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NFL - Free Agent Dez Bryant: Warum das Dez-Interesse?

Von Pascal De Marco
Dez Bryant hat seit drei Spielzeiten keine 1.000-Yard-Saison mehr aufgelegt.
© getty

Nach acht Jahren bei den Dallas Cowboys ist Dez Bryant in dieser Offseason entlassen worden. Der Ruf des ehemaligen All-Pros hat nach mehreren enttäuschenden Jahren gehörigen Schaden genommen, doch sollte Bryant viele Receiving Corps in der Liga eigentlich immer noch klar verbessern können. Dennoch findet der Free Agent keinen passenden Abnehmer oder lehnt unpassende Angebote ab. SPOX erklärt die Situation von Dez Bryant.

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Als der stellvertretende Beauftragte für Spieler-Personal bei den Cowboys, Will McClay, kürzlich in einem ESPN-Interview Rede und Antwort stand, erklärte er, dass "mehrere Faktoren zusammengespielt" haben, als es um die Entscheidung ging, Bryant zu entlassen. Er habe "Probleme, Eins-gegen-Eins-Situationen und Downfield-Duelle zu gewinnen. Die Inkonstanz hat seinem Spiel definitiv geschadet. Es war das beste für alle Beteiligten und eine auf der Leistung des Spielers basierende Entscheidung."

Bryant, der in seiner Prime ein absoluter Elite-Receiver war, steht seit April ohne Arbeitgeber da. Die Touchdown-Maschine, die von 2011 bis 2014 einen NFL-Bestwert von 50 Scores in diesem Zeitraum aufgestellt und in den drei Spielzeiten durchschnittlich 84 Receptions für 1.216 Yards gefangen hat, trainiert seitdem für sich alleine oder in Einzel-Workouts mit befreundeten Receivern.

Der Wideout, der einst durch die rare Kombination aus Körpergröße und -kontrolle sowie Explosivität für gegnerische Verteidiger nicht zu kontrollieren war, stellt heute ein für viele Teams zu riskantes Investment dar. Die exorbitanten Gehaltszahlungen, die die Cowboys dazu veranlasst haben, sich vom 16,5 Millionen Dollar gegen den Cap zählenden Bryant (Dallas sparte mit dem Cut 8,5 Millionen Dollar gegen den Cap) zu trennen, sind aber nicht der einzige Grund, warum er derzeit noch Free Agent ist.

Dez Bryant: 2017 Platz 47 unter Wide Receivern

Der extravagante und immer wieder aufbrausende Wideout hat seit 2014 keine 1.000-Yard- oder 10-Touchdown-Saison mehr aufgelegt. Dem 29-Jährigen waren in der jüngeren Vergangenheit nicht nur das zunehmende Alter, durch welches er seine athletischen Vorteile gegen gegnerische Verteidiger verloren hat, sondern auch eine Serie an Rücken- und Unterkörper-Verletzungen zum Verhängnis geworden.

Bryant schien auf dem Platz darüber hinaus nie wirklich eine funktionierende Beziehung zum neuen Franchise-Quarterback in Dallas, Dak Prescott, aufbauen zu können. Doch als Prescott 2016 das Ruder anstelle von Tony Romo übernommen hatte, hat sich nicht nur der Quarterback, sondern auch die gesamte Offense immer Run-lastiger und zugunsten von Running Back Ezekiel Elliott entwickelt.

Für Dez, der in der abgelaufenen Saison in allen 16 Spielen zum Einsatz kam, bedeutete dies 69 Receptions für 838 Yards und 6 Touchdowns. Keine schlechten Zahlen, doch angesichts des Monster-Vertrages für die Cowboys ein viel zu teures Unterfangen. Die von Football Outsiders gezählten 10 Drops sprachen bei der Entscheidung darüber hinaus wohl genauso wenig für Bryant wie die Pro-Football-Focus-Note von 75,2 und somit Platz 47 unter den Wideouts in der letzten Saison.

Der Produktions-Schwund bei Dez Bryant

JahrTeamSpieleReceptionsYardsAverageTouchdowns
2012Cowboys16921.38215,012
2013Cowboys16931.23313,313
2014Cowboys16881.32015,016
2015Cowboys93140112,93
2016Cowboys135079615,98
2017Cowboys166983812,16

 

Überschätzt Dez Bryant seinen Marktwert?

Das Oklahoma-State-Produkt ist aktuell trotz der jüngsten Schwierigkeiten der Top-Free-Agent unter den Receivern auf dem offenen Markt und steht auch weiterhin zur Verfügung, nachdem er vom Angebot der Baltimore Ravens offenbar nicht überzeugt genug gewesen ist. Die nach Hilfe auf der Wideout-Position lechzende Franchise soll Bryant einen Drei-Jahres-Vertrag über 21 Millionen Dollar geboten haben. Für Dez war dies wohl nicht ausreichend.

Er nämlich scheint überzeugt davon zu sein, dass es noch genug Angebote geben wird, obwohl die Zeit seiner Entlassung nicht gerade glücklich gewesen ist. Nach der Free Agency und nach dem Draft sind Teams in ihren Planungen bereits weit fortgeschritten und schulen ihre Offense entsprechend den Spielern, die sie bislang in der Off-Season akquiriert haben.

In einem Tweet erklärte Bryant, dass er es jedoch "kein bisschen" bereuen würde, das Angebot der Ravens abgelehnt zu haben, obwohl er es "sehr zu schätzen weiß". Bryant scheint seinen Marktwert gerade etwas über zu bewerten. Teams, die ihm das von ihm geforderte Gehalt zahlen würden, gibt es nicht gerade zu Hauf. Und was kann Bryant ihnen überhaupt noch bieten?

"Dez ist nie wirklich gedeckt, selbst wenn er gedeckt ist"

An diesem Punkt in seiner Karriere muss Bryant vermehrt über Hitch- oder Comeback-Routes, Nine-Route-Jump-Balls oder Slants eingesetzt werden. Und auch wenn Bryant aktuell an seinem Route-Running arbeitet, sollte sein Fokus darauf liegen, bei einem Team mit einem erfahrenen Quarterback unter zu kommen. Einem Quarterback, der keine Angst davor hat, den Ball zu ihm zu werfen.

Das nämlich ist der Schlüssel, um Dez' Fähigkeiten voll zum Zuge kommen zu lassen. So zumindest einer, der es am besten wissen muss. Denn wie Bryants Ex-Quarterback Romo zuletzt im Star-Telegram erklärte: "Dez' besondere Stärke liegt über ihm", so Romo. "Ich habe nie einen Typen gesehen, vielleicht noch Calvin Johnson, aber nie habe ich wirklich einen Typen gesehen, der derartige Dinge machen kann. Eine seltene Qualität, die er immer noch hat. Er ist selbst dann nicht wirklich gedeckt, wenn er eigentlich gedeckt ist."

Zwar mag Bryant nicht mehr schnell genug sein, um Seperation zu kreieren, doch weiß er noch ganz genau, wie er seine Sprungkraft einsetzen und beispielsweise einen Ball in der Endzone überhalb des Cornerbacks für sich beanspruchen kann. Und nicht zu vergessen: Bryant ist einer DER Clutch-Receiver in der Geschichte des Spiels.

Im vierten Viertel oder der Overtime eines One-Possession-Games hat Dez schon 16 Touchdown-Pässe gefangen. Seit dem NFL-Zusammenschluss 1970 ist dies nur vier weiteren Wideouts gelungen!

"Wenn du den Ball an einer bestimmten Stelle platzierst, dann wird er ihn immer bekommen", definiert Romo weiter. "Das macht es deiner Offense durchaus einfacher. Ein Pass über 15-20 Yards, der 3 Yards über ihm liegt, daran kann nur er kommen und niemand anderes. Daran habe ich hart und lange mit ihm gearbeitet."

Dez Bryant: Die möglichen Landing-Spots

Green Bay Packers

Es gibt wohl keinen Quarterback, der Bryants Fähigkeiten besser zur Geltung bringen kann, als Aaron Rodgers. Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, wie Rodgers Dez auch in enger Coverage in Szene setzt und ihn via Back Shoulder Fades oder Tear Drops in der Endzone findet.

Der jüngst zurückgetretene Jason Witten wählte die Packers als den am idealsten für Bryant geeigneten Landing Spot: "Ich denke, dass Bryant in der NFL immer noch mit den besten Receivern mithalten kann. Eine Offense mit ihm, Jimmy Graham und Aaron Rodgers kann eine Menge Punkte auflegen."

Eine Kombination aus den sich ähnelnden Skill-Sets von Bryant und Graham könnte Defenses vor große Probleme stellen, doch müsste sich Bryant mit einer situativen Rolle zufrieden geben, weil nun mal auch Davante Adams und Randall Cobb zum Packers-Depth-Chart gehören. Und außerdem zweifelte Rodgers selbst zuletzt: "Ich wüsste nicht warum man Jordy Nelson gecuttet hätte, wenn man einen Veteranen-Receiver haben will."

Indianapolis Colts

Sollte Andrew Luck es rechtzeitig zurück auf das Football-Feld schaffen, so wird er in T.Y. Hilton einen Top-Receiver anwerfen können. Ansonsten aber besteht das Colts-Receiving-Corps aus einer Menge Fragezeichen. Sie brauchen mehr Breite und Talent.

Bryant würde sich in der Division mit den besten Secondaries messen können, die die NFL zu bieten hat. Er könnte seine Größen-Vorteile in Post-Up-Duellen ausspielen und mit einem gesunden Luck auch den richtigen Quarterback an seiner Seite haben, aber eben auch nur mit einem gesunden Luck.

Los Angeles Chargers

Die Chargers mussten jüngst in der Kreuzband-Verletzung von Hunter Henry die erste Schock-Meldung der Saison hinnehmen. Und das ausgerechnet und gerade einmal nach ein paar Wochen, nach dem man sich von Philip Rivers' stets geliebtem Target Antonio Gates getrennt hatte.

Eines ist nun klar. Die Chargers brauchen Größe in ihrem Receiving-Corps. Bryant würde hier eine Ideal-Lösung darstellen und ihn an der Seite von einen der furchtlosesten Passern der gesamten Liga platzieren. Ein weiterer Faktor, der für Bryant spricht, ist die Harmlosigkeit, die den Bolts in der Red Zone im letzten Jahr geschadet hat.

In Sachen Red-Zone-Prozentuale schloss man die Saison auf Platz 28 ab. Dez neben Keenan Allen und dem Hoffnungsträger Mike Williams könnte durchaus Abhilfe schaffen. Außerdem würde Bryant als Big-Name-Player, der endlich für ein wenig Feuer in der neuen Fan-Base in L.A. sorgt, nicht schaden.

San Francisco 49ers

Dies ist ganz offensichtlich Bryants Lieblings-Destination. Und diese Aussage basiert nicht alleine auf einer Vermutung. Auf eine Frage auf einen Post auf seinem Instagram-Kanal, wo er denn am liebsten in der nächsten Saison spielen wollen würde, antwortete Dez kurz und knapp: "49ers"

Die Niners hätten zwar sogar den Cap Space, um Bryants verrückteste Gehaltswünsche zu erfüllen, doch haben sie aktuell schon elf Receiver in ihrem Roster. Neben Pierre Garcon und Marquise Goodwin haben sie unter anderem zwei weitere Wideouts im Draft verpflichtet.

Doch Bryant könnte auch in San Francisco für dringend benötigte Red-Zone-Unterstützung sorgen. Fünf der sechs Scores von Bryant kamen nämlich hier zustande. Er war einer der besten Red-Zone-Receiver der Liga und gäbe der zweitschlechtesten Red-Zone-Offense des letzten Jahres somit Grund dazu, mehr Zeit über ihn als Option nachzudenken, als Bryant seinem Kommentar gab, bevor er ihn wieder löschte.

Dez Bryant: Auch 2019 wieder Free Agent?

Für welche Option sich Bryant am Ende des Tages auch immer entscheiden mag. Er erklärte bereits, in der nächsten Saison nur unter einem Ein-Jahres-Vertrag spielen zu wollen. Bryant möchte sich beweisen und 2019 erneut in die Free-Agency eintreten.

Eine Verpflichtung würde für Teams dementsprechend den Vorteil haben, dass sie nur ein geringes Risiko mit sich bringt. Für alles andere bedeutet es, dass die Saga um Dez Bryant, selbst wenn sie demnächst zu einem Ende kommen mag, uns bald schon wieder bevor steht.

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