Real vs. Barca: Imitierte Emotionen

Von Stefan Rommel
Drei der Protagonisten: Coentrao, Messi und Pepe (v.l.), dem der Tiefpunkt vorbehalten blieb
© Imago

Ein Spiel schafft sich ab? Der achte Clasico innerhalb eines Jahres verkam erneut zu einem teilweise grotesken Abklatsch eines ehrwürdigen Spiels. Durch den Sieg im Bernaubeu steht Barcelona vor dem Halbfinaleinzug. Real Madrid scheint einmal mehr geschlagen.

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Am Ende war alles wie immer und doch so vieles neu. Der FC Barcelona siegte bei Real Madrid mit 2:1 (0:1), diktierte das Hinspiel der Copa del Rey beim Rivalen mit 73 Prozent Ballbesitz und entschied den achten Vergleich binnen neun Monaten zum vierten Mal für sich.

Barca steht damit vor dem Einzug ins Halbfinale jenes Wettbewerbs, den Madrid in der letzten Saison noch gewinnen konnte - durch ein 1:0 gegen Barcelona, dem einzigen Sieg unter Trainer Jose Mourinho über die Katalanen.

"Marca": "Beschämend"

Wenn aber am Tag danach die "Marca" in großen Lettern nicht über die Partie als solche referiert, sondern sich um Themen abseits aller sportlicher Belange kümmert, muss - mal wieder - mehr vorgefallen sein.

"Vergonzoso", beschämend, schreibt Spaniens Sportblatt Nummer eins am Donnerstag. Gemeint ist damit Pepes absichtlicher Tritt auf die Hand von Lionel Messi. Die sinnfreie Aktion von Mehrfachtäter Pepe steht dabei aber nur sinnbildlich für eine Entwicklung, die der Clasico für sich immer mehr als Marotte installiert.

"Erst dieses Theater, dann tritt er Messi auch noch auf die Hand", schreibt die "Marca" weiter.

Fernduelle auch im Netz

Selbst Wayne Rooney sah sich im fernen Manchester genötigt, den Portugiesen via Twitter als "Idioten" zu bezeichnen. Die Replik von Ex-Real-Größe Guti kam prompt. Rooney solle mal besser ruhig sein, er sei auch kein Heiliger. Die offenbar unvermeidbaren Auswüchse des Clasicos im Netz.

An Theater fehlte es dem Spiel in seiner Historie nur selten, was sich in den letzten Monaten aber erkennen lässt, hat die Grenzen jeglichen Fairplay-Gedankens längst gesprengt.

Kaum ein Foul bleibt unkommentiert, die Schiedsrichter sind mehr damit beschäftigt, kleine oder große Rangeleien zu schlichten, als das Spiel zu lenken. Wenn sich der große Kindergarten versammelt und die Welt zuschaut, fallen zu viele aus der Rolle.

Pöbeln, treten, beleidigen

Das gilt für beide Seiten und es sind immer die üblichen Verdächtigen, die das Renommee und die Geschichte des Vergleichs im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen treten. Sich dabei nur auf die Spieler von Real Madrid und ihren Trainer einzuschießen, wird der Sache nicht gerecht.

Es sind die Provokationen beider Seiten, die dazu beitragen, dass das angeblich wichtigste Duell des Klubfußballs immer mal wieder zu einer Kirmesveranstaltung verkommt, auf der dann nur noch derjenige der Sieger sein will, der am übelsten pöbelt, tritt oder beleidigt.

"Das Spiel kickt mich nicht mehr so"

"Es gibt in letzter Zeit viel zu viele Clasicos. Das Spiel kickt mich nicht mehr so", hat Iker Casillas vor dem Spiel am Mittwoch gesagt. Selbst die Real-Ikone, die bis 2018 weitermachen will und damit schon bald Rekordspieler der Königlichen sein wird, ist genervt.

Dass der Spielplan die Partie oft beschert, ist das eine und nicht zu vermeiden. Wie die Spieler beider Mannschaften mit der Chance auf 90 oder mehr Minuten emotionalen, aber sauberen Sport umgehen, allerdings das andere.

Wenn sich Busquets, Alves, Pepe und Ramos begegnen, wirkt das fast schon einstudiert und kaum mehr einer bestimmten Situation geschuldet. Wie die Imitation einer Emotion. Falsche Theatralik wie die von Pepe oder Messi nach harmlosen Vergehen sind der Auslöser immer neuer Provokationen.

Ausdruck totaler Kapitulation

Das Hack-a-Messi ist nicht neu und gehört in einem gewissen Rahmen sportlicher Härte auch dazu. Einem Spieler aber nur zu folgen, um ihm dann in die Beine treten zu können, ist letztlich nichts anderes als der Ausdruck totaler Kapitulation - egal ob in der Kreisliga oder beim Clasico.

So bleibt das Ergebnis als harte Tatsache und die glänzende Aussicht für Barca, in dieser Saison jenen Titel zu holen, der in der abgelaufenen Spielzeit zur Vollendung gefehlt hatte.

"Bei solchen Gegentoren kannst du gegen Barca nicht gewinnen", sagte Mourinho nach der Partie, was ein leiser Vorwurf an seine Mannschaft war von ihrem Anführer, der sich ansonsten aber wie immer bedingungslos vor seine Spieler stellte. "Niederlagen haben nur einen Vater und der bin ich!"

Jetzt treffen schon die Verteidiger

Es mutet trotzdem wie eine neuerliche Ohrfeige an, dass Real faktisch dieses Mal nicht an den Offensiv-Granden des Gegners gescheitert war, sondern dass mit Carles Puyol und Eric Abidal zwei Spieler aus der Viererkette die Tore für Barca erzielten. Und dass Mourinhos Taktik auch dieses Mal nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hat.

"Das Weiterkommen wird jetzt ganz schwer. Der Pokal ist aber nur der drittwichtigste Wettbewerb für uns", relativierte Mourinho den Abend. Der Sieger hielt sich merklich zurück. "Wir haben einen ersten Schritt getan, sind aber erst bei der Hälfte des Weges angekommen", sagte Pep Guardiola.

Kommenden Mittwoch findet das Rückspiel im Camp Nou statt. Der Clasico wird auch dann wieder im Fokus stehen. Die Spieler sollten sich benehmen.

Real Madrid - FC Barcelona Daten zum Spiel

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