Nach Miami-K.o.: Serena Williams und ihr stiller Protest

Von Ulrike Weinrich
Serena Williams hat noch viel Arbeit vor sich
© getty

Der Showdown bei den Miami Open endete mit einem Knalleffekt: Rekordsiegerin Serena Williams musste sich der 16 Jahre jüngeren Japanerin Naomi Osaka in der ersten Runde von Key Biscayne mit 3:6, 2:6 geschlagen geben. Die Amerikanerin reagierte auf ihre Weise: Sie flüchtete schnurstracks von der Anlage.

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Enttäuschung, Frust - und der Drang, einfach zu verschwinden. Serena Williams verarbeitete ihr frühes Aus beim Heimspiel in Miami auf ihre Weise. Unmittelbar nach dem Match gegen die frischgebackene Indian-Wells-Überraschungssiegerin Osaka floh die 36-Jährige aus dem Stadion, setzte sich in ein Auto und wurde aus dem Crandon Park nach Hause gebracht. Die übliche Pressekonferenz, eine Pflichtveranstaltung für die besten Profis der Welt, ließ sie ausfallen. Serena Williams schwieg lieber.

Und es wirkte wie ein stiller Protest gegen die Regularien der WTA, die besagen, dass eine Spielerin nach einer langen Pause zwar bei acht Turnieren ihr "Protected Ranking" einsetzen darf, um direkt ins Hauptfeld zu kommen. Allerdings ohne Setzung. Was beim Millionen-Spektakel im Sunshine State Florida zur Folge hatte, dass Williams - als Weltranglistenerste in die Babypause gegangen - gleich in der ersten Runde gegen die aufstrebende Osaka antreten musste.

Selbst Simona Halep kritisiert die WTA-Regeln für Mütter

Selbst Konkurrentinnen wie die derzeitige Branchenführerin Simona Halep hatten die Regel in diesen Tagen harsch kritisiert. "Serena müsste an eins gesetzt sein. Denn dort stand sie ja auch, als sie ging", erklärte die Rumänin. Halep-Trainer Darren Cahill hatte die WTA sogar aufgefordert, Mütter wie Williams "zu schützen" und bei ihrer Rückkehr auf die Tour "zu unterstützen".

Naomi Osaka indes war euphorisiert vom besonderen Erfolg über ihr Vorbild. Vor vier Jahren noch hatte sie die große Serena beim Turnier in Stanford als glühender Fan um ein Selfie gebeten. Mit Erfolg übrigens.

Osakas Ziel: "Ich wollte nicht 0:6, 0:6 verlieren"

"Sie war der Hauptgrund, warum ich mit dem Tennisspielen angefangen habe. Ich habe Serena so oft im TV gesehen und immer angefeuert. Es war schwierig, sich jetzt von der Vorstellung zu lösen, dass ich wirklich gegen sie spiele", erklärte Osaka und sagte über ihre Ziele vor dem Match: "Ich wollte Serena beeindrucken - und nicht 0:6, 0:6 verlieren. Und ich wollte sie zwingen, dass sie mindestens einmal 'C'mon!' ruft."

Das Vorhaben setzte der Schützling des Münchners Sascha Bajin auf dem Centre Court perfekt um. Osaka dominierte mit ihrer Power viele Ballwechsel und nutzte es aus, dass die 23-malige Grand-Slam-Siegerin in Sachen Fitness noch einen große Rückstand aufzuholen hat.

Der Matchball nach 1:17 Stunden war symptomatisch: Eine Vorhand, die Williams normal mit traumwandlerischer Sicherheit in der Ecke versenkt, segelte ins Aus. Es war ihr insgesamt 28. unerzwungener Fehler (16 Winner) - und ihre zweite Niederlage im vierten Match seit ihrem Comeback.

Lindsay Davenport attestiert Osaka Top-5-Niveau

Die vielleicht beste Tennisspielerin aller Zeiten hatte in den vergangenen 21 Jahren kein einziges ihrer Auftaktmatches bei einem US-Hartplatzevent verloren. "Für Serena war es Pech, dass sie gegen eine Spielerin antreten musste, die derzeit wie ein Profi aus den Top 5 agiert", sagte die frühere Nummer eins Lindsay Davenport beim US-SenderTennisChannel.

Ein paar Stunden nach Williams' Flucht verbreitete die WTA ein offizielles Statement der achtmaligen Miami-Gewinnerin, das mit "nichtssagend" vielleicht am treffendsten beschrieben ist. "Naomi hat ein großartiges Match gespielt. Ich werde zusehen, dass ich meine Rückkehr weiter vorantreibe, in dem ich mich jeden Tag verbessere", ließ sich Williams unter anderem zitieren.

Vielleicht wird sie eine Feststellung ihres "Fans" Osaka ein bisschen getröstet haben. "Serena hat eine Menge Power-Schläge gezeigt, von denen ich befürchtete, dass sie mich umhauen. Ich dachte: 'Whoa, das ist ein Serena-Schlag'", meinte die junge Japanerin voller Respekt für Williams. Andererseits: So etwas wird eine wie die ehemalige Branchenführerin nicht wirklich aufbauen können.

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