"Schröder ist das Nonplusultra bei der EM“

Von Ole Frerks, Thorben Rybarczik, Robert Arndt
Dennis Schröder schreitet beim deutschen Team voran
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Wegen Absagen und Verletzungen vieler Stars: Die EM hat an Bedeutung verloren

Thorben Rybarczik: Natürlich ist es im Vorfeld des Turniers ein Euphorie-Dämpfer, wenn Tag für Tag neue News von Ausfällen reinschneien. Mit Parker, Teodosic, Gallinari und Antetokounmpo handelt es sich um die absoluten Aushängeschilder ihrer Nation - das drückt schon auf die Stimmung. Andererseits glaube ich, dass sich das im Laufe der ersten Turniertage ändert. Wenn die ersten Spiele rum sind, die ersten Highlights produziert wurden, dann ist es fast egal, wer da auf dem Court steht.

Stephen Arigbabu: Ganz genau! Sobald die Spiele losgehen, wird der Fokus nur darauf liegen. Und es ist ja nicht so, dass überhaupt keine Stars dabei sind, ganz im Gegenteil. Man muss sich ja nur mal den Kader der Spanier mit den Gasol-Brüdern oder Ricky Rubio anschauen. Und für die Spieler selbst oder die einzelnen Nationen ist das sowieso unerheblich, wer spielt. Es geht darum, den Europameister auszuspielen - wer da letztendlich mitspielt, das interessiert später niemanden mehr. Wenn der Ball zum Sprungball hochgeworfen wird, dann geht's ab. Daran ändern die Ausfälle nichts.

Robert Arndt: Sportlich und aus Sicht der Spieler mag das stimmen, dass die Ausfälle die Bedeutung nicht mindern. Aber von der Warte der Zuschauer aus betrachtet, ist das doch anders. Man könnte es auch so sehen: Aufgrund der fehlenden NBA-Stars schalten weniger Zuschauer - vor allem solche, die sich nur für das Event und die Stars interessieren - ein. Wenn man die Bedeutung des Titels an der Reichweite und Aufmerksamkeit misst, stimmt die These also.

Stephen Arigbabu: Da muss ich dir widersprechen. Denn: Dem Basketballkenner wird es egal sein, wer auf dem Feld steht. Er schaltet des Sports wegen ein und achtet auf andere Dinge als nur die großen Stars. Und der allgemeine 08/15-Fan, der nur so mal reinschaut, wird doch ohnehin nicht merken, wer da auf dem Feld steht oder ob ein Teodosic einen verrückten No-Look-Pass spielt oder ein Giannis einen Meter über Ring-Niveau einen Rebound holt.

Ole Frerks: Aber wären andererseits nicht Spieler wie Giannis oder Teodosic solche, die 08/15-Fans dazu motivieren könnten, Basketballkenner zu werden, Stephen? Ich bin ehrlich: Ich freue mich sehr auf das Turnier, zumal ich zum ersten Mal selbst bei einer EM vor Ort sein werde, ich bin aber schon der Meinung, dass durch die vielen Absagen etwas vom Reiz verloren geht. Natürlich wird für diejenigen Spieler, die da sind, der Turniersieg nicht weniger wert sein, jeder wird sich aufopfern. Aber dass so viele Spieler absagen, zeigt für mich schon, dass der Stellenwert eben nicht mehr so hoch angesehen wird. Bei Vielen zählt ja eigentlich nur noch Olympia oder auch die WM - was schade ist. Das zeigt aber meiner Meinung nach auch das wachsende Zerwürfnis zwischen der FIBA und der Fraktion NBA/Euroleague. Für den europäischen Basketball an sich und insbesondere auch für die Nationalmannschaften wäre es wichtig, wenn die Verbände und Ligen in Zukunft wieder wenigstens ein kleines bisschen mehr zusammenarbeiten.

Thorben Rybarczik: Es gibt ja Dinge, die den europäischen Basketball positiv vom NBA-Basketball abheben. Dazu gehört der Fokus auf Teambasketball und Defense. Diese Attribute leiden ja keineswegs darunter, dass Superstars fehlen - im Gegenteil. Teams können es sich in der Regel nicht leisten, sich auf Eins-gegen-Eins-Künstler zu verlassen. Stattdessen zeigt sich mehr denn je, welches Team mit welchem Konzept spielt, wer die besseren Coaching-Staffs hat, wer im Verbund besser verteidigt. Das kommt durch Star-Ausfälle noch mehr zum Tragen, wodurch das Turnier sogar interessanter wird.