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Von Nino Duit
Moritz Heinrich hält nach 20 Spielen bei 17 Treffern und elf Assists
© imago

Wenige deutsche Vereine produzieren so viele Talente wie der TSV 1860 München. Auch in der aktuellen U19 der Löwen tummeln sich einige vielversprechende Junioren-Nationalspieler. Der spannendste heißt Moritz Heinrich. In 20 Spielen sammelte der Stürmer bereits 28 Scorerpunkte. Im Winter war er mit der Profimannschaft im Trainingslager; jetzt liegt der Fokus auf dem Kampf um den Titel in der A-Jugend-Bundesliga.

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Sie kennen diese Situation ja ganz genau beim TSV 1860 München. Da taucht auf einmal ein übermäßig talentierter Spieler in der Jugendabteilung auf und sorgt für Aufmerksamkeit. Er schießt entweder viele Tore, bereitet viele vor, er glänzt mit seinen technischen Fähigkeiten oder auch mit seiner Zweikampfstärke. Sofort ist die Rede von einem neuen Sven Bender, einem neuen Kevin Volland oder auch einem neuen Julian Weigl.

All diese Vergleiche summieren sich zu einem großen Rucksack, einem schweren Rucksack, den der junge Spieler mit sich herumtragen muss. Er spürt die Erwartungshaltung des Vereins und des Umfelds. 1860 lebt spätestens seit dem Bundesliga-Abstieg 2004 von genau dieser Sorte Spieler. Erst sind sie kostengünstige Verstärkungen für die Profi-Mannschaft, dann mutieren sie meist zu hohen Geldbeträgen, die den chronisch klammen Verein finanziell am Leben halten.

U19-Trainer Josef Steinberger weiß also ganz genau, wovon er redet, wenn er sagt: "Es werden vom Umfeld Erwartungen geschürt, und die sind für so einen jungen Spieler nicht immer hilfreich. Es besteht bei uns immer die Gefahr, dass junge Spieler wie er gehypt werden." Dieser junge Spieler, den Steinberger im Gespräch mit SPOX nur ja nicht zu hoch gelobt wissen will, heißt Moritz Heinrich. Beruf: A-Jugend-Torjäger. Sonstige Referenzen: Derby-Held, deutscher U-19-Nationalspieler, Sturm-Hoffnung des TSV 1860 München.

17 Treffer in 20 Spielen

Der 18-Jährige macht in der A-Junioren Bundesliga Süd/Südwest derzeit was er will. Und er will hauptsächlich eines: Tore schießen. Nach 20 Spielen hält Heinrich bei 17 Treffern, elf weitere hat er schon vorbereitet. All das sorgte mit dafür, dass sich die Löwen in dieser Altersstufe Bundesliga-Tabellenführer nennen dürfen.

16 Siege aus 20 Spielen und eine Tordifferenz von plus 42 untermauern die beeindruckende Spielzeit der Löwen statistisch; der FC Bayern oder der VfB Stuttgart sind schon längst abgehängt. Einem Einzug in die nationale Endrunde, an der die beiden Erstplatzierten der Liga teilnehmen dürfen, steht eigentlich nichts mehr im Wege.

Dass die Löwen mit Heinrich ein Juwel in ihren Reihen wissen, wird spätestens dann klar, wenn man Trainer Steinberger nach den Schwächen seines Schützlings fragt. "Es ist ganz wichtig, dass er noch mehr Konstanz in seine Leistungen bringt", sagt er und spricht so beinahe eine Drohung an alle künftigen Gegner aus. Heinrichs aktuelle Torquote von 85 Prozent spricht für sich.

"Einer, der vorangeht"

Steinberger führt die tolle Bilanz trotz angeblich mangelnder Konstanz vor allem auf eine nicht erlernbare Fähigkeit zurück. Eine Fähigkeit, die man im Fußball-Jargon als Kaltschnäuzigkeit bezeichnen würde. Heinrich besitzt den vielzitierten aber umso selteneren Torriecher. "Er ist ein Spieler, der auch an schlechten Tagen, wenn er nur eine Chance hat, ein Tor machen kann", sagt Steinberger.

Unter Beweis stellt Heinrich diesen Torriecher seit jeher mit dem Löwen auf der Brust. "Er ist länger im Verein als ich", sagt Steinberger. 2006 war es, als sich der damals neunjährige Heinrich an der Grünwalder Straße vorstellte und direkt überzeugen konnte. Schon damals blitzten seine großen Stärken auf. "Eine hohe Abschlussqualität und eine hohe Geschwindigkeit" attestiert ihm Steinberger. Außerdem sei er stark im Eins-gegen-Eins.

Der Wert Heinrichs für seine Mannschaft geht aber über seine fußballerischen Fähigkeiten hinaus. Auch der Wille und die Einsatzbereitschaft des Linksaußen sind bemerkenswert. "Er ist einer, der die Initiative ergreift, der die Mitspieler motiviert, der vorangeht", sagt Steinberger. Heinrich ist das Gesicht einer Mannschaft, die nur so gespickt ist mit vielversprechenden Talenten.

Derby-Sieger und Nationalspieler

Talente, die nicht nur mit dem Löwen auf der Brust für Furore sorgen, sondern auch mit dem Adler, dem Bundesadler. Heinrich war genauso bereits in einer U-Nationalmannschaft des DFB aktiv wie vier seiner Mitspieler. Sowohl die Verteidiger Felix Uduokhai und Kilian Jakob als auch die Stürmer Julian Justvan und Christoph Daferner kamen schon zu internationalen Einsätzen.

Die Vertreter dieses Quintetts dürfen sich aber nicht nur Nationalspieler nennen, sondern genau wie die ganze Mannschaft auch Derby-Sieger. Heinrich trägt sogar den inoffiziellen Titel Derby-Held. Mit einem Doppelpack schoss er seine Mannschaft Mitte Februar zu einem 3:1-Sieg gegen den FC Bayern.

Am darauffolgenden Montag wird Heinrich wohl mit vor Stolz geschwollener Brust in seine Filiale der Stadtsparkasse marschiert sein. Nicht aber, um Geld abzuheben, um sich als Belohnung für einen seiner bisherigen Karriere-Höhepunkte was Schönes zu kaufen, sondern um einen gewöhnlichen Arbeitstag anzutreten.

Fußball, Lehre, Schule

Eine Lehre macht Heinrich derzeit bei der Stadtsparkasse, die gleichzeitig Sponsor der Löwen ist. Darüber hinaus geht er noch zur Berufsschule. Fußball, Lehre, Schule: "Das bedarf schon eines guten Zeitmanagements", sagt Steinberger. Die Konsequenz und Zielstrebigkeit, die Heinrich auf dem Platz zeigt, lebt er auch abseits des grünen Rasens. Steinberger nennt es einen "Kraftakt". Einen Kraftakt, "der aber wichtig für ihn ist, um eine Alternative in der Hand zu haben, falls es mit dem Fußball nicht klappt".

Darauf deutet im Moment aber nur wenig hin. Es geht steil bergauf für Heinrich, im Winter durfte er mit seinem Teamkollegen Uduokhai sogar mit den Profis ins Trainingslager nach Spanien fliegen. "Wenn sie vom Kopf vernünftig bleiben, dann bin ich bei beiden sehr zuversichtlich", sagte Profi-Trainer Benno Möhlmann im Anschluss. Im mentalen Bereich kann Heinrich laut Steinberger ohnehin noch arbeiten: "Da denke ich, dass noch deutlich mehr in ihm steckt."

Bis November diesen Jahres steckt jedenfalls die Doppelbelastung durch die Lehre im Kopf von Heinrich. Dann ist seine Tätigkeit bei der Stadtsparkasse abgeschlossen, dann gilt der ganze Fokus der Fußball-Karriere. Sein aktueller Vertrag läuft bis zum Sommer 2017. Bis dahin heißt Heinrichs fußballerisches Wohnzimmer womöglich schon nicht mehr Städtisches Stadion an der Grünwalder Straße, sondern vielleicht Allianz Arena.

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