Angelique Kerber spielt wieder mit der Musik

Angelique Kerber auf den Spuren von 2016
© Jürgen Hasenkopf

Nach einem an den Maßstäben von 2016 gemessen durchwachsenen letzten Jahr hat Angelique Kerber seit Saisonbeginn wieder den Anschluss an die absolute Weltspitze gefunden.

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Von Jörg Allmeroth aus Dubai

Angelique Kerber hatte am Montag extra noch eine abendliche Trainingsschicht eingelegt, um sich an die Platzverhältnisse zu später Stunde in Dubai zu gewöhnen. Die 30-jährige Kielerin, deren Jahr so stark und überzeugend begann, überlässt in diesen Tagen erst recht nichts dem Zufall. Und die akribische Vorbereitung mit Coach Wim Fissette war mehr als lohnenswert und wie gewünscht erfolgreich: Nur eine Stunde brauchte Kerber in der Nachtshow des Dienstags, beim Ernstfall auf dem Centre Court, um die Tschechin Barbora Strycova mit 6:2 und 6:1 zu bezwingen: "Ich spüre im Moment einfach großes Selbstvertrauen. Das merkt man meinem Spiel auch an", sagte die Weltranglisten-Neunte, die nun am Mittwoch etwa gegen 13 Uhr deutscher Zeit gegen die italienische Qualifikantin Sara Errani in der Zeltdach-Arena anzutreten hat. Auch dabei will und wird Kerber vor allem auf eins setzen: auf Aggressivität, Mut und Entschlossenheit. Und den Willen, sich mit dem eigenen, vorwärtsgewandten Spiel durchzusetzen.

Kerber hatte im letzten Jahr bei den Dubai Duty Free Championships einen Lichtblick in der allgemeinen Düsternis gesehen, damals war sie nach verkorkstem Saisonstart in der Glitzermetropole am Golf bis ins Halbfinale gelangt. 2018 ist Kerber nicht mehr wie vor Jahresfrist eine der Spielerinnen, die auf den Plakatwänden für das Turnier werben und im absoluten Mittelpunkt auch des medialen Interesses stehen - doch Kerber behagt diese Rolle durchaus, sie kommt gern aus der Deckung, im Fußball würde man wahrscheinlich sagen: aus der Tiefe des Raumes. Gemeint ist eigentlich dies: Kerber kann sich abseits der ständig drängenden Terminverpflichtungen wie etwa für eine Nummer eins-Frontfrau aktuell ganz auf die Entwicklung ihres Spiels konzentrieren. Man glaubt ihr sogar, wenn sie dieser Tage sagt, diese oder jene Platzierung in der Weltrangliste interessiere sie "nicht wirklich": "Es ist zwar schön, wenn man so schnell wieder in die Top Ten gekommen ist. Aber es ist auch nichts, was einen dauernd beschäftigt. Was zählt, sind gute Matches. Und ein Spiel, das sich weiter verbessert."

Routineaufgaben, die ihr letztes Jahr so schwer fielen, erledigt Kerber wieder mit Souveränität und großem Fokus. Gegen die durchaus unbequeme Strycova ließ sie nie einen Zweifel am Sieg aufkommen. In der Endphase konnte sich die 30-jährige sogar einige Experimente erlauben, ab und zu preschte sie zur Überraschung ihrer Gegnerin plötzlich ans Netz vor, bejubelte gewonnene Offensivpunkte mit geballter Faust. "Es ist wichtig, neue Elemente ins Spiel einzubauen, nicht berechenbar zu sein", sagte Kerber später. Mit dem Erfolg verbesserte sie ihre Jahresbilanz nun auf 13:2-Siege - wobei die Erfolge beim Hopman Cup in Perth nicht eingerechnet sind. In Dubai geht es für Kerber auch darum, weiter Terrain im Kampf um eine WM-Teilnahme zu gewinnen, gegenwärtig liegt sie in der Jahreswertung ja auf Platz 3. Zur Erinnerung: Im letzten Jahr endete die Kerber-Saison trist beim B-Championat in Zhuhai. Sie war dort schon frustriert abgereist, als Landsfrau Julia Görges den Pokal gewann. Aber 2017 liegt weit zurück für Kerber, sehr weit sogar. Nun spielt die Musik wieder mit ihr.

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