerierte, um im Schutze seines Pagers das genaue Gegenteil zu exerzieren, erscheint nach wie vor allenfalls als moderne Interpretation von Dr. Jeckyll und Mr. Hyde verständlich.
Uli Hoeneß hat Wasser gepredigt und Wein gesoffen. Warum, weiß nur er. Er wird diese Frage beantworten müssen. Mit juristischer Verantwortung hat dies nichts zu tun. Wohl aber mit persönlicher Glaubwürdigkeit, die nicht zuletzt auch bei vielen Bayern-Fans gerade in den letzten Wochen erheblich gelitten. Auch bei mir.
Ja, ich würde mich als Hoeneß-Fan bezeichnen, der im einstigen Manager und Präsidenten stets mehr als nur den Mr. FC Bayern gesehen hat. Und nein, ich habe ihn nicht für ein unfehlbares Vorbild gehalten, an dem sich jedermann ein Beispiel nehmen müsse. Das Bekanntwerden seiner Steuerhinterziehung hat mich gleichwohl überrascht. Einem Mann, der in Talkshows ganz bewusst das Ausufern von Spekulantenwahnsinn und grenzenlosem Gewinnstreben anprangert, hätte ich so etwas nicht zugetraut. Seine Straftat hat mich enttäuscht, sein jüngstes Auftreten entsetzt.
Ich hoffe, dass Uli Hoeneß eines Tages - in welcher Funktion auch immer - zum FC Bayern zurückkehren wird. Aber bitte nicht so, wie er sich bei der Jahreshauptversammlung gegeben hat. Ich wünsche mir einen anderen Hoeneß: Selbstkritischer, leiser, nachdenklicher, weniger anklagend, glaubwürdiger. Warten wir ab, was die Zeit bringen wird...
Wäre die Slebstanzeige nicht so umfangreich gewesen, wäre nicht passiert, er wurde aufgrund einer unvollständigen und daher nicht anerkannten Selbstanzeige verurteilt, nicht weil er erwischt wurde. (Schaut euch die Fakten mit Spiegelreporter und das Einreichen seiner Anzeige an und sagt nicht, er habe das nur aufgrund des Artikels gemacht)
Auf einen am Boden liegenden kann man ja eintreten, auch wenn er noch nicht mal schuldig gesprochen wurde. Uli Hoeneß ist sicher nicht dumm, hätte er Steuern sparen wollen, hätte er wie so viele andere den Wohnsitz in die Schweiz verlegt. Dann hätte er dem deutschen Staat nichts mehr abdrücken müssen. Warum sollte er, wenn er bewusst Geld vorm deutschen Staat verhalten wollte, etwas uneffektiveres aber ungleich gefährlicheres machen sollen? Das ist doch die Frage, die sich jeder stellen sollte der ihn verurteilt und eine bewusste Steuerhinterziehung vorwirft. Nichtrealisierte Gewinne, wäre das von 10 Jahren in einem abgelaufen, hätte er keinen Cent Steuern zahlen müssen, aber jeder hier ist ja Anwalt und Bänker und sonst noch was. Fühlt euch besser, geht einen von der Palme wedeln, ihr seid so schlau!
Mich hat es auch schon gewundert, daß hier auf Spox keiner sich dazu geäußert hat, ob nun pro oder contra, also nach der JHV.
Ich finde Deinen Standpunkt in dem Zusammenhang sehr offen und ehrlich!
Ich persönlich glaube nicht, daß Herr Hoeneß ein offizielles Amt beim FC Bayern nach der Haft haben wird. Welcher käme denn da in Frage? Eine beratente Funktion dann schon eher.
Auch wenn das Thema Hoeneß von nun an erstmal ruhen sollte. Wäre besser für alle Beteiligten. Schmälert den Beitrag jedoch in keinster Weise!