Ein bisschen mehr altes Italien

Von Für SPOX in Dortmund: Stefan Rommel
Deutschland wartet seit 16 Jahren auf einen Sieg gegen Italien
© Getty

Die DFB-Elf dominierte Italien anfangs nach Belieben, mit einem Sieg klappte es aber wieder nicht. Das lag am Gegner. Prandellis Azzurri spielten holländisch - aber eben auch ur-italienisch.

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Für Fans mit Rachegelüsten war es die vermeintlich perfekte Konstellation. Zurück am Ort des Geschehens, um die Scharte auszuwetzen. Das eigene Team: Fast in Bestbesetzung, gefestigt und im Aufschwung. Der Gegner: Personell völlig umgekrempelt, im Umbruch und auf der Suche nach einer neuen, ungewohnten Identität.

Nur, ganz so leicht ist es dann doch nicht, gegen eine Nation wie Italien zu gewinnen. Und eine wahrlich geniale Szene in 90 Minuten reicht eben dann noch nicht für Italien. Völlig egal, in welchem Aggregatszustand die Squadra Azzurra sich präsentiert.

Das erste deutsche Länderspiel des Jahres endete in einem 1:1 gegen den Rivalen aus dem Süden. Ein phasenweise beschwingtes Spiel sahen die 60.172 Zuschauer, was aber mit zunehmender Spieldauer vor allem an den Gästen lag und weniger am DFB-Team.

Phasenweise wie im Training

Bundestrainer Joachim Löw hatte ein paar von diesen Aktionen gesehen, für die er seine Mannschaft immer einige Tage zusammenzieht, um ihnen Lauf- und Passwege beizubringen. Aber er musste eben auch sehen, dass seine später durch einige Wechsel umformierte Mannschaft nicht in der Lage war, ihren Stil trotz variierten Personals trocken und nüchtern runter zu spielen.

"Das Tempo, das wir anfangs phasenweise hatten, haben wir nicht über 90 Minuten umsetzen können, wie wir uns das vorgenommen hatten", sagte Löw nach der Partie und sprach damit eines der Kernthemen an.

Nicht auf Gottes Hilfe setzen

Der italienische Abwehrverbund unter Cesare Prandelli ist (noch) nicht einer jener eisenharten Riegel, an denen man sich auch sechs oder sieben Stunden am Stück die Zähne ausbeißen könnte.

Das Italien mit der Spielidee Prandellis soll ein kreatives Kollektiv sein, das die sich vor ihm auftürmenden Probleme mehr mit spielerischer Eleganz lösen soll und nicht nur mit einer unüberwindbaren Abwehr und der Hilfe vom lieben Gott vorne drin.

Denn wenn die deutsche Mannschaft mit direktem Spiel und Tempo auf den aufgeweichten italienischen Beton zurannte, wurde es sofort konfus unter den Blauen. Das 1:0 durch Klose, dem ein Doppelpass zwischen Özil und Müller und die Uneigennützigkeit des Bayern-Spielers vorausgegangen war, hätte dafür Beleg genug sein sollen.

"Haben dem Gegener zu große Räume gelassen"

Die deutsche Mannschaft machte es sich aber mit ihrem deutlich höheren Ballbesitzzeiten und der Kontrolle über das Spiel zu bequem und vergaß dabei, dass auch sie dem Gegner zu viele Freiheiten und Lücken gewährte.

Vor allem im gefährlichen Raum zwischen defensivem Mittelfeld und der Viererkette im Zentrum waren die Abstände zu groß, stimmte die Abstimmung zwischen den beiden Sechsern Schweinsteiger und Khedira nicht immer.

"Dass wir zusammenspielen können, haben wir schon oft gezeigt. Wir haben dem Gegner aber nicht nur im Mittelfeld zu große Räume gelassen", zeigte sich Khedira einsichtig.

Keine Lösung für die linke Abwehrseite

In Ansätzen war da schon wieder jenes Deutschland zu sehen, das im letzten Sommer teilweise grandios aufgespielt hatte. Das allerdings - wenngleich auch nur in einem Testspiel - auch treu an seinen üblichen Krankheiten festhält.

Dennis Aogo, der etwas überraschend von Beginn an ran durfte, konnte auf der linken Abwehrseite allenfalls in der Defensive sporadisch überzeugen. Offensiv fehlen dem Hamburger weiter die Explosivität und die Genauigkeit beim Pass in die gefährliche Zone vor dem Tor.

Hoffnungsvolle Ansätze für eine mögliche Lösung des vermaledeiten Problems links hinten lieferte auch dieser Test nicht. Dafür zeigte er, dass der Gegner auch in Zukunft wirklich gewillt scheint, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen. "Es war ein teilweise gutes Spiel, auch von den Italienern", gestand Löw.

Prandelli: Sind noch nicht auf einer Höhe

Sein Kollege Prandelli befand den Test sogar für noch besser. "Es war ein sehr gutes Spiel meiner Mannschaft, die beste Leistung seit meinem Amtsantritt. Wir haben gegen eine der besten Mannschaften der Welt gespielt und uns sehr gut geschlagen. Noch sind wir zwar nicht auf einer Höhe mit der deutschen Elf, aber wir konnten den Abstand verringern."

Mit einer neuen Spielausrichtung, am Ende sogar im holländisch-geprägten 4-3-3, spielten die Azzurri einen neuen Stil, der sich weiter wegbewegen soll vom nüchternen Ergebnis-Fußball - ohne den ganz aufzugeben. Schließlich gewinnt man letztlich genau so eine ganze Menge von Spielen.

Denn am Ende war es eine jener ur-italienischen Tugenden, die dem deutschen Team zum Sieg gefehlt hatte: Eine Partie mit Biss und Durchsetzungsvermögen auch mal schmutzig nach Hause zu spielen. Ein bisschen vom alten Italien hätte in dieser Phase sicherlich gut getan.

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