Ein idyllisches Örtchen, umringt von Korkeichen. Zur einen Seite die Bucht von Tajo und zur anderen die Silhouette Lissabons.
Man befindet sich im Ausbildungszentrum des achtzehnfachen portugiesischen Meisters Sporting Lissabon.
Hier lernten viele internationale Topstars wie Cristiano Ronaldo, Luis Figo und Paul Futre die Grundfertigkeiten des Fußballs kennen. Alle wurden sie von einem Mann gefördert, Aurelio Pereira, dem Mann, der vor zwanzig Jahren das Konzept für eine der erfolgreichsten Talentschmieden im heutigen Weltfußball entwarf und seit 37 Jahren Trainer und Scout in Sportings Jugendakademie ist.

Pereira sieht Fußball nicht als stupides Spiel, bei dem nur Taktik und Fitness das Spiel entscheiden. Vielmehr ist er davon überzeugt, dass "der Weg zum fußballerischen Erfolg von einer Reihe unberechenbarer Faktoren abhängt" und "ein junger Spieler nur dann ein erfolgreicher Fußballprofi werden kann, wenn er eine Einheit aus Kopf, Körper und Gliedmaßen herstellt!". Jeder Spieler soll sich laut Pereira auf dem Platz verwirklichen und seine individuelle Rolle auf dem Platz ausspielen. Allerdings "müssen die Spieler den Unterschied zwischen Eigensinn und individuellem Spiel, das der Mannschaft hilft, erkennen!".

Die Jungen werden auch auf das Leben ohne Fußball vorbereitet, "damit der Spieler nicht in der Luft hängt, wenn es mit dem Fußball nicht klappt", wie Pereira sagt.

Des weiteren wird in der Ausbildung der Nachwuchsspieler, anders als in vielen anderen Jugendcamps, großer Wert auf soziale und mentale Dinge gelegt. Das bestätigt Pereira, dem die erwähnte mentale Komponente genauso wichtig ist wie die Schusstechnik oder das Kopfballspiel. Er achtet penibel genau auf diese Fähigkeiten.
Ein Spieler, der in diesem Punkt außergewöhnlich gut entwickelt zu sein schien, war CL-Sieger Cristiano Ronaldo.
Selten hatte Pereira einen 11-jährigen gesehen, der so starke mentale Fähigkeiten mitbrachte. Deshalb war Pereira früh sicher, dieser Junge würde später zu den besten Fußballern der Welt zählen.
"Neben all dem Talent zeigte er auch mentale Qualitäten, die für einen Elfjährigen ungewöhnlich waren. Er spielte gegen ältere Spieler, und selbst unter Druck war er in der Lage, seine Mitspieler noch zu beruhigen. Ronaldo legte eine extreme Reife ans Tageslicht."
Am Ende sollte der erfahrene Jugendtrainer und Scout Recht behalten – Ronaldo wurde Weltfußballer des Jahres 2008 und Sporting Lissabon war somit das einzige Team, aus dem mit Luis Figo und Cristiano Ronaldo zwei Weltfußballer im neuen Jahrtausend stammten.

Trotz der vielleicht besten Jugendarbeit Europas gibt es auch negative Schlagzeilen bei Sporting – der Club ist seit dem Bau des Stadions für die Europameisterschaft 2004 hoch verschuldet.
Nur durch die häufigen und teuren Verkäufe ihrer Talente kann sich der Verein über Wasser halten, alleine durch die Verkäufe von Ronaldo, Quaresma, Simao und Carlos Martins wurden etwa 60 Millionen Euro in die leeren Kassen gespült, was zwei kompletten Jahresbudgets entspricht.

In Zukunft werden wohl weitere Millionen dazukommen, denn mit Joao Moutinho und Miguel Veloso haben sich zwei weitere Spieler in das Visier der europäischen Topteams gespielt, die zusammen mindestens 30 Millionen Euro in die Vereinskasse spülen werden.

Jetzt, wo der Club aus Lissabon über ein landesweites Netz von vielen ehrenamtlichen Scouts verfügt und sich Tag für Tag neue Talente entwickeln, wäre vielleicht die Zeit gekommen, sein Lebenswerk zu beenden.
Doch Pereira hat Spaß an seiner Arbeit, er will weiterhin hoffnungsvolle Spieler in sein Team holen, sie weiterentwickeln und sehen, wie sie sich zu großen Fußballern entwickeln.

Ganz aufgeben wird Pereira seinen Beruf nie, denn "Das ist eine Berufskrankheit. Selbst wenn ich durch die Stadt fahre und irgendwo auf einem Bolzplatz ein paar Jungs kicken sehe, halte ich für ein paar Minuten den Wagen an und schaue, ob ein Talent dabei ist".