"Mourinho zerstört den spanischen Fußball"

Von Stefan Rommel
Abschluss eines fantastischen Angriff: Iniesta lupft den Ball über Casillas hinweg zum 1:0 ins Tor
© Getty

Der FC Barcelona hat die spanische Supercopa gewonnen. Nach dem 2:2 aus dem Hinspiel bei Real Madrid siegte der Meister im Camp Nou mit 3:2 (2:1) und setzte sich damit zum ersten Mal im fünften Anlauf im Supercup gegen den Erzrivalen durch. In der Nachspielzeit hagelte es noch insgesamt drei Rote Karten. Die Barca-Spieler gingen anschließend verbal auf Real-Coach Jose Mourinho los.

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Vor 99.000 Zuschauern im Camp Nou erzielten Andres Iniesta (15.) und Lionel Messi (45.) vor der Pause die Tore für Barca. Cristiano Ronaldo gelang der zwischenzeitliche Ausgleich zum 1:1 (20.).

Kurz vor dem Abpfiff besorgte erst Karim Benzema den Ausgleich (82.), ehe erneut Messi den Katalanen doch noch den Sieg schenkte (88.).

In der Nachspielzeit flogen nach einem hässlichen Foul von Marcelo an Fabregas, der sein erstes Spiel für Barca bestritt, neben dem Brasilianer auch noch Mesut Özil und David Villa nach einer Rudelbildung vom Platz. Real-Coach Jose Mourinho zupfte Barcas Co-Trainer Tito Vilanova am Ohr, der revanchierte sich mit einem Schubser.

Durch den Triumph ist Pep Guardiola jetzt schon der erfolgreichste Trainer in Barcelonas Geschichte - mit nunmehr elf Titeln (von 14 möglichen) hat Guardiola seinen einstigen Ziehvater Johan Cruyff abgelöst.

Die Reaktionen:

Pique (FC Barcelona): "Die Art und Weise, wie Real Madrid Fußball spielt, liegt nicht an den Spielern. Sie müssen die Befehle einer Person befolgen, die den spanischen Fußball angreift. Mourinho zerstört den spanischen Fußball. Uns Katalanen wird ja oft die Schuld in die Schuhe geschoben, wenn es Handgemenge gibt, wie nach Marcelos Foul an Fabregas. Aber nicht wir sind schuld, sondern die da drüben in Madrid."

Xavi (FC Barcelona): "Marcelos Foul an Fabregas war kriminell und bestialisch. Real Madrid gibt ein jämmerliches Bild ab."

Pep Guardiola (FC Barcelona): "Ich hätte nicht gedacht, dass wir schon so weit sind und vor dem Saisonstart so guten Fußball spielen können. Eine sehr angenehme Überraschung für mich. Wir sind alle mitverantwortlich, dass diese Dinge am Ende immer wieder passieren. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht irgendwann gegenseitig richtig wehtun. Dass die Spieler von Real Madrid den Platz verlassen haben, bevor wir unsere Trophäe erhalten haben, ist komisch, aber sicher nicht unser Problem."

Jose Mourinho (Real Madrid): "Ich möchte nicht beurteilen, ob Barca ein verdienter Sieger ist. Ich spreche nur über meine Mannschaft. Wir haben zwei sehr gute Spiele abgeliefert. Was am Schluss passiert ist, haben nicht meine Spieler provoziert. In den letzten Minuten gab es plötzlich keine Balljungen mehr, wie bei kleinen Vereinen, die in Schwierigkeiten stecken und auf Zeit spielen."

Iker Casillas (Real Madrid): "Ein Foul, einer liegt am Boden und dann kracht's. Es ist immer das gleiche und es nervt. Ein Unentschieden und eine Verlängerung wären gerecht gewesen."

So emotional und kontrovers diskutierten die mySPOX-User während des Spiels!

Die Pressestimmen:

Marca: "Unglaublicher Messi und ein sehr starkes Madrid. Was beide Mannschaften zeigten, war Fußball vom Feinsten - abgesehen von dem unnötigen Krach am Ende. Guardiola hat mit seinem elften Titel jetzt genauso viele als Barca-Trainer geholt wie Cruyff."

AS: "Warum? Wegen Messi!"

El Mundo Deportivo: "Die Guten gewinnen immer. Barca holt die zehnte Supercopa und demonstriert erneut, dass es auf der Welt keine bessere Mannschaft gibt."

Sport: "SuperMessi! SuperCampeones! Alberner Mourinho"

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Barca in Bestbesetzung, aber noch ohne Fabregas, der auf der Bank Platz nimmt. Real mit Coentrao in der Startelf und ebenfalls in Bestbesetzung.

15., 1:0, Iniesta: Messi dribbelt von ganz rechts an drei Gegner vorbei zur Mitte. Dann der Mega-Pass in den Rücken von Pepe auf Iniesta. Der geht auf Casillas zu und lupft den Ball aus 14 Metern frech ins linke Eck.

20, 1:1, Ronaldo: Nach der zu kurz abgewehrten Ecke zieht Benzema ab. Der Ball wird von Busquets abgefälscht. Ronaldo ist da und lenkt den Ball aus sechs Metern ins Netz.

26.: Ronaldo-Granate aus 20 Metern. Valdes reißt es beinahe die Fäuste weg. Der Keeper pariert aber famos, lenkt den Ball an die Latte.

29.: Özil plötzlich völlig frei im Sechzehner. Schuss von halblinks aus 15 Metern, aber Valdes ist rechtzeitig unten und pariert.

45., 2:1, Messi: Nach einer Ecke kommt Pique an den Ball. Mit der Hacke legt er auf Messi. Der geht auf Casillas zu und lupft den Ball dann aus fünf Metern mit rechts ins lange Eck.

67.: Nach Iniestas Antritt zieht Messi aufs kurze Eck ab. Casillas wehrt zur Ecke ab. Die köpft Busquets aus fünf Metern drüber.

71.: Ramos köpft eine Ecke von Özil aus sechs Metern völlig unbedrängt links vorbei.

82., 2:2, Benzema: Ecke Real. Adriano unglücklich. Benzema scheitert zuerst, bekommt den Ball aber nochmal und drückt aus vier Metern ein.

88., 3:2, Messi: Messi leitet selbst mit einem Doppelpass ein. Adriano flankt an den Fünfer, wo Messi den Ball volley ins kurze Eck haut.

94., Rot gegen Marcelo: Der tickt voll aus und bricht Fabregas im Tackling beinahe das Bein.

95., Rot gegen Özil: Der hat sich im Handgemenge offenbar was erlaubt.

95., Rot gegen Villa: Auch der - längst ausgewechselt - sieht noch Rot.

Fazit: Mal wieder ein Clasico, der alles hatte. Real ist schon sehr nah dran an Barca, fast auf Augenhöhe. Einmal mehr machte Messi den Unterschied.

Der Star des Spiels: Auch wenn es langweilig ist, aber die genialsten Momente der Partie kreierte einmal mehr Leo Messi. Der Argentinier hatte ungewöhnlich lange Verschnaufpausen, war phasenweise gar nicht zu sehen. Aber zwei überragende Tore - Nummer zwölf und 13 im neunten Clasico - und die phänomenale Vorarbeit zum 1:0 lassen nur einen Schluss zu: Der beste Fußballspieler der Welt ist in den entscheidenden Szenen schon wieder in Topform.

Der Flop des Spiels: Pepe machte an und für sich eine solide Partie. Der Portugiese sollte sich aber fragen, ob er in den Clasicos nicht besser eine Auszeit nimmt. Regelmäßig brennen Pepe da die Sicherungen durch, auch diesmal hätte er Mitte der zweiten Hälfte schon vom Platz gehört. Dieses latente Wandeln an der Grenze ist irgendwann nicht mehr tragbar.

Der Schiedsrichter: David Fernandez Borbalan hatte die obligatorisch hektische Partie gut im Griff, zeigte ein vernünftiges Maß bei den persönlichen Strafen. Lediglich Iniesta hätte nach Foul an Di Maria auch Gelb sehen können. Behielt auch im zweiten Durchgang größtenteils den Durchblick - allerdings hätte Pepe vorzeitig unter die Dusche gehört. Dass es in der Nachspielzeit noch völlig ausartete, war nicht Borbalans Schuld.

Analyse: Beide Mannschaften von Beginn an mit einem höllischen Tempo, wobei Real schneller im Spiel war und in der ersten Halbzeit die größere Zahl an sehr guten Chancen hatte. Die Königlichen warteten dabei mit einer unglaublich anstrengenden und aufwändigen Defensivstrategie auf, hatten aus dem Hinspiel gelernt, als die Innenverteidiger auf Grund des fehlenden Mittelstürmers bei Barca keinen Bezugspunkt hatten und Messi aus dem Mittelfeld heraus nicht in den Griff bekamen.

Xavi wurde von Xabi Alonso in klassischer Manndeckung verfolgt, die offensiven Mittelfeldspieler und Benzema attackierten zusammen auf einer Viererlinie, selbst Khedira rückte nach und machte tief in der gegnerischen Hälfte Druck.

Der Vorteil: Bei Ballgewinnen war der Weg zum Tor sehr kurz und Barca wurde gezwungen, ungewohnt oft den langen Ball einzusetzen, weil die Bindung zwischen den Mannschaftsteilen fehlt und Xavi gut zugedeckt war. Barca gewährte den Gästen zudem ungewohnt viele Torchancen, die Viererkette der Katalanen war nicht immer auf der Höhe.

Der große Nachteil: Rückte Innenverteidiger Carvalho nicht schnell genug mit ins Mittelfeld und fand Barca doch irgendwie den Weg durch das Pressing-Dickicht, spielte Real ganz hinten nur noch drei gegen drei. So entstand das 1:0 und Messis Großchance Mitte der ersten Halbzeit.

Nach dem Wechsel verteidigte Real weniger risikoreich, hatte dadurch aber auch selbst weniger Torchancen. Die Partie plätscherte erst lange dahin und wurde hektischer. Erst dann gab es wieder Torchancen auf beiden Seiten - auch, weil Mourinho quasi auf vier Stürmer (Benzema, Özil/Kaka, Higuain, Ronaldo) umstellte.

Erneut eine schläfrige Barca-Abwehr gewährte den Königlichen doch noch den Ausgleich. Alles lief auf die Verlängerung hinaus - bis Messi kam und zwei tollen Finalspielen die Krone aufsetzte. Was dann am Ende noch passierte, war eines Clasicos einmal mehr unwürdig.

FC Barcelona - Real Madrid: Fakten zum Spiel

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