Der Mann, der Barca zu Barca macht

Andres Iniesta hat gegen Real Madrid stark aufgespielt
© getty

Andres Iniesta ist beim Clasico gegen Real Madrid nach sechs Wochen Verletzungspause eingewechselt worden. In nur einer halben Stunde hat der Kapitän die Statik im Spiel des FC Barcelona auf links gedreht und gezeigt, dass er nach wie vor unersetzlich ist.

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Camp Nou. Clasico. 59. Minute. Luis Enrique bereitet einen Wechsel vor und auf den Tribünen im weiten Rund wird es unruhig. Dann endlich ein ruhender Ball.

Der vierte Offizielle streckt die Tafel in den Nachthimmel von Barcelona. Sie zeigt eine rote 4 und eine grüne 8. Doch Ivan Rakitic geht nicht direkten Weges an die Seitenlinie. Zuerst rennt er noch über den ganzen Platz. Was will er denn?

Rakitic geht zu Lionel Messi und holt sich die katalanisch-rot-gelb-gestreifte Kapitänsbinde bei La Pulga ab. Denn er weiß: Jetzt kommt der Chef.

Erst als er sich die Binde abgeholt hat, geht er zur Außenlinie. Er streift dem Einwechselspieler die Binde über. Und dann der Gänsehaut-Moment: Unter tosendem Applaus und Standing Ovations betritt Andres Iniesta den Rasen im Camp Nou.

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Sechs Wochen Verletzungspause

Genau sechs Wochen ist es her, dass der 32-Jährige im Ligaspiel gegen Valencia nach 14 Minuten vom Platz getragen werden musste. Diagnose: Außenbandteilriss und Kapselverletzung im Knie.

Wie wichtig Iniesta für die Statik des Barca-Spiels ist, zeigten nicht nur die mittelprächtigen Leistungen der letzten Wochen.

Die 90 Minuten Clasico liefern ein Paradebeispiel für die essentielle Bedeutung des Ballzauberers. Auf die Spitze getrieben, könnte man die Partie spielerisch in zwei Abschnitte unterteilen: die 60 Minuten ohne Iniesta und die 30 Minuten mit Iniesta.

Übersicht und Kampfgeist

"Es ist klar, dass Iniesta ein besonderer Spieler ist. Sein Einfluss auf das Spiel war riesig", sagte sein Trainer Luis Enrique nach der Partie: "Er kam in einem wichtigen Moment ins Spiel und er hat seine Qualitäten eingebracht. Auch wenn er so lange ausgefallen ist, war er sofort da. Seine Übersicht und sein Kampfgeist haben uns enorm geholfen."

Tatsächlich drückte der Weltmeister von 2010 den letzten 30 Minuten seinen Stempel auf wie kein anderer Spieler.

Iniesta war gerade einmal neun Minuten auf dem Feld, da war er bereits an zwei riesigen Chancen direkt beteiligt. In der 68. Minute bediente er Neymar. Dieser ließ Carvajal ins Leere laufen und vergab dann die 100-prozentige Chance auf das 2:0.

Nur wenige Sekunden später war es Iniesta selbst, der mit Zug zum Tor über links in den Sechzehner ging und abzog. Carvajal bekam noch die Zehenspitze dazwischen und lenkte den Ball ans Außennetz ab.

Zuckerpass

Seine volle Genialität zeigte Iniesta jedoch in der 82. Minute: Kurz nach der Mittellinie spielte die Nummer 8 der Hausherren einen genialen Pass in die Schnittstelle der Verteidigung auf Lionel Messi, der das Leder knapp am langen Pfosten vorbeischob.

Klar, wenn man die Rechnung mit den zwei Spielabschnitten aufmacht, könnte man auch pragmatisch sagen: Der Abschnitt ohne Iniesta endete 1:0, der mit Iniesta 0:1.

Das lag aber mit Sicherheit nicht am Kapitän. Im Gegenteil: Mit ihm auf dem Platz veränderte sich die komplette Statik im Spiel der Gastgeber. Plötzlich war Barca wieder Barca. Wie in einem Zirkel liefen die Spieler um Iniesta herum. Er forderte die Bälle, bekam sie, verteilte sie - teilweise auf geniale Weise.

Überragende statistische Werte

Nach einer alles andere als überzeugenden Stunde, in der die Katalanen zur Führung kamen wie die Jungfrau zum Kinde, verdienten sie sich die Führung im Nachhinein. Dank Iniesta.

Und dass Neymar die Chance nicht nutzte, bei der ein Spieler seiner Qualität eigentlich mit verbundenen Augen zupackt, und auch Messi die zugegebenermaßen etwas schwierigere Gelegenheit nicht verwandelte, kann Iniesta nicht angelastet werden.

Seine Werte unterstreichen den bleibenden Eindruck, den der Mittelfeld-Chef in seinem halbstündigen Einsatz hinterließ: Iniesta hatte 38 Ballaktionen (auf 90 Minuten hochgerechnet wären das die meisten aller Spieler), gewann 75 Prozent seiner Zweikämpfe und brachte 26 seiner 27 Pässe zum Mitspieler. Das entspricht einer Quote 96,3 Prozent. In der gegnerischen Hälfte waren es gar alle 15.

Messi ist der Beste, Iniesta der Wichtigste

Lionel Messi ist mit Sicherheit der beste Spieler im Kader des FC Barcelona. Viele legen gute Argumente vor, dass er sogar der beste Spieler der Welt ist. Iniesta ist aber vielleicht der wichtigste Spieler im Kader des Meisters.

Nach dem 1:1 im Clasico beträgt der Rückstand auf Real Madrid weiterhin sechs Punkte. Luis Enrique vertraut nicht zwangsläufig darauf, dass die Königlichen noch massig Zähler liegen lassen werden: Real ist ein starker Spitzenreiter, der nicht versagen wird. Wir sind sechs Punkte hinten und müssen unser Spiel verbessern, um noch eine Chance zu haben."

Das Stichwort "Spiel verbessern" ist eng verknüpft mit dem Namen Andres Iniesta. Wenn es mit der Aufholjagd noch etwas werden soll, ist ein Iniesta in der Form der letzten 30 Minuten im Clasico essentiell.

FC Barcelona - Real Madrid: Die Statistik zum Spiel

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