Neuner mit Missgeschick, Peiffer Zweiter

SID
Magdalena Neuner brachte sich durch Unkonzentriertheiten am Schießstand um ihre Siegchancen
© Getty

Vier Treffer auf die falsche Scheibe: Ein Missgeschick für die Biathlon-Geschichtsbücher hat Magdalena Neuner den sicher geglaubten Sieg beim Weltcup in Nove Mesto gekostet und der sonst so fröhlichen Rekordweltmeisterin Tränen der Wut ins Gesicht getrieben.

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"Das ist mir noch nie passiert. Ich hab mich auf die Scheibe eingerichtet, den Blick stur nach vorne und einfach nicht geschaut, was für eine Zahl über der Scheibe drüber steht", erzählte die Wallgauerin, die im Jagdrennen beim Sieg von Tora Berger (Norwegen) immerhin noch Siebte wurde und ihr Gelbes Trikot der Gesamtführenden verteidigte.

Auch das Jagdrennen der Männer endete dramatisch. Arnd Peiffer kam beim Sieg des Russen Anton Schipulin zwar nur als Fünfter ins Ziel, war aber eine Strafrunde zu viel gelaufen und erhielt 20 Sekunden Gutschrift, was Platz zwei bedeutete.

"Eine Schießscheibe war defekt und hat den korrekten Treffer deshalb nicht ausgelöst", sagte der deutsche Bundestrainer Mark Kirchner.

Neuner hatte sich da schon zum Ärgern in das Teamhotel "Sport" wenige hundert Meter neben dem Stadion abgemeldet. "Oh ja, der richtige Ärger kommt erst noch. Ich bin so enttäuscht und werde mich wohl auch heute Abend noch ärgern", sagte die Rekordweltmeisterin.

Trainer Hönig durfte nicht eingreifen

In der entscheidenden Situation des ersten Stehendschießens, stand Neuner klar in Führung liegend auf Schießstand 1 schoss aber wie ein Uhrwerk die Scheiben von Stand 2 runter.

"Ich habe durch mein Rohr geschaut, und da war alles schwarz. Ich dachte nur: Das gibt es doch nicht, ich hörte doch die Treffer", schilderte Gerald Hönig die Situation. "Ich habe nach dem zweiten Schuss hochgeschaut und gemerkt, was los ist. Aber ich darf nicht reinrufen, konnte einfach nichts tun", sagte der Coach.

Erst weil ihr der letzte Schuss beim Nachladen zu Boden fiel und sie die letzte Patrone einzeln nachladen musste, bemerkte Magdalena Neuner ihr Malheur. "Und dann dachte ich: na toll. Auf meiner Abschiedstour nehme ich aber auch wirklich alles mit." Neuner traf auch mit dem letzten Schuss, diesmal auf die richtige Scheibe. "Im Spaß könnte man sagen: 100 Prozent Treffer", merkte Co-Trainer Ricco Groß mit Galgenhumor an.

"Wut ist hinderlich beim Schießen"

Neuner rannte ihre vier Strafrunden runter, danach wie der Wirbelwind durch das Naturschutzgebiet des Ochozka-Waldes und stand sogar noch mit Siegchancen beim letzten Schießen am Stand. Dort aber blieben drei weitere Scheiben stehen.

"Ich hatte nur noch Wut, habe einfach auf die Scheiben drauf gepfeffert und gedacht: Fallt doch endlich um ihr blöden Scheiben. Da war keine Konzentration mehr vorhanden. Wut ist gut auf der Strecke. Aber Wut ist hinderlich beim Schießen."

Noch im Ziel nahm Hönig seinen diesmal gestrauchelten Superstar, der zuvor in elf Saisonrennen neunmal auf dem Siegerpodest (vier Siege) stand tröstend in die Arme. Und Cheftrainer Uwe Müssiggang winkte nur ab.

"Das ist auch schon Anderen passiert. Die Uschi (Disl) hat 2000 in Oslo dreimal auf die falsche Scheibe geschossen, ehe sie es gemerkt hat. Und das war bei der WM." Im Schatten von Neuners persönlichem Drama lief ihre Zimmergefährtin Miriam Gössner dank nur eines Fehlers bei 20 Schüssen von Sprintplatz 37 noch auf Rang 11 nach vorne. Andrea Henkel wurde Achte.

Defekte Scheibe bei Peiffer

"Ich hatte eigentlich gedacht, dass es ein Treffer war, aber die Scheibe blieb schwarz. Also bin ich in die Strafrunde abgebogen", schilderte Arnd Peiffer am Ende seine entscheidende Situation.

Sein Trainer reagierte prompt. Auf Hinweis von Mark Kirchner wurde die Scheibe untersucht und als defekt erkannt. Die Zeit-Bonifikation ist in solchen Fällen vorgeschrieben.

Die Jury setzte Peiffer gemeinsam mit dem Franzosen Martin Fourcade auf Rang zwei, dessen Bruder Simon Fourcade nahm als Vierter achselzuckend neben dem Siegerpodest Platz. Weltcup-Spitzenreiter Emil Hegle Svendsen (Norwegen), der am Vortag den Sprint gewonnen hatte, wurde nur Neunter, Andreas Birnbacher Zwölfter.

Weltverbandspräsident Anders Besseberg schätzte die Weltcup-Premiere im mährischen Bergland am Ende der Wettbewerbe als "exzellent" ein. Stadion und Strecken seien auf höchstem Niveau.

"Es gibt keinen Zweifel. Nove Mesto wird im nächsten Jahr eine sehr gute Weltmeisterschaft ausrichten", sagte der Norweger. Die Kleinstadt mit nur 10.000 Einwohnern ist im Februar 2013 erster tschechischer WM-Ausrichter in der Biathlon-Geschichte.

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