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Kidd-Deal perfekt!

Von Florian Regelmann
NBA, Nowitzki, Kidd, Dallas
© Getty

München - Der längste Trade aller Zeiten ist endlich in trockenen Tüchern. Jason Kidd ist ein Maverick. Das bestätigte Mavs-Boss Mark Cuban. Zusammen mit den Forwards Malik Allen und Antoine Wright wechselt Kidd nach Texas.

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Im Gegenzug erhalten die New Jersey Nets Devin Harris, DeSagana Diop, Trenton Hassell, Maurice Ager, Keith van Horn, zwei Erstrunden-Draft-Picks (2008 und 2010) sowie drei Millionen Dollar.

Eigentlich könnte jetzt Ruhe einkehren in Dallas. Eigentlich. Denn, wenn das stimmt, was die "New York Post" berichtet, dann ist bei den Mavs bald richtig die Hölle los.

Cuban gibt Nowitzki nicht ab 

Es ist mit Vorsicht zu genießen, denn der Autor des Artikels, Peter Vecsey, gilt als Feind von Cuban. Dallas-Headcoach Avery Johnson soll nach dem Playoff-Desaster vergangene Saison gegen die Golden State Warriors genug von Dirk Nowitzki gehabt haben. Frustriert über dessen fehlende Führungsqualitäten wollte Johnson seinen MVP, den wertvollsten Spieler der NBA, angeblich traden.

Cuban, für den Nowitzki, den er liebevoll "Dirty" nennt, mehr als nur ein Spieler, ja ein Freund ist, soll das rigoros abgelehnt haben.

Nowitzki ist weiter in Dallas, aber immerhin das Leader-Problem der Mavericks sollte durch Kidd gelöst sein. Der 34-jährige ist nicht nur eine lebende Triple-Double-Maschine, sondern mental stark, ein echter Anführer auf dem Feld. Genau das, was den Mavs seit Jahren fehlt.

Zwar passt er nicht hundertprozentig in Johnsons Anforderungsprofil, Kidd ist wahrlich kein Waisenknabe, aber für das Ziel Championship muss man eben Kompromisse eingehen.

Panik-Deal der Mavs? 

Mit der Verpflichtung von Kidd sehen die Mavs wieder große Chancen, diese Saison den großen Wurf zu landen. "Es gibt keine schönere Belohnung als die Championship-Trophy in den Händen zu halten. Dafür bin ich hier", so Kidd bei seiner Präsentation in Dallas.

Schaut man sich den Trade einmal genauer an, stellt man schnell fest, dass Dallas mit dem Trade ein enormes Risiko eingeht.

Es hat den Anschein, als ob Cuban nach einigen schwachen Leistungen der Mavs - in New Jersey, in Philadelphia - endgültig die Panik gepackt hat. Er konnte nicht mehr tatenlos zuschauen, wie die Konkurrenz aufrüstete.

Die Phoenix Suns holten Shaquille O'Neal, die Los Angeles Lakers verstärkten sich ohne dafür auch nur ein bisschen abgeben zu müssen mit Pau Gasol. Die Utah Jazz hatten zuvor mit dem Trade für Kyle Korver schon einen geschickten Schachzug unternommen.

Die San Antonio Spurs können es sich als amtierender Champion leisten, die Füße still zu halten. Ihr Team ist auch so gut genug, aber die Mavs mussten handeln.

Fragwürdige Entscheidung 

Es ist verständlich, dass sie ihre Bemühungen, um Kidd intensivierten. Aber so viel für ihn abzugeben?

Vor der Saison unterschrieb Harris in Dallas einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag über 43 Millionen Dollar. Der 24-Jährige sollte einer der Eckpfeiler für die Zukunft sein. Bei allen Trade-Diskussionen machte Cuban deutlich: Hände weg von Harris, er ist nicht zu haben.

Nun ist er weg. Die Nets dürfen sich freuen. Allein ein Trade von Kidd für Harris, ohne das andere Begleitpersonal, ist mindestens fragwürdig. Natürlich ist der erfahrene Kidd der weitaus bessere "klassische" Point Guard. Tougher, der viel bessere Passer und Rebounder. Kidd macht seine Mitspieler besser. Nowitzki, Josh Howard und Jason Terry sollten profitieren. Außerdem wird er Dallas neue, dringend benötigte Energie geben. Viel Positives. 

Dennoch: Schießen konnte Kidd noch nie und diese Saison ist seine Wurfquote (36,6 Prozent) besonders bemitleidenswert. Wenn man vorher Nowitzki gedoppelt hat, dann ist ein frei stehender Kidd nun sicher kein Grund, dies zu ändern.

Harris wird vermisst werden  

Harris erzielt in weniger Spielzeit durchschnittlich über drei Punkte mehr als Kidd (14,4 zu 11,3), überzeugt mit einer guten Trefferquote (48,3 Prozent) und mausert sich auch immer mehr zu einem passablen Gestalter (5,3 Assists pro Spiel).

Noch viel wichtiger: Harris ist zehn Jahre jünger als Kidd und Lichtjahre schneller. Das ist offensiv ein Faktor, aber vor allem defensiv ein Schlüssel, wenn man im Westen weit kommen will. Wer will nun vor allem gegen Tony Parker, aber auch gegen Steve Nash, Chris Paul, Allen Iverson oder Deron Williams effektiv verteidigen. Kidd sicher nicht. Er hat seine Stärken gegen größere Guards. J.J. Barea sicher auch nicht. Ein großes Problem.

Nicht nur das. Auch der Weggang von Diop ist nicht zu unterschätzen. Momentan ist der einzige Center im Kader Erick Dampier. Äußerst dünn gegen Tim Duncan, Shaq, Andrew Bynum oder Yao Ming. Man will noch reagieren, aber der Markt gibt nicht viel her.

Mavs nicht besser als Suns, Lakers oder Spurs 

Außerdem geben die Mavs auch noch zwei wertvolle Picks ab. Es macht zwar Sinn, die Zukunft etwas zu opfern. Jetzt hat man schließlich die Chance auf den Titel. Dafür muss man alles unternehmen.

Aber es macht nur Sinn, wenn man nach dem jeweiligen Trade dann auch sagen kann, dass man dadurch das beste Team der Liga ist. Und das sind die Mavs auch mit Kidd eher nicht. Die Suns, Lakers und Spurs sind stärker. Eventuell sogar die Jazz, die New Orleans Hornets und die Denver Nuggets.

Es bleibt abzuwarten, ob Dallas keinen großen Fehler gemacht hat. Eines steht aber jetzt schon fest: Dieser Trade war teilweise eine Lachnummer.

Zumindest einer aus dem Mavs-Management hätte von der "Larry-Bird-Klausel" im Vertrag von Devean George wissen und vorher alles abklären müssen.

Danach schritt die NBA ein, weil Jerry Stackhouse schon mal klar machte, dass er eh nicht für die Nets spielen, sondern einfach regelgemäß 30 Tage warten und wieder in Dallas sein werde.  Wie gesagt, völlig regelkonform, aber dennoch ein Witz.

NBA muss handeln  

Stackhouse musste aus dem Deal genommen werden. Zu guter Letzt wurde das Geschäft nun dadurch perfekt gemacht, dass mit van Horn ein schon zurückgetretener Spieler wieder aktiviert wurde. Ähnlich war der Fall bereits beim Gasol-Trade der Lakers, in dem Aaron McKie nach Memphis musste. Obwohl er in Phildelphia bereits seine Trainerkarriere begonnen hatte.

McKie läuft natürlich nicht für die Grizzlies auf. Ob van Horn wirklich wieder spielt oder ob er nur ein paar Wochen den Anschein machen wird, um sein Gehalt zu kassieren, wird eine spannende Geschichte.

Um es sehr überspitzt zu formulieren: Werden als nächstes auch nicht mehr lebende Spieler getradet? Oder die Rechte an Nowitzkis Kindern? Nur damit es alles unter den komplizierten Salary Cap passt? In Sachen Trade-Regularien muss sich einiges ändern in der NBA.

In Dallas richten sich nun alle Augen auf den 8. März. Dann kommt Harris mit seinen Nets ins American Airlines Center. Kidd muss beweisen, dass er in der Western Conference Erfolg haben kann. Er hatte zwar damals keinen Nowitzki an seiner Seite, aber in seinen fünf Jahren in Phoenix gewann er mit den Suns nur acht von 25 Playoff-Partien.

"Wir wissen, dass die Konkurrenz stark ist, aber wir haben keine Angst. Wir glauben, dass Jason uns helfen wird, Spiele besser zu beenden. Er weiß einfach, wie man gewinnt", so Johnson über Kidd, der in Dallas die Nummer 2 tragen wird. Aus Sicht aller Mavs-Fans bleibt zu hoffen, dass er Recht behält. Ansonsten könnte es bitter werden.   

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