Sigurdsson: "Waren zu selbstverliebt"

SID
Die DHB-Auswahl um Julius Kühn konnte sich im zweiten Testspiel gegen Katar nicht durchsetzen
© getty

Dagur Sigurdsson schaute ungläubich durch die Halle und schüttelte immer wieder den Kopf. Trotz der 24:26 (11:14)-Niederlage gegen Vizeweltmeister Katar feierten die 9000 Zuschauer den Bundestrainer noch lange nach Spielende. Die Popularität des Goldschmieds aus Island ist seit dem EM-Triumph Ende Januar in Polen ungebrochen groß.

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"Das war richtig schön, ein super Empfang. Ich hoffe, dass ich in dieser Halle noch einige Spiele coachen kann", sagte der Isländer. Der zweite Test gegen den Vize-Weltmeister war das offizielle Abschiedsspiel von Sigurdsson als Trainer des Bundesligisten Füchse Berlin, den er von 2009 bis 2015 betreut hatte.

Sigurdsson wich aber trotz der großen Euphorie nicht von seiner Linie ab und übte nach der Niederlage gegen die Katarer harte Kritik, auch wenn er damit auf der eigenen Fete den Partymuffel gab.

"Nach dem Sieg am Freitag haben wir alle gehört, wie toll wir sind. Deshalb fehlte heute die Konzentration, wir waren zu selbstverliebt. Ich auch, nicht nur die Spieler", monierte der Trainer. Zwei Tage zuvor gab es gegen Katar in Leipzig noch einen rauschenden 32:17-Triumph.

Neue Abwehrvariante missglückt

Beim Wiedersehen in Berlin fehlte es der deutschen Mannschaft vor allem im Angriff an Durchschlagskraft. Im Rückraum konnte lediglich Julius Kühn in der ersten Halbzeit noch Akzente setzen, sonst kam zu wenig aus der zweiten Reihe. Allerdings hatte sich Katar auch viel besser auf den Europameister eingestellt, Keeper Ahmed Abdelrhem stand meistens goldrichtig.

Doch auch in der ansonsten so gelobten Defensive gab es Probleme. "Ich glaube, ein Grund für die Niederlage war, dass wir eine neue Abwehrvariante probiert haben, die nicht geglückt ist", sagte Rückraumspieler Paul Drux. Sigurdsson hatte Patrick Groetzki vor die Abwehr beordert, allerdings ohne Erfolg. Der Asienmeister nutzte die Lücken und traf über die Außenpositionen.

Am Ende schlichen die DHB-Spieler ratlos in die Katakomben. Keine wusste genau, wie Sigurdsson in der Kabine reagieren würde. "Die Niederlage wurmt ihn sehr. Aber nicht, weil es sein Abschiedsspiel war. Jede Niederlage ärgert ihn", sagte Drux. "Wir wollten Dagur einen erfolgreichen Abschied von den Füchsen schenken", meinte Keeper Andreas Wolff: "Das ist uns leider nicht gelungen."

"Jeder weiß, worauf es bei ihm ankommt"

Im Spielerkreis genießt der Coach großes Ansehen. "Das ist ein Trainer, der sich auf jeden Spieler individuell einstellen kann. Er mobilisiert die Stärken, wir vertrauen ihm voll und ganz", meinte Außenspieler Rune Dahmke. "Eigentlich ist er ein eher ruhiger Typ. Bei ihm weiß jeder Spieler in der Mannschaft, worauf es ankommt", ergänzte Kapitän Uwe Gensheimer.

DHB-Vize-Präsident Bob Hanning wollte bei den Meinungsmachern nicht fehlen und nannte den Coach vor dem Spiel in einem Grußvideo einen "akribischen Eisblock" und "erstklassigen Trainer".

Sigurdsson selbst war der große Rummel sichtlich etwas unangenehm. Angesprochen auf seine Gefühle zur großen Abschiedsfeier meinte er vor dem Spiel nur: "Danke für euer Kommen. Lasst uns das Spiel gewinnen." Dieser Wunsch blieb unerfüllt.

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