"Gönnen hat im Sport keinen Platz"

Thomas Röhler geht mit guten Medaillenchancen in die EM
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SPOX: Zunächst sah Ihr Werdegang allerdings nicht unbedingt nach dem eines Speerwerfers aus. In der Jugend begannen Sie mit Mehrkampf und Dreisprung. Wann fiel der goldene Entschluss, Speerwerfer zu werden?

Röhler: Zunächsthabe ich mit der ganz normalen leichtathletischen Ausbildung angefangen, dann kamen vor allem Sprungdisziplinen wie der Dreisprung hinzu. Zwar habe ich schon 2008 nebenbei sehr viel am Speerwurf gearbeitet, dieser rückte jedoch erst ein Jahr später endgültig in den Fokus.

SPOX: Das Speerwerfen hatte Sie also schon längere Zeit fasziniert?

Röhler: Definitiv. Zudem hat der Speerwurf bereits vorher sehr gut funktioniert und mir von Beginn an extrem viel Spaß gemacht. Da lag die Entscheidung, sich komplett darauf zu fokussieren natürlich nah.

SPOX: Welchen Anteil hatte Ihr ehemaliger Trainer Burkhard Looks?

Röhler: Er hat auf jeden Fall eine sehr große Rolle gespielt, schließlich war er zu diesem Zeitpunkt der Wurftrainer in Jena. Außerdem war Herr Looks derjenige, der mir immer wieder gesagt hat: "Komm, vergiss mal nicht das Speerwerfen, das könnte ganz gut funktionieren".

SPOX: Herr Looks verließ Jena im letzten Jahr in Richtung Potsdam. Trotz der vielversprechenden Zusammenarbeit blieben Sie beim LC. Warum?

Röhler: Um ehrlich zu sein, habe ich einen Standortwechsel nie wirklich in Erwägung gezogen. Neben den sportlichen Aspekten spielen schließlich auch andere Faktoren eine wichtige Rolle.

SPOX: Zum Beispiel das Umfeld? Sie wurden in Jena geboren, waren 2013 Sportler des Jahres der Stadt und halten den Landesrekord in Thüringen, kurzum Ihre Bindung zur Stadt und Umgebung scheint sehr groß.

Röhler: So ist es. Ich hatte nie das Gefühl, dass mir irgendetwas fehlen würde. Ganz im Gegenteil. Neben den sportlichen Bedingungen, mit denen ich zu keinem Zeitpunkt ein Problem hatte, auch wenn von Trainerseite in der Vergangenheit sicherlich das eine oder andere bemängelt wurde, spielt für mich vor allem das Drumherum eine Rolle. In erster Linie natürlich meine Familie, Freunde und das Studium, welches zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen hatte. Ein gutes Umfeld gibt Sicherheit. Diese ist für mich und meine Leistungen sehr wichtig.

SPOX: Sie haben die Kritik an den Trainingsbedingungen bereits angesprochen. Hat sich in dieser Hinsicht inzwischen etwas verändert?

Röhler: Natürlich schlägt gerade Kritik immer mediale Wellen, allerdings achte ich als Athlet eher weniger darauf. Für mich steht ganz klar die sportliche Seite im Vordergrund. Was damals unter anderem zur Debatte stand, war eine Halle für das Wintertraining. In diesem Punkt haben wir beispielsweise eine gute Lösung gefunden. Klar kann man immer etwas verbessern. Finnische Verhältnisse, bei denen man auch im Winter in der Halle extrem hoch und auf Weite werfen kann, existieren bei uns zwar nicht, dennoch bin ich zufrieden. Die Perspektive stimmt.

SPOX: Auf Burkhard Looks folgte Harro Schwuchow, ihr aktueller Wurftrainer. Die Zusammenarbeit scheint sehr gut zu funktionieren. Wie hat sich Ihr Training verändert?

Röhler: Da muss man differenzieren. Herr Looks hat mir das Speerwerfen praktisch beigebracht. Inzwischen bewegen wir uns hingegen im Detailbereich. Die größte Änderung ist in diesem Zusammenhang wohl mein Stand in der Trainingsgestaltung. Dieser hat sich stark verändert und ich nehme nun deutlich mehr Einfluss. Zudem bewegen wir uns auf einer sehr kommunikativen Ebene, bei der auch spontane Eingriffe in den Trainingsablauf und das gezielte Hinarbeiten auf Wettkämpfe erheblich leichter werden.

SPOX: Sie sprechen vom Hinarbeiten auf Wettkämpfe, haben Sie die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro schon im Kopf?

Röhler: Absolut. Jeder Sportler arbeitet doch auf eine solche Chance hin. Wir hatten es bereits 2012 versucht, allerdings kam das doch etwas zu früh. Sollte nichts geschehen, ist Olympia 2016 ganz klar das große Ziel.

SPOX:Um dieses zu erreichen bedarf es anscheinend mehr als der sportlichen Komponente. Seien es Ihre Homepage, Facebook oder Instagram, Sie treten überall sehr professionell auf. Inwieweit muss man sich in der heutigen Leichtathletik selbst vermarkten?

Röhler: Die Vermarktung ist sicherlich ein essentieller Aspekt. Die Leichtathletik verkauft sich häufig unter Wert. Wenn es Probleme gibt, eine ganze Sportart zu vermarkten, dann kann man dies zumindest mit den Typen dahinter tun. Es macht mir außerdem Spaß, meine Sportart und mich entsprechend zu präsentieren.

SPOX: Zudem studieren Sie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena Wirtschaft und Sport. Viel vom sagenumwobenen Studentenleben dürften Sie aufgrund Ihrer sportlichen Karriere allerdings nicht mitbekommen. Wie sieht es mit Partys, Alkohol und Freizeit aus?

Röhler: In diesem Kontext steht immer die Frage im Vordergrund, was man persönlich möchte und was einen selbst glücklich macht. Ein normaler Student will seinen Abschluss und dazu eine schöne Lebensphase. Gleiches gilt für mich. Mit dem Unterschied, dass sich die Lebensphase bei mir durch den Sport definiert. Dafür können andere Dinge gerne in den Hintergrund treten.

SPOX: Mit dem Spagat zwischen Studium und Sport scheint es auf jeden Fall gut zu klappen.

Röhler: Ich würde jetzt allerdings nicht sagen, dass ich beides gerade im Sommer zu 50 Prozent teile. Natürlich nimmt gerade in dieser Zeit der Sport mehr Platz ein, allerdings verschiebt sich das ganze dafür dann im Winter etwas in die andere Richtung. Alles in allem funktioniert es bisher sehr gut.

SPOX: Was macht Thomas Röhler, wenn er neben Sport und Studium doch noch etwas Freizeit findet?

Röhler: Zum Beispiel fotografiere ich leidenschaftlich gerne. Da passt es sehr gut, dass man in diesem Fall Hobby und Beruf gut verbinden kann. Sofern ich den Sport jetzt als meinen Beruf bezeichnen darf. Außerdem bin ich ein sehr naturverbundener Mensch, alles was an Outdoor-Aktivitäten möglich ist, gehe ich gerne an. Das geht hin bis zum Fliegenfischen, jedoch nur wenn es die Zeit auch wirklich zulässt.

Seite 1: Röhler über Markus Rehm, die EM in Zürich und seinen Sieg in Glasgow

Seite 2: Röhler über sein Umfeld, den Vermarktungsaspekt und das Studentendasein

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