"Man wird kein Millionär"

Von Interview: Marco Kieferl
Stephan Jäger kämpft auf der PGA Latinoamerica um den Aufstieg in die große Golf-Welt
© getty
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SPOX: 2011 durften Sie bei den BMW International Open erstmals auf der European Tour aufteen. Wie haben Sie ihr Debüt beim Heimatturnier in Erinnerung?

Jäger: Ich kann mich noch genau an den ersten Abschlag in Eichenried erinnern. Ich war eigentlich nicht super nervös auf der Range. Als ich dann ans erste Tee kam, waren dort 400 Leute, die ich fast alle persönlich kannte. Ich stand über dem Ball und habe nichts gefühlt. Das war einfach pures Vertrauen in meinen eigenen Schwung, sonst triffst du auch den Ball nicht.

SPOX: Sie hatten an Tag zwei nach elf Löchern überraschend gute Chancen auf den Cut, sind dann aber plötzlich eingebrochen. Was ist auf den Schlusslöchern mit Ihnen passiert?

Jäger: Ich weiß noch, es hatte am ersten Tag geregnet und ich hatte gut gespielt. Trotzdem war ich einen Schlag über Par. Am zweiten Tag lief es bis zur 11 auch optimal, dann habe ich aber leider einen häufigen Fehler begangen. Ich habe ein wenig vorausgeschaut und vergessen, Golf zu spielen. Ich dachte zu sehr daran, was passieren würde, sollte ich den Cut schaffen. Für mich ist es eines der schwierigsten Dinge im Golf, auf den Moment fokussiert zu bleiben. Aber aus solchen Fehlern lernt man, und wenn ich noch mal in der Situation bin, weiß ich, wie ich damit umgehen muss.

SPOX: Ende 2012 schafften Sie es als erster Deutscher überhaupt in die finale Phase der Q-School und sicherten sich so eine Tourkarte für die ehemalige Nationwide Tour. Wie bewerten Sie im Nachhinein Ihr Abenteuer auf der Web.com Tour? War die Leistungsdichte einfach zu hoch oder sind Sie an sich selbst gescheitert?

Jäger: Ich habe ja am Anfang des Jahres gut gespielt, also kann die Leistungsdichte nicht das Problem gewesen sein. Ich habe das Spiel für die PGA Tour! Man muss einfach auf sich aufmerksam machen. Man sieht ja immer wieder Leute, die nicht auf der Tour sind, aber dann plötzlich richtig gut spielen. Man scheitert eher an sich selber und am eigenen Glauben.

SPOX: Die Web.com Tour hat in den letzten Jahren eine unheimliche Aufwertung erfahren. Ist Sie bereits mit der European Tour vergleichbar?

Jäger: Ich würde fast sagen, beide Turnierserien sind gleich stark. Wenn man mal die Top 25 oder Top 50 rausrechnet, die noch auf einem anderen Level sind, und das gesamte Teilnehmerfeld beider Touren vergleicht, ist das wohl ähnlich dicht besiedelt.

SPOX: Wenn wir schon von der European Tour sprechen: Lebt der Traum von der PGA Tour, der Sie während der Q-School so nah waren, weiter?

Jäger: Auf jeden Fall, der Traum ist nicht so weit entfernt. Man qualifiziert sich vielleicht für eine Woche, spielt da gut, gewinnt und bleibt die nächsten zwei Jahre auf der PGA Tour. Es ist nicht so, dass ich mich jetzt fünf Jahre hocharbeiten muss. Mein kurzfristiges Ziel lautet aber, mein Spiel zurückzugewinnen. Im Golf geht es sehr um das Vertrauen in sein eigenes Spiel. Ich glaube, wenn man auf einer positiven Welle schwimmt, erreicht man schnell ein neues Level.

SPOX: Gibt es eine Deadline in Ihrer Karriereplanung?

Jäger: Für mich ist ein Ultimatum das schlechteste, was man machen kann, vor allem im Golf. Wenn man mit 25 Tennisprofi werden will, ist der Zug abgefahren, aber im Golf sind unter den besten Spielern der Welt 90 Prozent zwischen 30 und 40. Ich bin jetzt 24 und würde nie ans Aufhören denken! Mein Leben in den letzten zehn Jahren war Golf und solange ich das finanziell durchhalten kann, wird das auch so bleiben.

SPOX: Das perfekte Vorbild dürfte Harris English sein, mit dem Sie ein Jahr auf derselben High School waren. Mittlerweile steht er auf Platz fünf des FedEx-Cups.

Jäger: Ich spreche oft mit ihm und bin auch mit seiner Familie sehr gut befreundet. Er ist schon ein Vorbild für mich, weil er auch auf der High School immer top of the line war. Wenn wir mal Golf spielen, frage ich ihn natürlich, was er in der und der Situation machen würde. Es gibt nichts Besseres als jemanden zum Freund zu haben, der da ist, wo man hin will. Wenn wir mal gemeinsam spielen, machen wir oft ein kleines Match. Da gewinne mal ich und mal gewinnt er.

SPOX: Wo sehen Sie sich im Vergleich zu Harris English?

Jäger: Der Unterschied ist minimal, Harris hat aber seine Chance perfekt genutzt. Er hat als Amateur auf dem College ein Web.com Turnier gewonnen und ab diesem Zeitpunkt ging's nur bergauf. Das Spiel auf dem College hat bereits so ein hohes Niveau, dass dort immer wieder Leute direkt auf die PGA Tour kommen. Jordan Spieth, Harris English, Patrick Reed: Da kann man 20 Namen aufzählen. Deswegen kann man sich schon an Harris orientieren. Aber das würde ich ihm nie sagen, sonst gibt er mir zum Schluss noch ein paar Schläge.(lacht)

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