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30.11.2017 | 5996 Aufrufe | 11 Kommentare | 4 Bewertungen Ø 9.5
Der BVB und das Problem mit dem Erfolg
Dortmunder Dilemma
Der Aufschwung von Borussia Dortmudn brachte nicht nur positives mit sich. Der BVB steht am Scheideweg.

Borussia Dortmund hat einen phänomenalen und unvergleichbaren Aufstieg hinter sich. Doch die Fallhöhe ist wie auch die Ansprüche ins Unermessliche gestiegen. Der BVB kann fast nur scheitern, die größte Herausforderung steht kurz bevor.

Der letzte Eckstoß im Spiel, Chaos im Strafraum des FC Bayern, der Ball landet bei Mladen Petric, der für den BVB in der Nachspielzeit ausgleicht. Großer Jubel in schwarz-gelb, auf der Bank, auf dem Feld, auf den Tribünen. Es ist der 19. April 2008, es ist das Pokalfinale. Es ist ein Moment, in der Borussia Dortmund kurz vom Pokalsieg träumt dem ersten Titel seit der Meisterschaft 2002. Am Ende gewinnen wieder einmal die Bayern den Pokal. Dortmund darf in den Uefa-Cup. Ein Erfolg nach einer weiteren Saison im Mittelmaß. Mausgrau statt schwarz-gelb.


Etwa fünf Jahre später. Gleiches Duell. Wieder ein Finale. Wieder ein Tor kurz vor Schluss. Dieses Mal auf der anderen Seite. Arjen Robben sichert den Bayern den Champions League-Titel. Über Jahre hinweg verdient, an diesem Abend vielleicht etwas glücklich. Dortmund darf ein Jahr später wieder in die Champions League. Das Jahr, der Finaleinzug, das alles ist irgendwie ein Erfolg, aber es ist vor allem, was es eben ist. Eine Niederlage. Auch, oder gerade gegen die Bayern. Schwarz-gelb statt mausgrau.

Die Reise des Ballsportvereins in diesem Jahrtausend ist eine absurde Achterbahnfahrt. Über Meisterschaft und Fast-Insolvenz über graue Maus bis zu Everybodys Darling und Bayerns Kryptonit. Die jahrelange Frage nach der Nummer zwei in Fußballdeutschland hat der BVB beantwortet. Mit Ausrufezeichen. Die letzten acht Jahre hieß der Meister entweder Bayern oder Dortmund. Sie haben sich in Ligakrachern, Pokalschlachten und Champions League-Finals bekämpft und sich alles abverlangt. Die Bayern haben seit der Saison 2011/2012 nur drei Pokalspiele verloren. Immer hieß der Gegner Borussia Dortmund. Der BVB ist die glasklare Nummer zwei. Nicht die negativbehaftete Nummer zwei, die einst Bayer Leverkusen als ewiger Vize hatte. Der BVB ist eher die Nummer eineinhalb. Der Verein, der da ist, falls die Bayern patzen.

Zugegeben, die Bayern patzen selten. In den vergangenen Jahren eigentlich nie. Es sind über diese Distanz gesehen wohl die besten Bayern aller Zeiten. Zum Leidwesen der Dortmunder, denen mitunter die beste Saison der Vereinsgeschichte nicht für einen Titel reicht. Im Pokalfinale unterliegt der BVB erst in der Verlängerung, Jahre darauf in der Verlängerung. Aber sie sind in Reichweite. In einer Phase, in der die Bayern auch international zu den Top Fünf der Welt gehörten, war es der Dortmunder Elf immer zuzutrauen, diese Weltelf zu schlagen.

Einem Verein, der Jahre vorher noch fast insolvent gegangen wäre. Einem Verein, der jahrelang im Mittelfeld der Liga hing. Ein Verein, der weder die großen Stars, noch die großen Talente egal, ob national oder international zu sich lotsen konnte. Die Zeiten haben sich aber geändert. Die dollen Jahre, als Trainer sich Pressekonferenzen den Arsch ablachten, sind ebenso vorbei wie die bekloppten Jahre, als sich Fans, Journalisten und Zuschauer bei Pressekonferenzen den Arsch ablachten. Der Aufstieg von den Jahren nach dem Titel 2002 über die verteidigte Meisterschaft inklusive Pokalsieg 2012 bis zum CL-Finale 2013 ist unvergleichbar. Es ist ein zumindest auf internationaler Ebene leider ungekrönter Aufstieg, dem wohl nur die Erfolgsgeschichte von Atletico Madrid das Wasser reichen kann.

Es ist ein Dortmunder Fußballwunder, weil es auf allen Ebenen nach oben geht. Der Verein wächst, mit ihm die Fans, die Mannschaft, die Basis, das Image. Spieler werden besser, Spieler wollen zur Borussia, sogar große Talente ziehen den BVB nun anderen Vereinen vor. Und auch taktisch und spielerisch hat der BVB, zumindest zu Beginn dieses Jahrzehnts, neue Reizpunkte, vielleicht sogar Maßstäbe gesetzt. Aber genau das ist die Krux: Auch deswegen sind die Bayern eben die Bayern, die sie heute sind. Die Besten aller Zeiten. Daran tragen die Dortmunder wie auch am WM-Titel 2014 - einen großen Anteil. Die Dortmunder habend as Monster, dass sie von Jahr zu Jahr bezwingen müssen, mit erschaffen.

Und genau da, an diesem Punkt steht die Borussia nun vor ihrer größten Herausforderung: Es war eine Herkulesaufgabe, wie Phönix aus der Asche aus dem Mittelfeld der Tabelle an die Spitze oder zumindest an den Platz hinter den Unerreichbaren zu springen. Jetzt muss der BVB das bestätigen. Der jahrelange Erfolg bringt vieles mit sich. Fans, die plötzlich in schwarz-gelb im strahlenden Licht glänzen wollen. Aber vor allem Erwartungen. Ansprüche, denen der BVB irgendwann nicht mehr gerecht werden kann. Selbst ein Ausscheiden gegen zwei absolute Spitzenteams, wie in diesem Jahr in einer Gruppe mit Real Madrid und den Tottenham Hotspurs eine Gruppe, die auch den Bayern Probleme bereiten würde, wird als Enttäuschung gewertet. Dortmund kann nicht mehr überraschen, nur noch enttäuschen.

Der BVB steht nun immer mehr unter Beobachtung. Jeder Transfer, jede Handlung, jedes Zitat wird unter die Lupe genommen, bewertet und schnell kritisiert. Spieler als Flops verschrien, Sprüche zerrissen und herbeigezogen. Etwas, das in Deutschland bisher nur die Bayern kannten. Jeder Fehler wird zu einer Sensation aufgebauscht. Damit muss der BVB leben lernen. Jede kleine Schwäche wird nun von Medien und Fans mit Genuss zur Kenntnis genommen. Dort wo viel applaudiert wird, wird eben auch viel gebuht und gepfiffen.

Vor allem aber muss der BVB lernen, mit seiner Vergangenheit umzugehen. Und auch loszulassen. Denn mit der Maxime Vergiss niemals, wo du herkommst und den Vergleichen mit früheren Zeiten, funktioniert nicht. Natürlich, es war schon so viel schlechter, aber das zählt jetzt, heute, nichts mehr. Natürlich soll der BVB immer daran denken, wie schnell es gehen kann, und was es Spielern und Funktionären zu verdanken hat. Aber schlechte Leistungen, sei es auf oder neben dem Platz, können nicht mit früheren Erfolgen beglichen werden. Jeder beim BVB muss sich aufs Neue beweisen, jeder Spieler, jeder Trainer, jeder Funktionär. Da muss man auch zugeben können, dass man eben Fehler macht. Vielleicht war es ein Fehler, Thomas Tuchel vom Hof zu jagen bei all dem, was vorgefallen sein mag. Vielleicht war es ein Fehler, dass Spieler wie Nuri Sahin und Marcel Schmelzer noch Jahre nach ihrer Hochform so viel Stimmgewalt haben, um für ganze Stimmungsströme zu sorgen. Vielleicht war es ein Fehler, einen bundesligaunerfahrenen Trainer wie Peter Bosz zu installieren. Vielleicht waren Aki Watzke und Susi Zorc die richtigen Leute, um den BVB zu stabilisieren und an die Spitze zu bringen, aber nicht, um ihn da zu halten oder gar noch weiter voranzubringen. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.

Vielleicht will der BVB aber auch gar nicht mehr. Es ist sowieso schwer, in Deutschland noch mehr zu erreichen. Den FCB als Nummer eins ablösen? Unmöglich. Aber der Verein kann sich weiter international vergrößern und zu einer Instanz werden. Es geht jetzt darum, ob Dortmund wirklich die Nummer zwei bleiben kann oder seinen Sonderstatus verliert. Im schlimmsten Fall wäre der BVB irgendwann wieder nur irgendein Verein in einer Liga, die von den Bayern dominiert wird. Als große Warnung sollten die ersten sechs Jahre nach dem Meistertitel 2002 dienen. Geblendet vom Glauben, es an die Spitze geschafft zu haben, traf man viele falsche Entscheidungen, die die Verantwortlichen bis aufs Letzte verteidigten. Es folgte der Absturz ins Mittelmaß - bishin eben zu Petrics Tor im Finale 2008. Es wäre schade, wenn es wieder so passieren würde. Es ist dem BVB und auch dem deutschen Fußball zu wünschen, dass der BVB weiterhin die zweite große Kraft bleibt, national wie international. Mindestens. Das heißt auch, dass Niederlagen eben das bleiben. Niederlagen. Aber das gehört dazu. Aber das, das wissen sie beim BVB.

KOMMENTARE
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Edelreservist
01.12.2017 | 11:56 Uhr
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01.12.2017 | 11:56 Uhr
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Damit hast du sicherlich Recht. Aber was nach außen dringt beziehungsweise vorrangig nach außen dringt ist eben im Endeffekt folgendes:

Watzke sägt Tuchel ab und Schmelzer kritisiert Tuchel wegen Sahin. Das hab ich jetzt absichtlich überspitzt formuliert, aber wir wissen ja beide, wie sehr sich sowas bei der Masse einprägt. Und eben das macht Watzke jetzt angreifbar.

Dass dazu jetzt noch Mislintat geht, der ja auch nicht mit Tuchel konnte und ebenfalls immer als einer der Auslöser der ganzen Thematik galt, macht es natürlich nicht besser.

Das ist, gerade was eben die Au0ßendarstellung des BVB angeht, alles andere als förderlich. Das ist chaotisch und zeugt, wenn es wiklich stimmt, das Mislintat mit dem Nummer-2-Denken unzufrieden war, nur noch mehr, dass es genau darum geht. Und dass es umso schwereer wird, alle mit ins Boot zu holen. Da braucht es auch Menschenfänger, im positiven Sinn, wie es z. B. ein Klopp war, wie es vllt auch ein Simeone bei Atletico ist.

Ob man alle auf einen kurs bringt, wie auch immer der dann auch aussieht, halte ich für sehr schwierig.
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