Kaymers erstes Mal im Paradies

Von Florian Regelmann
Golf, Masters, Kaymer
© Getty

München - Was kann in nicht einmal zwei Jahren nicht alles passieren.

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Wir schreiben das Jahr 2006. Es ist Juni und im malerischen Velburg-Unterwiesenacker schreibt ein damals 21-jähriger junger Mann Golf-Geschichte, der zuvor nur echten Insidern ein Begriff war: Martin Kaymer.

Kaymer und Langer beim Masters verfolgen: Tag 1, Do., 22 Uhr im Internet TV 

Bei der Habsberg Classic auf der drittklassigen EPD Tour gelingt Kaymer eine 59er-Runde. Unglaubliche 13 unter Par. Die Fans, sagen wir besser, Freunde und Familie, waren begeistert.

Rapider Aufstieg

Die Spieler, die in ihrem Leben einmal eine 59 gespielt haben, lassen sich immer noch an zwei Händen abzählen. Im Übrigen sucht man einen Tiger Woods oder Bernhard Langer auf dieser Liste vergeblich.

Kaymer hatte es geschafft. Es war der Anfang eines rapiden Aufstiegs. Kaymer qualifizierte sich durch die Erfolge auf der EPD Tour sofort für die Challenge Tour, das Unterhaus zur European Tour.

Es sollte nur eine ganz kurze Durchgangsstation sein. Kaymer gewann auch auf der Challenge Tour sofort zwei Turniere. Schwupps, schon hatte er die Spielberechtigung für die große Tour in der Tasche.

Duell mit Woods in Dubai

2007 folgte eine sensationelle Rookie-Saison und die Wahl zum Neuling des Jahres. Im Januar 2008 dann der erste große Triumph bei der Abu Dhabi Golf Championship. Hallo Golf-Welt, hier kommt Martin Kaymer!

Nur zwei Wochen später nutzte der Deutsche die Chance, bei der Dubai Desert Classic dafür zu sorgen, dass auch Woods den Namen Kaymer auf seiner Festplatte abspeichert.

Kaymer spielte eine fantastische Schlussrunde mit einem genialen Eagle an der 18 und hätte so Woods fast noch ins Stechen gezwungen.

"Der erste Sieg in Abu Dhabi war natürlich etwas ganz Großes, aber Dubai war sogar noch befriedigender für mich, weil ich da wirklich alles herausgeholt habe, was möglich war", sagt Kaymer zu SPOX.com.

"Hi, I am Tiger Woods!"

Er wurde "nur" Zweiter, aber man versteht, was er meint: Sonntagnachmittag, Tiger Woods steht ganz oben auf dem Leaderboard, Abteilung Attacke ist angesagt und fast hätte es gereicht. Mehr Spaß geht nicht. Dafür spielt Kaymer Golf.

Quasi als besondere Belohnung lernte Kaymer den Tiger, den er Anfang der Woche noch bewundernd auf der Driving Range beobachtet hatte, nach dem Turnier  persönlich kennen.

Woods stellte sich gewohnt höflich vor: "Hi, I am Tiger Woods!" Ach ne, echt...Diese Woche treffen sich Woods und Kaymer zum ersten Mal bei einem Major.

Durch seine starken Resultate verbesserte sich der Deutsche in der Weltrangliste auf Rang 25 und darf somit zum ersten Mal im Golf-Paradies Augusta aufteen.

Hilfe von Fanny Suneson

Die berühmte Magnolia Lane, der Blick durch die enge Waldschneise am Abschlag der 18, die Geschichte, das Grüne Jackett, es wird für Kaymer wohl die Golf-Woche seines Lebens werden.

Um nicht völlig unvorbereitet zu sein, war Kaymer vor einigen Wochen schon einmal vor Ort. Mit Fanny Suneson. Die erfahrene Schwedin, die lange Jahre die Tasche von Nick Faldo trug und nun für Henrik Stenson arbeitet, ist so etwas wie die Beraterin des 23-Jährigen geworden.

"Ich habe keinen einzigen Ball geschlagen. Wir sind einfach nur den Platz abgegangen. Das war alles sehr, sehr beeindruckend", erzählt Kaymer. Wie bei jedem, der zum ersten Mal da ist, war Kaymer vor allem von den unfassbar schnellen Grüns fasziniert: "Ich bin gespannt, wie ich damit zurechtkomme".

Wegen der schwierigen Grüns, des insgesamt so anspruchsvollen Platzes und der besonderen Atmosphäre tun sich Rookies bei ihrem ersten Masters-Auftritt eigentlich immer schwer.

Geduld, Geduld, Geduld

Noch nie konnte ein Spieler gleich im ersten Anlauf hier gewinnen. Trotzdem zählt für Kaymer, wie bei jedem anderen Turnier auch, nicht nur das Mitspielen. Den Cut zu schaffen, hat er sich mindestens vorgenommen.

Grundsätzlich spricht nichts gegen ein erfolgreiches Abschneiden. Kaymer ist mit seinen langen, akkuraten Abschlägen wie gemacht für Augusta. Wenn er auf den Grüns das Selbstvertrauen findet, kann er vorne mitspielen.

Denn die größte Qualität, die ein Spieler beim Masters haben muss, über die verfügt Kaymer: Geduld.

Wer in Augusta Pars notiert, der darf sich als Gewinner fühlen. Es gibt keinen Grund, Birdies zu forcieren. Jedes Par ist ein gutes Par. Der Siegesscore von Zach Johnson lag 2007 bei eins über Par.

Langer in starker Form

Desweiteren kann Kaymer auf besondere Hilfe zurückgreifen. Am Dienstag spielte er gemeinsam mit Langer eine Proberunde. Mit dem Mann, der hier zweimal gewann und den Platz wohl besser ausgemessen hat als der Klub selbst. So viel Tipps hat Kaymer in fünf Stunden Golf sicher noch nie erhalten.

Langers Masters-Auftritte in Bildern! 

Das heißt aber nicht, dass Langer nur zur Unterstützung seines jungen Landsmannes da ist. Der 50-Jährige ist überragend in Form. Zuletzt gewann er auf der Champions Tour mit acht Schlägen Vorsprung. Langer auf der Senioren-Tour? Eigentlich unfair. Er ist dafür noch viel zu gut.

Es wäre nicht die geringste Überraschung, wenn er am Sonntag weit oben auf dem Leaderboard stehen würde.

Mit der Johnson-Strategie zum Erfolg

Auch wenn der Platz prinzipiell zu lang geworden ist für Langer, sollte ihm die Geschichte des Vorjahres Mut machen. Der Titelverteidiger heißt bekanntlich Zach Johnson. Auch keiner, der den Ball extrem weit schlagen kann.

Und trotzdem spielte Johnson gerade die wichtigen Par-5-Löcher besser als Woods. Obwohl er bei 16 Par-5-Löchern 16 Mal vorlegen musste. Eine Strategie, mit der auch Langer Erfolg haben könnte.

Kaymer und Langer, Langer und Kaymer: Zum ersten Mal überhaupt in der deutschen Golf-Geschichte findet ein Major mit zwei deutschen Stars statt.

Mit einer nimmermüden Legende, die in die Hall of Fame einziehen wird und mit einem Emporkömmling, der noch viel mehr Talent hat als die Legende und noch viel weiter kommen könnte als in zwei Jahren von Velburg-Unterwiesenacker, Oberpfalz nach Augusta, Georgia. 

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