Transfers zum strategischen Nutzen von ACS, Verkäufe von Grundstücken des Fussballclubs zu mehrfachem Marktpreis, Schulterschluss mit Politikern, Kredite für Spielerkäufe zu geschenkten Konditionen, Präsident auf Lebenszeit bei Real Madrid. Die Aktivitäten von Real Madrids Präsident Florentino Perez lesen sich wie ein spektakuläres Drehbuch um Macht und Korruption. Doch die Realität schreibt bekanntlich die besten Geschichten.

TEIL 1 - ACS

ACS, Hochtief und Real Madrids Transferaktivitäten in Deutschland

ACS: So heisst eines der grössten europäische Bauunternehmen, dessen Präsident Florentino Perez ist. Jener Florentino Perez, der auch Präsident von Real Madrid ist.

Wir schreiben das Jahr 2009. Florentino Perez übernimmt am 1. Juni nach dreieinhalb Jahren erneut das Ruder bei Real Madrid Perez war bereits Präsident von 200 bis 2006 - und präsentiert die Bürgschaft in Höhe von 57,3 Millionen für das Präsidentenamt. (Auf diesen Punkt kommen wir später noch zu sprechen). Perez ist gleichzeitig Präsident von ACS, einem der grössten Bauunternehmen der Welt. Diese Konstellation wird in den folgen Jahren, bis zum heutigen Tag, zu verschiedenen Koinzidenzen führen, aber der Reihe nach.

Am 21. März 2007 steigt ACS als Großaktionär bei Hochtief ein. Der Konzern übernimmt 25,08 Prozent der Stimmrechte von der Custodia Holding des Milliardärs August von Finck für rund 72 Euro je Aktie. Der damalige Hochtief-Chef Hans-Peter Keitel betont, ACS habe versichert, den Anteil nicht weiter ausbauen zu wollen. Es bleibt daraufhin ruhig, bis 2009. Zu Jahresanfang wird bekannt, dass ACS seinen Hochtief-Anteil auf rund 29 Prozent aufgestockt hat. Auch Keitels Nachfolger an der Hochtief-Spitze, Herbert Lütkestratkötter, unterstreicht, ACS habe versichert, den Konzern nicht schlucken zu wollen.

Reals strategische Spielerverpflichtungen in diesem Zusammenhang beginnen in der Transferperiode der Saison 2010/11 . Der Deutsch- Tunesier Sami Kehdira wir Ende Juli vom VFB Stuttgart verpflichtet, kurz darauf folgt der Deutsch-Türke Mesut Özil von Werder Bremen. Nur rund einen Monat später, am 16.09.2010 , kündigt ACS ein öffentliches Übernahmeangebot für die restlichen Aktien von Hochtief (bis September 2010 hielt ACS einen Anteil von 29,9% ) in Form eines Tauschangebots zu 8 ACS Aktien für 5 Hochtief-Aktien an. Es sei geplant, knapp über 50 Prozent der Stimmrechte einzusammeln. Hochtief bezeichnet diese Angebot als feindliche Übernahme.

Die nachfolgenden Wochen sind ereignisreich und durch Versuche von Hochtief gekennzeichnet, sich gegen die feindliche Übernahme zu wehren. Mal werden Kapitalerhöhungen in Betracht gezogen, mal wird versucht ACS zu zwingen, ein Übernahmeangebot auch für die australische Tochter Leighton abzugeben, was das Vorhaben für die Spanier deutlich verteuern würde.

Doch es wird nicht gelingen. Am 29.11.2010 genehmigt die Aufsichtsbehörde BaFin die ACS-Offerte für Hochtief, in der Folge ist Hochtief so gut wie sicher in den Händen von ACS. Die entscheidende 30-Prozent-Hürde, die einen künftige Zukauf an Hochtief-Aktien und damit die anvisierte Mehrheit ermöglicht, ohne den Aktionären des Essener Traditionsunternehmens ein weiteres, teueres Umtauschangebot zu machen, überschreitet ACS am 04.01.2011 und hat damit freie Bahn zur Anteilsmehrheit.

Knapp fünf Monate später verflichtet Real Madrid einen weiteren Deutsch-Türken. Nuri Sahin von Borussia Dortmund wechselt am 09.05.2011 zu Real Madrid. Drei Tage später übernimmt nach der Hauptversammlung der bisherige Hochtief-Vorstand Frank Stieler den Chefposten bei dem Essener Baukonzern. Er gilt als Favorit von ACS. Und auch die Verpflichtungen von Deutsch-Türken nehmen kein Ende, am 19.05.2011 wechselt Hamit Altintop zu Real Madrid.

Am 17.06.2011 ist es schliesslich so weit. ACS übernimmt mit 50,16 Prozent die Mehrheit an Hochtief. Florentin Perez ist am Ziel. Im selben Monat erhält Hochtief die Finanzierung für das 800 Mio Projekt in San Francisco. Noch in diesem Sommer sollte Real Madrid seine US-Tour beginnen, um seine Präsenz in den USA zu erhöhen.

Dass bis auf Khedira alle Spieler türkische Wurzeln haben, hatte einen weiteren Grund. Istanbul galt, neben Madrid und Tokio, zu jener Zeit am 23.05.2012 gab das IOC die drei Finalstädte bekannt - als aussichtsreicher Kandidat im Rennen um die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2020. Die Ausrichtung von Olympischen Spielen ermöglicht bekanntlich massive Investitionen in Infrastruktur. Allerdings gewann Tokio die Endabstimmung, Istanbul und ACS gingen leer aus.

Mit der Übernahme der Aktienmehrheit haben sich allerdings auch die Spielertransfers zur Sympathiegewinnung in Deutschland erledigt. Schritt für Schritt erfolgt eine Zerschlagung des deutschen Spielerrings. Im Sommer 2012 verliess Altintop den Verein, Sahin folgte in der Wintertransferperiode zunächst auf Leihbasis, um dann 2014 verkauft zu werden. Özil verlässt den Verein im Sommer 2013. Denn das nächste Geschäft wartet in Kolumbien.

ACS auf dem amerikanischen Kontinent

Drei Verpflichtungen von Real Madrid im Sommer 2014 stehen besonders im Fokus. Der Kolumbianer James Rodriguez, Keylor Navas aus Costa Rica und der Mexikaner Javier Hernández Chicharito.

James Rodríguez

James Rodriguez wird am 22.07.2014 vom AS Monaco verpflichtet. Fernando Carrillo Flórez, kolumbianische Botschafter für Spanien, nimmt an der Spielervorstellung teil, ein eher unüblicher Vorgand. Allerdings durchaus nachvollziebahr, denn drei Wochen später erhält ACS ein 682-Millionen-Auftrag der kolumbianischen Regierung, der am 12.09.2014 unterschrieben wird.

Vor der Verpflichtung von James Rodriguez galt lange, dass Falcao, ebenfalls Kolumbianer und im Jahr 2013 bei Reals Lokalrivalen Atlético Madrid unter Vertrag, ein Jahr nach dessen Wechsel zum AS Monaco, zu Real Madrid wechsle. De facto sollte der Spieler nur in Monaco geparkt werden, da eine Wechsel innerhalb Madrids in der Fanszene zu hohe Wellen geschlagen hätte, handelte es sich bei Falcao um das Aushängeschild von Atlético Madrid. Falcao verletzte sich bei Monaco allerdings schwer und der Wechsel platzte. Florentino Perez brauchte aber unbedingt einen kolumbianischen Fussballer, und so unterschrieb James Rodriguez für Abslösesumme von ca. 80 Mio. , einer Ablösesummer, die eines Starspielers würdig wäre, sicher nicht James Rodriguez.

Und die Glückssträhne von Herrn Perez in Kolumbien reisst nicht ab. Am 11.12.2014 gewinnt ACS zusammen mit der kolumbianischen Firma Episo eine Ausschreibung um einen 820 Mio. Auftraug zum Strassenbau in Kolumbien.

Javier Hernández

Die beste Zeit von Javier Hernández, genannt Chicharito, liegt einige Jahre zurück. Im Jahr 2011 noch Hoffnungsträger für seinen Verein Manchester United im CL-Finale gegen das Starensemble des FC Barcelona ( er sollte seiner Rolle nicht gerecht werden, Manchester unterlag mit 3-1) , spielte er in der Saison 2013/14 für Manchester United nur noch eine untergeordnete Rolle und kam über das Reservistendasein nicht hinaus. Überraschend, dass dieser Spieler in einem Last-minute Leihgeschäft kurz vor Ablauf der Transferperiode zu Real Madrid wechselt. Doch auch hier lässt die Erklärung nicht lange auf sich warten. Am 17.09.2014 wird bekannt, dass ACS (über das Tochterunternehmen Cobra) für den staatlichem mexikanischen Mineralölkonzern Petróleos mexicanos (PEMEX) den Ausbau einer Raffinierei übernehmen wird, dessen Gesamtwert auf ca. 871 Millionen geschätzt wird.

Keylor Navas

Am 03.08.2014 verpflichtet Real Madrid den Torwart Keylor Navas von UD Levante. Sportlich gesehen wiederum ein durchaus fragwürdiger Transfer, war doch Real Madrid mit Diego Lopez und Iker Casillas auf dieser Position bestens aufgestellt.

In Costa Rica, dem Heimatland von Keylor Navas , hat die Stiftung von Real Madrid im Januar 2013 mit der Unterstützung von Globalvia Ruta 27 eine Sport-Schule gebaut. Globalvia Ruta 27 ist der Lizenznehmer der San José Caldera Strasse. Einige Monate später, konkret am 30.10.2013 , kauft die Firma die Anteile von ACS an der U-Bahn von Sevilla. Bleibt abzuwarten wie sich die Verplfichtung von Keylor Navas auswirken wird, aber haben Sie keinen Zweifel, dass sich für ACS auch in diesem Land die Geschäfte gut entwickeln werden.

Asier Illarramendi und die Renovierung von Anoeta

Als Randnotiz soll noch der teuerste spanische Transfer in der 112-jährigen Geschichte von Real Madrid erwähnt werden. Randnotiz deshalb, weil es sich um einen sehr geringen Betrag handelt, der , im Vergleich zu den bereits erwähnten ACS-Aktivitäten fast schon lächerlich erscheint. Der Transfer passt allerdings herrlich in das Verhaltensmuster.

Am 20.07.2013 wechselte der U21-Nationalspieler Asier Illarramendi, bis dato nur Fussballexperten als talentierter Defensivpieler bekannt, für 38,9 Mio. von Real Sociedad San Sebastian zu Real Madrid. Der Transfer ist gleichzeitig für Real Madrid der teuerste spanische Kauf seiner Vereingeschichte und für San Sebastian der teuerste Verkauf seit seiner Gründung im Jahr 1909. Im Gegenzug erhielt ACS den Auftrag für die Renovierungsarbeiten des Stadions von San Sebastián (Anoeta). Ungefähre Auftragshöhe: 40 Mio..