Ich will Golf sehen, verdammt!

Jordan Spieth präsentierte sich in Augusta in durchweg überragender Form
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5. Tiger ist ein bisschen back!

Ja, die 73 am Finaltag war jetzt nicht so berauschend. Ja, es waren wieder teils vo-gel-wilde Schläge dabei. Ja, eine doofe Baumwurzel hätte ihm beinahe das Handgelenk gebrochen. Und ja, ein 17. Platz kann einen bei Tiger Woods nicht vom Hocker reißen. ABER: Wer hätte vor dem Turnier gedacht, dass Tiger so eine gute Rolle spielen würde? Tiger hatte zwar gesagt, dass er sich den Arsch aufgerissen habe, um sein Spiel wieder auf die Kette zu bringen, aber ob er wirklich schon wieder soweit sein würde?

Niemand wusste es. Fast niemand traute ihm etwas zu. In Anbetracht dessen war es absolut gut und sehr sehr ermutigend, was Tiger zeigte. Vor allem sein kurzes Spiel, das zuletzt so katastrophal und so völlig Tiger-untypisch war, sah wieder richtig gut aus. Nach diesen vier Tagen kann man wieder ein bisschen mehr dran glauben, dass Tiger nicht für immer bei 14 Major-Titeln stehen bleiben wird. Tiger ist ein bisschen back - und das ist so wichtig für den Golfsport.

4. Phil ist back!

Mickelson war nicht so krass in der golferischen Wildnis verschwunden wie Tiger, aber auch Lefty hat eineinhalb furchtbare Jahre hinter sich. In dieser Saison hatte Mickelson noch überhaupt gar nichts gerissen. Er musste sich selbst wieder dazu bringen, aggressiv zu spielen und mehr Birdies zu fabrizieren, meinte Mickelson in seiner PK vor dem Turnier. Hä? Wie war das? Phil Mickelson muss sich dazu bringen, aggressiv zu spielen? Phil Mickelson ist der aggressivste Spieler ever.

Aber die Aussage zeigt, wie sehr Mickelson in der Krise steckte. Aber wenn er nach Augusta kommt, dann ist Krise Krise und es besteht immer die Chance, dass der Augusta-Phil zum Vorschein kommt. 14 unter Par hätte in praktisch jedem Jahr zum Sieg gereicht, in diesem Jahr hatte er mit 14 unter Par nicht mal eine faire Chance. Am Ende wurde es "nur" die neunte Top-3-Platzierung beim Masters. Aber hey, mehr als noch einen Masters-Sieg bräuchte Mickelson diesen fehlenden US-Open-Titel. Wer weiß, was in zwei Monaten in Chambers Bay passiert...

3. Rory vs. Jordan, bring it on!

Acht Monate lang hatte Rory McIlroy nach zwei Major-Siegen in Folge auf die Chance auf den Career Grand Slam gewartet. Und dann? Dann lag er Mitte der zweiten Runde nach einer desaströsen Front Nine bei drei über Par und drohte den Cut zu verpassen. Und dann? Dann spielte er die nächsten 45 Löcher in 15 unter Par und feierte auf Rang vier sein bestes Augusta-Resultat der Karriere.

Es war in dieser Woche zu wenig, aber es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn McIlroy das Masters nicht noch irgendwann gewinnt. Noch wichtiger: Es wird sich in den nächsten Jahren eine Rivalität entwickeln, die den Golfsport elektrisieren kann. Ein 25-jähriger Superstar aus Europa gegen einen 21-jährigen Superstar aus den USA. McIlroy vs. Spieth. Nummer 1 der Welt gegen die neue Nummer 2 der Welt. Etwas Besseres kann dem Sport gar nicht passieren.

2. Der Sieg mit Ankündigung

Jordan Spieth gewann Ende 2014 mit einer überragenden 63er-Runde die Australian Open. Fun Fact: An diesem Tag blieb bei brutalen Bedingungen übrigens kein anderer Spieler unter 70 Schlägen. Jordan Spieth gewann Ende 2014 die Hero World Challenge mit 26 unter Par und zehn Schlägen Vorsprung. Jordan Spieth stand inklusive Masters jetzt bei seinen letzten vier Turnieren im Final Pairing. 1., 2., 2., 1. Er liegt für die Saison ca. drei Millionen unter Par. Okay, genau genommen 103 unter Par.

So gesehen ist es kein Wunder, was er jetzt in Augusta veranstaltete. Spieth ist der erste Spieler, der jemals in Augusta 19 unter Par lag. Er stellte im Alter von 21 Jahren den Rekord des 1997 21-jährigen Tiger von 18 unter Par ein. Er ist der erste Sieger seit Raymond Floyd 1976, der von Runde eins an das Feld anführte. Er brach den Birdie-Rekord von Mickelson (25). Sorry, Jordan, aber 28 Birdies sind einfach nur krank. Und dieser Junge ist einfach nur unfassbar gut. Gefühlt locht Spieth alles, wenn es zählt. Vor allem locht niemand so viele lange Putts. Bei jedem Putt sieht man es ihm Gesicht an, dass er absolut erwartet, dass er ihn locht. Nicht wie bei uns Amateuren, die jedes Mal denken, dass der Putt sowieso wieder vorbei geht.

Wie stark dieser Spieth, der mit seinem Golfball spricht wie kein Anderer, mit 21 im Kopf ist? Man muss sich nur die 18 am Moving-Day anschauen. Nach einem bitteren Doppel-Bogey an der 17 droht er tatsächlich ganz leicht wegzubrechen, aber was macht Spieth? Er spielt einen unmöglichen Flop-Shot und locht den Putt. Par. Ganz ganz groß. Spieth hat das wahrgemacht, was er als 14-Jähriger im Video ankündigte. Er ist Masters-Champion. Und wehe, es sagt ihm einer, dass er gerade einen herausragenden Run hat. Es ist kein Run, er spielt nur so, wie er es von sich erwartet. Ein Statement, das dem Rest der Golfwelt Angst machen kann.

1. Unfassbar gut, aber auch unfassbar nett

Kann es einen sympathischeren Superstar geben als diesen Jordan Spieth? Wohl kaum. Spieth ist nicht nur ein ganz besonderer Golfer, er kommt auch als Mensch sehr besonders daher. Einen gewichtigen Anteil daran hat, wie könnte es auch anders sein, seine Familie. Spieths kleine Schwester Ellie, 14 Jahre alt, leidet an einer Form des Autismus. Mit ihr verbindet ihn eine ganz spezielle und extrem innige Beziehung.

Die Behinderung seiner Schwester hat Spieth auch gelehrt, was das richtige Leben ist. Das Masters zu gewinnen, ist grandios, aber es ist nicht das richtige Leben. Wenn die ganze Familie am Tisch sitzt und essen will, Ellie aber nicht und einen Anfall bekommt, wie Mama Chris Spieth in den Tagen von Augusta erzählte. DAS ist das richtige Leben. Spieth weiß, worauf es ankommt. Dass er Ellie jetzt von seinem Triumph erzählen kann, wird vielleicht seine größte Freude überhaupt sein.

In den Masters-Tagen schaffte es Spieth, zwischen den Runden mit Familie und Freunden abzuschalten, es gab auch kein Golf im Fernsehen. Das Problem: Außer Jordan wollte der Rest aber natürlich schon gerne die Highlights sehen. Die Lösung: Spieths Freundin Annie musste dran glauben. Die Message der Familie: Hey Annie, kannst Du dich opfern, reingehen und mit ihm das Mavs-Spiel oder so anschauen, wir wollen hier draußen Golf sehen, danke. Herrlich, diese Spieths von nebenan.

10-6: Kaymers Augusta-Fluch, Crenshaws Abschied, Stensons Wut

5-1: Tigers Comeback und Spieths Wahnsinn

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