FFP: Keine Rechtssicherheit

SID
Michel Platini belegte vor Kurzem die ersten Klubs mit Strafen aufgrund des Financial Fair Play
© getty

Das Financial Fair Play der Europäischen Fußball-Union (UEFA) schlägt weiterhin hohe Wellen. Aber sind die Maßnahmen mit europäischen Recht vereinbar?

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Auf den ersten Blick scheint die Financial-Fair-Play-Regelung (FFP) der Europäischen Fußball-Union (UEFA) zu funktionieren. Top-Vereine wie Manchester City und Paris St. Germain haben die von der UEFA verhängen Strafen akzeptiert. Und die EU-Kommission gibt dem Kontinental-Verband Rückendeckung.

Eine trügerische Sicherheit, denn die Zusagen der Kommission sind nicht rechtsverbindlich. "Schadensersatzansprüche der Spieler und Vermittler gegen die UEFA und auch gegen die Klubs, die das Reglement mittragen, sind aussichtsreich", sagte der Rechtsanwalt und Europarechtsexperte Mark. E. Orth, der das FFP für unvereinbar mit europäischem Recht hält, dem "SID".

Er fügt hinzu: "Legt man einen durchschnittlichen Schaden eines typischen Preiskartells in Höhe von 15 Prozent zugrunde, so dürften durchaus erkleckliche Summen zusammenkommen."

Zuspruch von der EU

Vonseiten der EU gab es in der Vergangenheit viel Zuspruch. Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia sicherte UEFA-Präsident Michel Platini zu:

"Jedes Unternehmen, dazu zählen auch Fußballvereine, sollte auf eigenen Beinen stehen und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten wirtschaften. Vor diesem Hintergrund wurden die EU-Beihilfevorschriften eingeführt und auch das Financial Fair Play dreht sich um diesen Aspekt. Im Grunde geht es hier einzig und allein um eine gute Unternehmensführung. Deshalb bekräftige ich noch einmal meine Unterstützung für das FFP."

Die Haltung der EU-Kommission wurde dann vergangene Woche deutlich: "Die Behörde hat den Spieleragenten Daniel Striani sowie seinem Anwalt Jean-Louis Dupont vorab informiert, dass die formelle Beschwerde Strianis in dieser Form abgelehnt würde.

Drakonische Strafen für Klubs

Striani sieht in dem Lizenzierungsverfahren, das für die Klubs bei schweren Verstößen bis hin zu einem Ausschluss aus den europäischen Wettbewerben führen kann, gravierende wirtschaftliche Einschnitte für die Klubs. Mit der Folge für die Spielerberater, dass es weniger Transfers und niedrigere Spielergehälter geben wird und so die Einnahmen der Agenten sinken werden.

Die EU-Kommission verwies in dem Brief an Striani und Dupont darauf, dass es keine "berechtigten Interessen" für eine Klage gebe. Das FFP betreffe nur die Klubs direkt. Einen Nachweis, dass die Einkünfte der Berater leiden würden, gebe es nicht.Zudem seien die FFP-Regularien 2010 von allen Beteiligten (UEFA, Klub- und Spielervereinigungen) abgesegnet worden.

Mit der Rückendeckung für die UEFA überschreitet die Europäische Kommission jedoch ihre Kompetenzen. Schon im Bosman-Urteil hatte der Europäische Gerichtshof eine Vereinbarung zwischen EU-Kommission und UEFA aufgehoben. In dieser Entscheidung stellte der EuGH unter anderem fest, dass die 3+2-Regel im Gegensatz zur Arbeitnehmerfreizügigkeit steht.

Nach dieser Regel konnten Vereine höchstens drei ausländische Spieler und zwei "assimilierte" Spieler (solche, die fünf Jahre im Land gelebt und drei Jahre in der Jugendmannschaft gespielt hatten) in einem Spiel aufstellen. Kommission und Verband hatten sich 1991 auf diese Vorschrift geeinigt.

Ausnahmemöglichkeit durch Kartellrecht

Bei der Unterstützung der FFP-Pläne hätte die Kommission über das Kartellrecht sogar eine Ausnahmemöglichkeit gehabt. Doch dann hätte sie das Verfahren anders führen müssen. Statt einer rein formalen Begutachtung hätte es eine Sachprüfung mit Anhörungen geben müssen.

"Da sich die Generaldirektion Wettbewerb mit diesem Regelwerk beschäftigt hat, aber dennoch keine Entscheidung über die Nichtanwendbarkeit der Kartellregeln erlassen hat, ist es der Kommission entweder nicht so wichtig mit der Rechtsicherheit für die UEFA oder die Kommission hat gesehen, dass die materiellen Voraussetzungen für eine Nichtanwendbarkeitsentscheidung nicht gegeben sind. Dann würde aber auch die Kommission implizit davon ausgehen, dass die Kartellregeln auf das FFP anwendbar sind", äußerte der Kartellrechtsexperte Mark E. Orth.

Entscheidung vor dem Gerichtshof

"Da die UEFA die Einführung des Financial Fair Play damit begründet hat, der inflationären Preisentwicklung bei Spielergehältern und Transfersummen entgegenzuwirken, zielt das Preiskartell der UEFA offensichtlich auf die Gehälter der Fußballspieler und damit mittelbar auch auf die Einkünfte der Spielervermittler", begründet Orth mögliche Schadensersatzansprüche.

Die endgültige Entscheidung über das FFP wird wohl der Europäische Gerichtshof fällen. Und da Striani zudem bei einem Gericht in Brüssel Klage eingereicht hat, wird es voraussichtlich zu einem zweiten Verfahren vor dem EuGH kommen, da nationale Gerichte in der Regel Verfahren dieser Größenordnung dem EuGH vorlegen.

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