"Die Champions League 2010/2011 findet ohne den FC Liverpool statt"

so oder ähnlich dürfte eine Prognose von nicht wenigen Experten nach dem gestrigen Tage sein. Eine Prognose, auf welche die gleichen Leute am Anfang der Saison keinen Cent gesetzt hätten. Doch wie konnte es zu dieser absolut katastrophalen Saison kommen? Dass aus dem 2. der letzten Saison eine Mannschaft entsteht, das ohne Selbstbewusstsein sich im freien Fall befindet?

Erinnern wir uns mal ein Jahr zurück: 14. März 2009. Old Trafford.
Mit 4:1 wude gerade der amtierende Meister Manchester United aus dem eigenen Stadion gefegt und auf ein Mal war der FC Liverpool wieder voll drin im Meisterschaftskampf. Eine Woche darauf folgte eine Demontage von Aston Villa, der sang- und klanglos mit 5:0 in Anfield untergingen.
Was war damals die Euphorie groß bei den Reds- Anhängern, der lang ersehnte Premier League Titel schien endlich mal in absolut greifbarer Nähe gerückt zu sein.
Fast forward : 21.3.2010. Nach einer absolut planlosen und vor allem herzlosen Spiel verliert man beim Erzrivalen verdient mit 1:2. Alle strittigen Schiedsrichterentscheidungen ausgenommen, war United die bessere Mannschaft.
Nicht weil sie Spitzenfußball gespielt hätten, aber Pool war einfach derart harmlos, ängstlich und uninspiriert, dass man die Zeit lieber mit Lesen oder Sport oder sogar Däumchendrehen besser verbracht hätte.
Für mich lassen sich alle Probleme der Reds auf genau 3 Personen zentrieren, um die ein dichtes Netz von Fehlern und Versagen gesponnen hat.
1. Rafa Benitez
2. Steven Gerrard
3. Alberto Aquilani

40 Mio€. Soviel hatte Rafa im letzten Sommer zur Verfügung, um die Mannschaft ordentlich zu verstärken. Und was ist heraus gekommen? Ein weiterer Beweis, dass der Spanier eine miserable Erfolgsquote bei Transfers aufweist. Sicher, Torres, Alonso und Masch waren Volltreffer, aber es gibt auch Namen wie Pennant, Cissé, Keane, Dossena, Voronin und viele mehr...
Neueste Beispiele sind Glen Johnson und Alberto Aquilani.
Johnson mag ein offensiv solider RB sein, aber sein eigentlicher Job, die Defensive, die muss ihm fremd sein. Ein sehr risikofreudiges Stellungsspiel gepaart mit Reaktionslangsamkeit und Passunfähigkeit machen aus ihm eine Gefahr für die 4er Kette. Wäre zu verkraften...wenn er nicht 18 Mio gekostet hätte. Gestern schien er keine Ahnung zu haben, was er denn mit dem Ball anfangen sollte. Und sein Back-Up? Phillipp Degen, mehr muss ich nicht sagen oder?
Aber nicht nur die miese Transferpolitik muss man Benitez anrechnen, sondern auch seine geradezu versessene Risikoallergie und Berechenbarkeit. Es wird immer erst dann offensiv gewechselt, wenn man noch 10 Minuten auf der Uhr hat. Und ohne zwei 6er würde er die Mannschaft nicht mal aufs Feld lassen. Auch nicht, wenn der Sturm um Gerrard und Torres vorne verhungern.
So kommt es, dass die Reds extrem berechenbar sind. Flügelspiel? Fehlanzeige. Schnellpassstaffetten? Nicht existent. Immer schön die Bälle hoch und weit nach vorne dreschen, die da vorne machen's schon...
Gerade auf der linken Seite bot sich diese Saison immer wieder ein Bild des Schreckens. Fakt ist : Emiliano Insua ist jung, durchaus reif und hat ein gutes taktisches Verständnis. Fakt ist aber auch: Er ist langsam und hat offensiv weniger Go-To-Moves als ne Oma auf Krückstöcken. Zusammen mit Maxi, der auch alles andere als flink ist, bieten sie nach vorne von wenig bis nix und nach hinten hin DIE Wunde, in der jeder Gegner mit Genuss seinen Finger reindrückt. Dass Benitez dennoch beide immer wieder dort aufstellt, widerspricht jegliche Logik.

Vom Team Manager jetzt zum Captain. Steven Gerrard. DAS Aushängeschild der Reds, Captain Marvel und viele Spitznamen mehr, die er sich durch seine dynamische und teils fantastische Leistung verdient hat. Nur...diese Saison rechtfertigte er diese Bezeichnung nur äußerst selten. Er wirkt stattdessen angeschlagen, ideenlos und was man ihm am wenigsten zutraute : Lustlos. Nicht nur gestern schlich der "Aggressive Leader" übers Feld, als ginge es um ein Kaffeekränzchen. Keinerlei Aufbäumen, kein energischer Run in den Strafraum, kein bisschen "Drive" wie es die Englänger gern sagen. Was ist los mit dem Captain?
Ich denke, es kommen viele Faktoren zusammen. Erstens wird er alt und von Verletzungen geplagt, die ihn immer wieder zurückwerfen. Und zweitens fehlt ihm einfach die qualitativ hochwertigen Mitspieler, die ihn unterstützen können. Das beweisen seine teilweise hervorragenden Spiele für England, wo seine Formkurve ganze Squären über dem für die Reds liegt.
Diese fehlende Qualität führt einen unabdingbar zu Alberto Aquilani.

Ein hochklassiger Spieler mit exzellentem Spielverständnis und Passspiel, der die Mitte der Reds dirigieren sollte wie Xabi Alonso. Nur besser. Dachte man sich.
Doch die Realität sieht nun mal anders aus. Denn Aquilani mangelt es an zwei Eigenschaften, die für die PL essentiell sind: Physis und geistige Reife.
Die Premier League ist ohne Zweifel die körperlich härteste Liga in Europa. Nirgendswo werden Zeikämpfe verbissener geführt wie in England. Doch genau das macht den jungen Italiener zu schaffen. Er ist anfällig, sehr anfällig in seiner Gesundheit. Darüber hinaus verfügt er nicht über den Body, den man braucht, um im hart umkämpften ZM seinen Platz zu behaupten. Zu oft sieht man ihn den Ball verlieren, Pässe unter leichten Druck fehlplazieren oder vom Gegner aus dem Weg gecheckt werden. Und in nicht wenigen dieser Fälle hatte man das Gefühl, er hatte Angst. Ihm fehlt es vllt. an dem Fighter - Spirit, die einen Masch oder einem Scholes oder Essien auszeichnet. Die fürchten sich nicht, dahin zu gehen, wos weh tut. Aquilani hingegen anscheinend schon. So kommt es, dass weder er noch Lucas es schaffen, diese Lücke in der Mittel zu schließen. Und, dass Gerrard und Torres vorne auf sich alleine gestellt sind.

All diese Probleme können nicht von heute auf morgen gelöst werden. Doch man sollte endlich einsehen, dass man etliche Baustellen hat, sonst könnte der für die Reds albtraumhafte Satz des Blogs bald Regelmäßigkeit werden.