"Benfica? Kann einem angst und bange werden"

Von Interview: Tristan Ebertshäuser
Theo Redder gewann mit dem BVB den DFB-Pokal und den Europapokal der Pokalsieger
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SPOX: Lassen Sie uns noch einmal zum Rückspiel zurückkommen. Hatte irgendjemand im Stadion Rote Erde diesen Kantersieg für möglich gehalten?

Redder: Die Stimmung war euphorisch, die Rote Erde war ausverkauft. Und wenn man so hört, wer damals alles dabei gewesen sein will, dann müssen nicht wie offiziell erlaubt 42.000 sondern 150.000 Leute im Stadion gewesen sein. (lacht) Da werden Geschichten erzählt, jeder Zweite war angeblich im Stadion. Trotz der Niederlage im Hinspiel wussten wir aufgrund der vorhin beschriebenen Gegebenheiten, dass es zumindest nicht undenkbar ist, das Ding noch zu drehen. Wir haben die Leistung in den folgenden Spielen ja auch bestätigt und sind bis ins Halbfinale gegen Inter Mailand gekommen.

SPOX: Nach den drei schnellen Toren muss im Stadion die Hölle los gewesen sein.

Redder: Ja, allerdings! Man kann das natürlich nicht damit vergleichen, was sich heute auf der Südtribüne abspielt. Vor allen Dingen lief es gesitteter ab. Aber der Jubel war groß und nach Abpfiff kamen die Zuschauer auf das Feld gelaufen, was heute natürlich unmöglich ist. Die haben uns die Sachen praktisch vom Körper gerissen. Man konnte ein bisschen Angst kriegen, alle wollten einen berühren. Aber es gab keine Randale oder so etwas.

SPOX: Wie haben Sie als noch sehr junger Spieler auf den Platzsturm reagiert?

Redder: Man hat sich beeilt, in die Kabine zu kommen. Da war natürlich Feierabend. Aber auf dem Platz spielte sich schon einiges ab. Manche kamen erst später rein, wurden von den Menschen auf den Schultern getragen. Damals ging das noch. Das wäre heute ein Ding der Unmöglichkeit.

SPOX: Hat es das Dortmunder Selbstverständnis verändert, diese internationale Startruppe aus dem Europapokal geworfen zu haben?

Redder: Borussia ist geprägt von Tradition. Die Mannschaft, die 1956/57 zwei Mal in Folge Deutscher Meister wurde, hatte schon eine Ära geprägt. Dann war Dortmund 1961 schon wieder im Endspiel, 1963 wieder Deutscher Meister und im DFB-Pokalfinale, das wir gegen Hamburg verloren haben. Dortmund war schon immer eine Fußball-Hochburg und die Rivalität zu Schalke hat das noch weiter nach oben getrieben. Die Fußball-Begeisterung in Dortmund hat eine lange Tradition.

SPOX: Welchen Stellenwert hat das Spiel für Sie persönlich?

Redder: Für mich persönlich hat es einen sehr hohen Stellenwert und natürlich auch im Verein. Man spricht immer vom "Jahrhundertspiel". Aber Borussia hat mittlerweile so viele Erfolge gefeiert. Es gab nicht nur ein grandioses Spiel, an dem man sich jetzt festhalten muss. Ich war jung, bin mit 22 gerade in die Mannschaft gekommen. Anschließend bin ich 1965 noch deutscher Pokalsieger und 1966 Europapokalsieger geworden, das sind natürlich auch Spiele, die nachklingen. Leider ging es dann wegen einer schweren Leistenverletzung bei mir irgendwann nicht mehr weiter.

SPOX: Verraten Sie uns noch ihren Tipp für Dienstag?

Redder: Am liebsten wäre mir natürlich ein Sieg. Ein Unentschieden wäre auch noch gut, zur Not akzeptiere ich auch eine 1:2-Niederlage. Ab einem 0:2 wäre es ganz schwer. Die Mannschaft scheint mir im Moment nicht so stabil zu sein - vor allem die Abwehr. Da ist keine Ordnung drin, da fehlt uns ein Mann wie Mats Hummels. Ich kann momentan jedenfalls nicht so recht an einen Sieg glauben, wenn ich mir die Rückrundenspiele bisher anschaue. Aber wir haben ja auch immer wieder Ausreißer nach oben.

SPOX: Was macht Ihnen Hoffnung?

Redder: Wenn ich an das Spiel in Madrid denke, da haben wir richtig gut gespielt, hatten jede Menge Konterchancen. Naja, aber das ist zwei, drei Monate her. Man muss das schon realistisch sehen: Wir haben gerade gegen den Tabellenletzten verloren und die waren die klar bessere Mannschaft. Der Trainer hat jetzt viel Arbeit, um wieder das nötige Selbstvertrauen aufzubauen und die richtige Aufstellung zu finden. Aber das ist nicht so einfach.

SPOX: Ein Sieg würde helfen.

Redder: Ganz bestimmt! Aber den hätten wir gegen Darmstadt auch gut gebrauchen können (lacht)!

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