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28.03.2010 um 20:01 Uhr
Liga-Lehren XXVIII
Semantik zum Anfassen

Heerscharen von Philosophen und Historikern arbeiten sich nun schon seit Jahrhunderten an unserer mysteriösen Bundesliga ab. Vielleicht liegt die Wahrheit der Liga aber doch schlicht in den bizarren Namen ihrer Protagonisten. Die Liga-Lehren unternehmen den Versuch einer semantischen Analyse:

Bezeichnend
Beginnen wir – wissenschaftlich sauber – mit der Semantik der Semantik. Das Wort "Semantik" leitet sich vom griechischen "semainein" ab, welches so viel wie "bezeichnen" bedeutet, und demnach für die Lehre von der Bedeutung der Zeichen steht. Genau genommen geht es aber heute gar nicht mehr um irgendwelche merkwürdigen Zeichen, sondern um die Ermittlung der Herkunft eines Wortes. Welches Zeichen uns Hanno Balitsch mit seiner künstlerisch wertvollen, aber fußballerisch zweckfreien Volleyball-Einlage geben wollte, ist hingegen genauso rätselhaft wie Magaths zur Spielerinstruktion genutzte Zeichensprache. Mit Semantik hat beides jedenfalls rein gar nichts zu tun.

Irreführung
Apropos Magath und Semantik: Felix Magaths Schleifer-Mantra hält semantischen Nachprüfungen definitiv keinen Stand. Denn dass Qualität etymologisch auf "Qual" zurückzuführen sei, ist genauso abwegig wie die Behauptung, dass das, was Felix' Fummeltruppe zuletzt auf dem grünen (oder braunen) Rasen zu Stande brachte, auch nur im Entferntesten etwas mit Fußball zu tun hatte. Bekanntlich sollte man Magaths Ausführungen aber immer mit einer gesunden Portion Skepsis begegnen. Denn diese schwanken zumeist zwischen grobem Unfug und bewusster Irreführung. Wie seine Erläuterungen der Offensivtaktik in Leverkusen, die sich in etwa so anhörten: Man spiele zwar mit drei Spielern vorne drin. Aber in die Spitze sollen dann nicht immer alle drei. Sondern immer nur zwei – und einer mit dabei! Soso! Mathematisch-semantisch-logischer Unfug. Aber wirkungsvoll. Denn man gewann nicht nur locker-flockig zwonull, sondern spielte auch eine richtig gepflegte Kugel. Und das nach den quallvoll-menschenrechtswidrigen Darbietungen der Vergangenheit. Doch die waren eben nur – bewusste Irreführung.

Torwartsemantik
Auch an der Säbener Straße fährt man jetzt ganz konsequent die Semantik-Schiene. Stichwort: Torwartfrage. Da suchte man bis zuletzt ja noch nach der Idealbesetzung. Weil sich Rensings Flankenallergie als untherapierbar erwies. Und weil der Butt schon 4000 Jahre auf dem Buckel hat (Grass, ne?). Und so wünschte man sich jetzt ein junges Supertalent. So einen Sepp-Maier-Typ, eine echte Nummer 1, die mal richtig fest im Sattel sitzt. Aus reiner Begriffslogik heraus verpflichtete man dann also Regenburgs Rouwen Sattelmaier. Nach dem schnodderigen 1:2 gegen den VfB hat man die Wunschliste nun noch um einige Positionen ergänzt. Denn mit Flügellahm, Humpelrobben und Jammerklose holt man eben keine Meisterschaft. Da bräuchte es schon einen Grätschenroth, Eisenbreitner oder Budenmüller. Beim FCB hat man deshalb prompt reagiert und die 500 Südamerika-Scouts nach einem Semantik-Crashkurs in die bayrischen Bezirksligen abkommandiert.

Müllermeierschulze
Deutsche Redewendungen bedienen sich ja gerne gängiger, weit verbreiteter Nachnamen, um Alltägliches beispielhaft zu illustrieren. Man denke nur an Lieschen Müller, die vergreiste Vorgängerin von Erika Mustermann. Oder an Müllermeierschulze als Synonym für Bürger Otto Normal. Wir lernen daraus: Allerweltsnamen stehen stellvertretend für das Normale, das Übliche, ja für das Durchschnittliche an sich. Eine Durchbrechung erhält dieser schöne Grundsatz nun ausgerechnet durch die Schiedsrichterzunft, welche in der Vergangenheit ja schon des Öfteren kundgetan hat, sich nur allzu gerne vom reaktionären Mainstream lösen zu wollen. Hinz und Kunz heißen hier allerdings Schmidt und Wagner und pfeifen für gewöhnlich ziemlich unnormal, unüblich und unterdurchschnittlich. Denn wieso Tante Frings für ihre zarte Nasalmassage mit Rot bedacht wurde und weshalb Abseits neuerdings auch bei Gegnervorlage möglich ist, das weiß der Meier. Oder Schmitz' Katze. In dem Sinne: Mensch, Meier! Oder in gepflegter Unparteiischen-Idiomatik: Blind wie Schmidt und Wagner.

Philologische Probleme
Effzeh-Fans pflegen zu ihrem Verein gemeinhin ein eher leidenschaftlich geprägtes Verhältnis, welches für wohl abgewogene Analysen in aller Regel keinen Platz lässt. Und so kann es auch schon einmal vorkommen, dass der Geißbockfreund an sich die eigenen Spieler in Folge einer leidenschaftslosen, mithin soldoesken Darbietung als Söldner verunglimpft. Woraus sich die naheliegende semantische Frage ergibt, ob sich das Wörtchen "Söldner" von Soldo (der Zvonimir) ableitet. Ganz ehrlich: Wir wissen es nicht! Das 4:1 in Hannover sorgt allerdings auch für keinen akuten Klärungsbedarf, sondern hinterlässt neue philologische Probleme. Zum Beispiel: Sollte man Tosic nicht zukünftig doch mit "r" schreiben? Sind taktische Optionen mit einem alten Maniche automatisch maniche-faltig? Vereinigen sich in Mirko Slomkas Nachnamen die unglückprognostizierenden Begriffe Slapstick, Omen und Katastrophe? Handelt es sich bei Hannover um ein gleichsam unheilverkündendes Blending aus Hannobalitsch und Gameover? Und ist "Schlaudraff" nur das skurrile Resultat einer Westfälischen Lautverschiebung und bedeutet letztendlich nichts Anderes als "Schlaff drauf"? Womit zumindest eines feststehen dürfte: Der Effzeh und Hannover 96 geben in diesen Tagen nicht nur Fußballfreunden eine Menge Rätsel auf.

Außendienst
Wir halten noch einmal fest: Schalke ist Tabellenführer. Sachlich-nüchtern, so wie es sich für den Anspruch der Liga-Lehren gehört, und ohne jedweden zynischen Verweis auf unästhetisches Rumgeholze. Denn dafür war diesmal der amtierende Deutsche Meister zuständig. Nur zur Erinnerung: Wolfsburg. Vorname: VfL! Genau! die! Und genau die spielten in Mainz zwar ziemlich magath, werden aber weiterhin von Lorenz-Günther Köstner trainiert, der charmefreien Reinkarnation von Rolf Schafstall mit der Aura eines frühverrenteten Außendienstvertreters für Häkeldecken. Und mit genau dieser Einstellung bestritten die 1:5-Hertha-Honks ihren Außendienst in Mainz. Und gewannen am Ende doch irgendwie. 2:0. Alte Schule eben.

Und was gab's noch?
Pokal – mit geradezu erschütternden Erkenntnissen: So widerlegte Arjen Robben, dessen Nachname ja eine gewisse Bewegungsschwerfälligkeit nahezulegen scheint, mit seinem PacMan-Sololauf nicht nur den absurden "nomen est omen"-Leitspruch, sondern quasi im Vorübersprinten auch den Satz des Pythagoras. Von wegen: Diagonal geht am schnellsten. Grober Unfug! Richtig fix is' über's Eck. Weitere mathematische Lehren blieben allerdings aus. Dafür gab's noch ein paar zusätzliche nominelle Paradoxien: Denn Lahm war flink, Schweini hundemüde und Felix sah am Ende auch nicht gerade glücklich aus. War ja aber auch Pokal. Und der hat bekanntlich seine… Aber lassen wir das.
Aufrufe: 8641 | Kommentare: 23 | Bewertungen: 44 | Erstellt:28.03.2010
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KOMMENTARE
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griaff
29.03.2010 | 20:43 Uhr
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griaff : 
29.03.2010 | 20:43 Uhr
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griaff : 
Ich finde die Ideen immer verdammt gut, die hinter jeden LL stecken. Spox sollte dich verdammt nochmal für Geld schreiben lassen. ( Und ja die LL waren auch WIEDER MAL besser als die AL !)
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Elm
29.03.2010 | 22:52 Uhr
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Elm : 
29.03.2010 | 22:52 Uhr
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Elm : 
hervor!
RAGEND!

!!!
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KoMa
30.03.2010 | 12:28 Uhr
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KoMa : 
30.03.2010 | 12:28 Uhr
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KoMa : 
Einfach suuuper Voegi!!!
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