Wo ist das Aspirin?

Von Adrian Fink
Bayer Leverkusen und AS Rom haben sich 4:4 getrennt
© getty

Nach dem 4:4-Spektakel gegen den AS Rom waren die Verantwortlichen von Bayer Leverkusen voll des Lobes für das Team. Doch bei all den Emotionen blieb auf der Strecke, dass durchaus mehr drin gewesen wäre für die Werkself und Leverkusen sich ein Problem geschaffen hat

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"Dass die Mannschaft so zurückgekommen ist, ist einfach großartig. Das war alles andere als ein normales Fußballspiel. Für solche Spiele kommt man ins Stadion. So ein Spiel wie heute wird uns gut tun", schwärmte Roger Schmidt kurz nach dem Abpfiff. Die emotionale Analyse ist verständlich, sein Team wurde gerade Teil einer berauschenden Fußball-Party.

"Wir sind so etwas wie der moralische Sieger", teilte Rudi Völler den Enthusiasmus des Coaches. "Nach dem Anschlusstreffer der Römer ist bei uns total der Faden gerissen. Aber wir sind zurückgekommen, weil wir wieder an uns geglaubt haben." Dass die äußerst dürftige Leistung des ungarischen Schiedsrichters Viktor Kassai am Ende des Tages nur noch eine Randnotiz lieferte, sprach für den sportlichen Unterhaltungswert der Partie.

Doppelpack stellt Weichen auf Sieg

Den Anfang machten die Hausherren, die die Weichen früh auf Sieg stellten. Nach 19 Minuten lag Bayer Leverkusen dank eines Doppelpacks von Javier Hernandez mit zwei Treffern in Front. Aufgrund der dargebotenen Dominanz wähnte sich die Werkself in einer vermeintlich komfortablen Ausgangslage.

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Doch was die Fans in der BayArena dann zu Gesicht bekamen, war kaum zu begreifen. "Aus irgendwelchen Gründen haben wir nach dem 2:0 nachgelassen. Mit der Art und Weise können wir heute nicht zufrieden sein", sagte Bernd Leno bei Sky. Der Keeper brillierte zwar teilweise, leitete mit seiner verunglückten Faustabwehr aber auch das 2:1 ein.

Viel zu viel Platz für die Roma

Allerdings war die Hauptschuld für die verschlafenen 60 Minuten nicht bei Leno zu finden. Das gesamte Team agierte nicht mehr kompakt und gewährte den Gästen viel zu viel Platz, sodass die Römer, angetrieben vom stark aufspielenden Doppeltorschützen Daniele De Rossi, noch vor dem Halbzeittee zum Ausgleich kamen. Damit nicht genug.

Auch nach dem Seitenwechsel blieb die Roma spielbestimmend und belohnte sich mit der verdienten Führung durch einen sehenswerten Freistoß von Miralem Pjanic. Bitter für Leverkusen war, dass dem Standard eine Fehlentscheidung des Schiedsrichters voranging.

Ein Beispiel für die mangelnde internationale Erfahrung einiger Leverkusener wie Wendell, Jonathan Tah, Giulio Donati war der sechste Treffer des Tages, den Bayer schulbubenhaft verteidigte. In der 73. Minute tanzte erst Gervinho seinen Gegenspieler Tah auf dem linken Flügel aus. Kyriakos Papadopoulos eilte seinem Kollegen zur Hilfe, aber da von Wendell nichts zu sehen war, musste Iago Falque mutterseelenallein nur noch einschieben. Die Italiener schienen die drei Punkte im Sack zu haben.

Kampl holt zum Rundumschlag aus

Doch dann kam Kevin Kampl und verpasste dem Spiel seine letzte Wendung. Bis dahin untergetaucht, holte der Slowene zum Rundumschlag aus. Erst erzielte er den Anschlusstreffer mit einem Traumtor, kurz darauf initiierte er den Ausgleich mit einem wunderbaren Solo.

"Es ist nicht das erste Mal, dass ich gegen Leverkusen ein verrücktes Spiel erlebe. In der Anfangsphase haben wir ein bisschen gepennt und zwei Tore kassiert, dann haben wir den Ausgleich gemacht und selbst mit zwei Toren geführt", fasste Antonio Rüdiger nach dem Abpfiff zusammen und fügte ratlos an: "Was dann am Ende passiert ist, kann ich mir auch nicht erklären."

Rüdigers Trainer Rudi Garcia war hingegen fündig geworden: "Es ist die Geschichte unserer bisherigen Saison, dass wir viele Tore erzielen, aber auch zu viele Tore kassieren."

Das große Aber

Während die Roma mit den verlorenen Punkten haderte, schienen die Verantwortlichen von Leverkusen zufrieden. Aber warum? Ja, es war ein Fest für die Fans und ja, es sah phasenweise richtig gut aus, was die Werkself auf dem Platz zeigte. Die Leverkusener haben große Moral bewiesen. Doch es gibt ein großes Aber.

Es war mehr drin. Schon nach 20 Minuten stellte sich das Gefühl ein, die Italiener hätten dem Bundesligisten nichts entgegenzusetzen.

Aber mit dem Anschlusstreffer verflog jegliches Zeichen der Dominanz und vor allem jegliche Souveränität der Leverkusener. Ohne emotionale Komponente steht unter dem Strich ein torreiches Unentschieden. Gemessen an der anfänglichen Überlegenheit eindeutig zu wenig für ein Heimspiel gegen den schärfsten Konkurrenten um den zweiten Platz hinter dem FC Barcelona.

Unangenehme Position für Leverkusen

Mit dem Remis hat sich die Werkself in die unangenehme Position gebracht, im Rückspiel am 4. November in Rom auf keinen Fall verlieren zu dürfen. Mit einem Sieg würde die Roma vorbeiziehen und Bayer wäre auf Schützenhilfe von Bate Borissov angewiesen, sofern der Schmidt-Truppe gegen Barca keine haushohe Überraschung gelingt.

Es ist zwar schön und nachvollziehbar, wenn der Trainer den Kampfgeist seines Teams lobt und sich Völler als "moralischer Sieger" fühlt, allerdings wäre eine abgeklärte Spielweise mit der Zwei-Tore-Führung und den Fans im Rücken angebracht gewesen. Denn eines ist auch klar: Geht das Rückspiel verloren, herrscht Katerstimmung und die Leverkusener können sich aus dem Bayer-Werk Aspirin liefern lassen.

Bayer Leverkusen - AS Rom: Die Statistik zum Spiel

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