Die Ära Guardiola geht zu Ende - wie sie begann?

Von Marco Nehmer
Ein letztes Mal wird Pep Guardiola im Finale der Copa del Rey an Barcas Seitenlinie stehen
© Getty

Ein Titel zum Abschied? Josep Guardiolas beeindruckende vier Jahre beim FC Barcelona sollen würdevoll enden. Doch Athletic Bilbao wird im Finale der Copa del Rey (22 Uhr im LIVE-TICKER) kein Sparringspartner: Die Basken wollen den Spielverderber mimen. Unterdessen gibt es Berichte über Spannungen zwischen Guardiola und Klubchef Sandro Rosell.

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Als der ehemalige Weltklasse-Fußballer Josep Guardiola, genannt Pep, zur Saison 2008/09 den Trainerposten beim FC Barcelona antrat, war er ein Nobody an der Seitenlinie. Ein Jahr als Übungsleiter der zweiten Garde der Katalanen zierte bis dahin seinen Briefkopf. Heute ist klar: Es sollten 1425 Tage für die Ewigkeit werden.

Barcas Dream Team 2.0

Unter der Ägide von Pep Guardiola konnte der FC Barcelona sagenhafte 13 Titel erringen. Dreizehn Mal Silberware in vier Jahren. Es gibt nur wenige Teams im Weltfußball, die eine derartige Dominanz ausstrahlten wie das Barca Guardiolas, das sogar in die Sphären des legendären Barcelona-"Dream Teams" unter der Führung von Klublegende Johan Cruyff vorstieß.

Die Titeljagd begann mit dem Pokalsieg 2009 und soll mit Ebendiesem nun enden. Wie vor vier Jahren diesmal der Endspielgegner: Athletic Bilbao. Dabei überdecken die beeindruckenden Zahlen unter Guardiola (246 Pflichtspiele, 178 Siege, 47 Remis, 21 Niederlagen. 635 Tore, 181 Gegentreffer) und die Wehmut des bevorstehenden Abschieds Guardiolas, dass die Spielzeit 2011/12 für den FC Barcelona unter Wert verlaufen ist.

Saison retten, Guardiola verabschieden - Titel ist Pflicht

In der Liga nur Zweiter hinter Meister Real Madrid, Halbfinal-Aus in der Champions League gegen ein destruktives Chelsea, dazu auswärts oftmals mit ungewohnten Problemen. Die Copa del Rey ist nun die letzte Chance, eine ernüchternde Saison noch zu retten. Doch das wird kein Selbstläufer. Guardiola: "Athletic hat ein großes Herz. Eine sehr starke Mannschaft, die uns alles abverlangen wird. Sie haben eine starke Saison gespielt und hätten einen Titel verdient. Aber das gilt auch für meine Spieler."

Guardiola selbst kommentiert die Jahre an der Seitenlinie bei den Katalanen und die letzte Titelchance mit dem ihm ureigenen Understatement: "Es wird mein letztes Spiel als Barca-Trainer und ich blicke auf eine grandiose Zeit zurück. Es waren wunderschöne Jahre. Ein Pokalsieg zum Schluss wäre wunderschön, aber in erster Linie sollen die Spieler den Titel für sich und den Verein gewinnen. Ich bin nicht wichtig."

Bilbao nach EL-Schlappe heiß auf Pokalsieg

Den Gefallen eines runden Abschlusses der Guardiola-Ära wird Gegner Athletic Bilbao dem FC Barcelona aber gewiss nicht machen wollen. Die Basken sind heiß auf ihr zweites Endspiel in dieser Saison, nachdem man sich im Finale der Europa League dem Ligakonkurrenten Atletico Madrid mit 0:3 geschlagen geben musste. Coach Marcelo Bielsa: "Barca ist die beste Mannschaft der Welt und Messi der beste Spieler der Welt. Aber wir haben gegen sie in der Liga schon gezeigt, dass wir mit Leidenschaft dagegenhalten können. Nach dem verlorenen Europa-League-Finale wünsche ich mir für meine Spieler eine Sensation."

Mit welcher Startformation Bielsa versuchen wird, Guardiola titellos in seine Sabbat-Zeit mit der Familie in New York zu schicken, steht bis dato noch nicht fest. El Loco, der auch als Nachfolger Guardiolas gehandelt wurde, lässt sich nicht in die Karten blicken: "Ich werde mir erst im Laufe des Spieltags überlegen, wer meine ersten elf Spieler sind. In einem Finale brauche ich diejenigen, die den größten Willen und den meisten Biss haben."

Irritationen um Guardiola-Abschied

Derweil hat Pep Guardiola seine Einschätzung zu den Gegebenheiten des Finalschauplatzes Estadio Vicente Calderon zu Protokoll gegeben: "Sie haben den Rasen ausgetauscht. Ich habe mir den Platz angesehen. Er ist nicht im besten Zustand. Das könnte ein Problem für beide Mannschaften werden."

Nicht im besten Zustand soll sich überraschend auch das Verhältnis von Guardiola und Barca-Boss Sandro Rosell befinden, wie die Zeitung "El Mundo" nun berichtete. Guardiola sei demnach nicht aus freien Stücken gegangen, sondern von Rosell dazu gedrängt worden sein. Die Ernennung des designierten Chefcoachs zur kommenden Spielzeit, Tito Vilanova, soll ebenso nicht mit Guardiola abgestimmt worden sein. Dem Blatt nach strebe Rosell nach mehr Machtfülle, auch in sportlichen Fragen, was zur Demission Guardiolas geführt haben könnte.

Die Spieler dementierten zwar umgehend Spannungen und stellten sich demonstrativ hinter ihren Erfolgscoach, dennoch hinterlassen die Spekulationen einen faden Beigeschmack vor dem heutigen Abend. Dunkle Wolken am Horizont? Möglicherweise. Aber Nichts im Vergleich zu den 1425 Tagen strahlenden Sonnenscheins am Barca-Himmel. Adiós, Pep!

Der Kader des FC Barcelona im Überblick

 

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