"Ich habe auf die Hupe gehauen"

Paderborns Manager Michael Born wird nach dem Aufstieg auf Schultern getragen
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SPOX: Hatten Sie das Gefühl, dass die Mannschaft lange Zeit unterschätzt wurde?

Born: Nicht wirklich. Auch in der 2. Liga wird gut beobachtet (lacht). Peter Stöger hat es nach dem Sieg in Köln auf den Punkt gebracht. Er meinte: Paderborn hat einen klaren Plan. Jeder weiß eigentlich, wie der aussieht, aber keiner kann ihn verhindern.

SPOX: Anschließend fertigte man Bielefeld im Derby mit 4:0 auf und kletterte erstmals auf den Relegationsplatz. War Platz drei zu diesem Zeitpunkt der Saison etwas, was man aufgrund der Relegationsspiele irgendwie am liebsten auch vermeiden wollte?

Born: Wir haben in der Kommunikation nach außen während der gesamten Rückrunde bewusst gesagt, dass wir immer nur von Spiel zu Spiel schauen. Ganz einfach deshalb, weil wir uns eine Saison, in der wir möglicherweise auch auf Platz vier oder fünf landen könnten, nicht kaputt machen wollten, weil wir die Erwartungen selbst unnötig hoch schrauben. Zumal unsere Bedingungen verglichen mit den Mitkonkurrenten viel schlechter waren. Wieso hätten wir uns also unter Druck setzen sollen?

SPOX: Was haben Sie selbst gedacht?

Born: Wenn man dort oben steht, gehen einem natürlich Gedanken durch den Kopf. Gerade in den letzten Wochen der Saison war es schon so, dass ich mir dachte: Wäre schon klasse, wenn wir es jetzt vielleicht doch einfach gleich direkt in die Bundesliga schaffen (lacht).

SPOX: Der direkte Aufstiegsplatz hing nach dem 31. Spieltag am seidenen Faden. Trotz zweifacher Führung spielte man nur Unentschieden gegen den Tabellenzweiten aus Fürth, der Ausgleich zum 2:2 fiel in der Nachspielzeit. Wie war Ihnen damals zumute?

Born: Ich wurde ja auf die Tribüne verwiesen. Da wissen Sie, was in mir los war. Es war eine unsägliche Fehlentscheidung von Schiedsrichter Manuel Gräfe, das Tor zum 2:2 nicht abzupfeifen. Ilir Azemi hatte Marc Vucinovic zuvor ganz eindeutig geschubst. Ab da haben wir begonnen, den HSV als möglichen Relegationsgegner genauer zu beobachten. Zumal wir die nächste Partie in Aue zu bestreiten hatten, die in der Rückrunde kein einziges Heimspiel verloren.

SPOX: Zwei Tage vor der Partie im Erzgebirge fand noch das Freitagspiel zwischen Fürth und 1860 statt, das die Franken mit 1:2 zu Hause verloren.

Born: Wir waren damals schon in Kontakt mit Moritz Stoppelkamp. Wir haben ihm im Spaß gesagt: Wenn du wirklich zu uns kommen willst, dann gib am Freitag mal so richtig Gas (lacht).

SPOX: Wo haben Sie die Partie verfolgt?

Born: Ich war in Bochum im Stadion und habe das Spiel in Fürth per Live-Ticker auf dem Handy verfolgt. Fünf Minuten vor Spielende bin ich dann Richtung Auto gegangen, um ohne großen Verkehr nach Hause zu kommen. Ich stand an einer Ampel, als ich eine Push-Meldung aufs Handy bekam. Die kommt ja nur, wenn ein Tor fällt. Ich dachte nur: Oh Gott, jetzt hat Fürth doch noch das Siegtor geschossen!

SPOX: War aber nicht.

Born: Was glauben Sie, wie mich die anderen Autofahrer an der Ampel angeschaut haben? Ich habe auf die Hupe gehauen und wie wild gejubelt. Ich war ja allein und hatte niemanden, dem ich um den Hals hätte fallen können.

SPOX: Paderborn gewann dann auch in Aue und musste am 34. Spieltag das Heimspiel gegen den VfR Aalen unbedingt gewinnen, um direkt aufzusteigen. Was dachten Sie, als man dann nach bereits neun Minuten in Rückstand geriet?

Born: Am Tag vor dem Spiel hat mich Jens Westen von "Sky" angerufen, der uns die Saison über sehr oft als Moderator begleitet hat. Er meinte, dass wir gegen Aalen auf keinen Fall in Rückstand geraten dürfen, weil die mehr als 25 Spiele in Folge nach eigener Führung nicht mehr verloren hatten. Und dann klingelt's schon nach neun Minuten. Als wir das Spiel relativ schnell drehen konnten, sind zentnerschwere Lasten von mir gefallen.

SPOX: Wie fühlte sich denn die enorme Drucksituation vor dem Spiel an?

Born: Wir haben den Ablauf nicht verändert, aber waren alle natürlich extrem angespannt. Wobei ich sagen muss, dass das Mittagessen in Aue am Spieltag zuvor besonders schlimm war. Da saßen alle nur da, haben sich angeguckt und nichts gesagt. Kaum einer hatte Appetit.

SPOX: Nach dem 2:1 gegen Aalen und dem vollbrachten Aufstieg kam es zu Feierlichkeiten, die die Stadt so noch nicht gesehen hat. Wie feuchtfröhlich ging es zu?

Born: Sehr (lacht). Die Feier war unvergesslich. Ich habe es ja 2005 nach dem Aufstieg in die 2. Liga miterlebt. Da standen wir auch auf dem Rathausbalkon und es waren 5000, 6000 Fans da. Damals konnte man aber noch Pflaster sehen, wenn man die Westernstraße hinauf geblickt hat. Diesmal habe ich mit einem befreundeten Polizisten gesprochen und der sagte mir, sie hätten die Stadt schon um 19 Uhr absperren müssen. Die Massen waren für Paderborner Verhältnisse einfach unglaublich.

SPOX: Wer hat sich denn als größter Partymacher herausgestellt?

Born: Im Grunde genommen die gesamte Mannschaft. Und es ging ja noch weiter: Wir haben rund acht Wochen davor nach einem Sieg aus der Laune heraus angekündigt, geschlossen nach Mallorca zu fahren, wenn wir tatsächlich aufsteigen. Das waren dann auch drei Tage, die man nie vergessen wird.

SPOX: Können Sie sich überhaupt noch daran erinnern?

Born: Der erste Abend war sehr heftig. Vom Rest weiß ich aber noch alles (lacht). In meinem Alter wird man ja immer vernünftiger.

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