Ladies Night in Schanghai

SID
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© Getty

Schanghai - Silvia Neid genehmigte sich einige Gläschen, Theo Zwanziger gab unermüdlich Interviews, und die Spielerinnen bewiesen auf der Tanzfläche dasselbe Stehvermögen wie zuvor beim dramatischen 2:0 im WM-Finale gegen Brasilien.

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Erst als in der Millionen-Metropole Schanghai längst der Morgen graute, krochen die WM-Heldinnen um Spielführerin Birgit Prinz und Torhüterin Nadine Angerer müde, aber glückselig in die Betten.

Ein paar Stündchen Schlaf, dann ging es zurück in die Heimat, wo die deutsche Mannschaft von Trainerin Silvia Neid abends zunächst am Frankfurter Flughafen und dann am Römer sehnsüchtig erwartet wurde.

"Deutschlands sexy Triumph", schrieb die italienische Sportzeitung "La Gazzetta dello Sport". Etwas weniger charmant beschrieb die "Basler Zeitung" aus der Schweiz den deutschen WM-Sieg: "Bollwerk bremst Tänzerinnen".

Löw und Bierhoff angetan 

Die spanische Sportzeitung "As" meinte: "Dies sollte die WM der Brasilianerin Marta werden, aber dann wurde es doch das Turnier der deutschen Oldtimerin Prinz."

Von den Verantwortlichen der deutschen Männer-Nationalmannschaft gab es ausschließlich Lob für die DFB-Frauen. Für Bundestrainer Joachim Löw waren die Spiele der deutschen Frauen "tolle Werbung und Fußball vom Feinsten".

Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff beeindruckte besonders die mannschaftliche Geschlossenheit. "Der vorbildliche Teamgeist und Einsatzwille waren die Basis des Erfolgs."

Zwanziger aufs Parkett 

Bei der Siegesfeier in Schanghai forderten die zahlreichen Party- Gäste - darunter auch die Akteurinnen des WM-Vierten Norwegen - DFB- Präsident Zwanziger lautstark zum Tanz mit Silvia Neid auf. "Theo, Theo"-Rufe schallten durch den Saal im Mannschaftshotel "Hua Ting".

"Das ist schon klasse, was die Mädels geleistet haben. Das ist ein Team, auf das man stolz sein muss", sagte die 43-Jährige, der gleich bei ihrer WM-Premiere als Cheftrainerin der große Coup gelang. Das Glas in der einen, den Goldpokal in der anderen Hand - am liebsten hätten sie alle das gute Stück mit ins Bett genommen.

Prinz zweitbeste Spielerin des Turniers 

Doch diese Ehre blieb Birgit Prinz vorbehalten "Ich passe schön darauf auf", versprach die Vorzeigeathletin, die sich noch nicht recht vorstellen konnte, schon an diesem Sonntag wieder in den Bundesliga-Alltag zurückzukehren.

Doch die 29-jährige Rekordspielerin, die bei der WM als zweitbeste Akteurin hinter der Brasilianerin Marta mit dem "Silbernen Ball" ausgezeichnet wurde, ist professionell genug, auch dieses kleine Problem zu meistern.

Rekordquoten im Fernsehen 

Die Hauptaufgabe der Frauenfußball-Verantwortlichen wird es nun sein, den Medien-Rummel und die gestiegene Popularität zu einem dauerhaften Boom zu nutzen.

Am Sonntag verfolgten 9,05 Millionen Zuschauer den deutschen Triumph live im ZDF. Damit erreichte der TV- Sender einen Marktanteil von 50,5 Prozent. In der Schlussphase schauten sogar 11,53 Millionen Fans zu.

Die Nationalelf ist spätestens seit dem ersten WM-Titel 2003 ein Aushängeschild. Und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) tut seit der Amtsübernahme von Zwanziger alles, um die Sympathieträgerinnen nach Kräften zu unterstützen.

55.000 Euro Prämie 

Dass sich jede Spielerin über eine DFB- Prämie von insgesamt 55.000 Euro als Lohn für die Anstrengungen freuen kann, ist für den DFB-Chef selbstverständlich. "Sie haben das wirklich verdient, weil sie so erfolgreich sind und den deutschen Fußball in der ganzen Welt hervorragend repräsentieren. Dann wollen wir sie nicht mit Krümeln abspeisen", sagte Zwanziger.

Sein Hauptanliegen ist es, den Mädchen- und Frauenfußball auch in der Breite so gut wie möglich zu fördern. Nachwuchssorgen gibt es ohnehin nicht, und mit der womöglich erfolgreichen Bewerbung um die nächste Frauen-WM 2011 wäre ein weiterer Meilenstein erreicht.

Liga soll attraktiver werden 

Zwanzigers Ziel ist es auch, die Frauen-Bundesliga professioneller und attraktiver zu gestalten.

"Eine spannende und ausgeglichene Liga ist auch für die Nationalelf wichtig. Wir müssen die Liga insgesamt stärken und als Premiumprodukt präsentieren. Ich hoffe, dass wir in Frankfurt bald einen Zuschauerschnitt von 2000 erreichen", sagte FFC- Manager Siegfried Dietrich.

Auch andernorts müssen nun die Hausaufgaben gemacht werden, wenn der Steilpass der erfolgreichen DFB-Elf verwandelt werden soll. Noch sind die Strukturen größtenteils amateurhaft, zudem ziehen die Vereine selten an einem Strang.

Topvereine bauen auf Frauen-Fußball 

"Die Vereine wissen, dass sie sich professioneller aufstellen müssen. Als DFB unterstützen wir das, aber die Umsetzung muss vor Ort geschehen", betonte Zwanziger.

Längst haben große Männerclubs wie Bayern München, Werder Bremen, der Hamburger SV, der VfL Wolfsburg und neuerdings auch der FC Schalke 04 die Chancen erkannt, die das Marktsegment Frauenfußball durch den hohen Sympathiefaktor bietet. Es tut sich was - aber zuvor darf noch kräftig gefeiert werden.

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