HSV verliert bei Debüt von Christian Titz gegen Hertha: Hilfe von Klopps Kalenderspruch

Traurige Gesichter gibt es beim HSV seit Wochen.
© Getty

Der Hamburger SV hat den Turnaround auch unter dem neuen Trainer Christian Titz nicht geschafft. Dabei war vor dem Spiel von Aufbruchstimmung die Rede und zur Halbzeit sah alles auch gut aus. Doch dann schlug die Psychologie zu, die die Hamburger wohl so nicht auf der Rechnung hatten.

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Es ist jetzt ungefähr zehn Jahre her, da hätte der HSV Jürgen Klopp als Trainer verpflichten können. Doch aufgrund von einigen unsinnigen Bewertungskriterien (flapsiger Umgang mit der Presse, Unpünktlichkeit, Löcher in den Jeans, Raucher) fiel der damalige Coach des 1. FSV Mainz 05 durchs Raster.

Wer weiß, wie es um den HSV heute stehen würde, wenn Klopp nach Hamburg und nicht nach Dortmund gewechselt wäre. Aber das Leben findet bekanntlich nicht im Konjunktiv statt und so ist Klopp heute Trainer des FC Liverpool und der HSV nähert sich nach und nach dem ersten Abstieg aus der Bundesliga an.

In der Halbzeit des Bundesligaspiels der Hamburger am Samstag gegen Hertha BSC hätte aber auch nur ein Motivationsspruch Klopps gereicht, der seit einer Werbekampagne des Trainers allseits bekannt ist: "Ich glaube nicht daran, dass die Angst vorm Verlieren dich eher zu einem Sieger macht als die Lust auf das Gewinnen. Und die Lust auf das Gewinnen ist das, um was es geht."

Eine Halbzeit Aufbruchstimmung beim HSV

Der HSV hatte gerade eine der besten Halbzeiten der vergangenen Monate hinter sich gebracht und war mit einer 1:0-Führung in die Kabine gegangen. Die von Vorstand Frank Wettstein vor Spielbeginn beschworene Aufbruchstimmung war auch auf dem Platz zu sehen.

Die Hamburger spielten Fußball, sie gewannen Zweikämpfe, sie agierten selbstbewusst und sie kombinierten sich Chancen und die Führung heraus. Der vom neuen Trainer Christian Titz angekündigte mutige und aktive Fußballstil wurde sichtbar.

Hertha-Coach Dardai sieht Angst beim HSV

Hertha-Trainer Pal Dardai sah aber noch etwas anderes: Angst. Aus eigener Erfahrung mit der Hertha wisse er, wie es einer Mannschaft im Abstiegskampf gehe, die in Führung liege. Deshalb sagte er seiner Mannschaft in der Halbzeit: "Der Gegner wird Angst haben, der führt jetzt und hat etwas zu verlieren."

Der Ungar war sich seines psychologischen Kniffs ziemlich sicher, ließ seine Mannschaft den HSV aggressiv und druckvoll anlaufen und lauerte auf Fehler. Es sei ganz normal, dass kein Spieler in dieser Situation Fehler machen wolle und diese Unsicherheit gelte es auszunutzen.

Mit seiner Einschätzung traf Dardai den Nagel auf den Kopf. In den 20 Minuten nach der Pause "hat uns der Mut verlassen", resümierte Titz, der seinem Team offensichtlich im Sinne Klopps die Angst vorm Verlieren nicht austreiben konnte.

HSV stellt historischen Negativrekord ein

Oder hatte der HSV diese Entwicklung so gar nicht auf der Rechnung? Während Dardai an das Kopfkino bei den Hamburgern glaubte, war Thomas von Heesen ob des Leistungsabfalls in der zweiten Halbzeit etwas ratlos.

Der sportliche Berater des Vorstands verstehe den Bruch im Spiel seiner Mannschaft nicht. "Mit so einer ersten Halbzeit geht man nicht so in die zweite", meinte von Heesen und unterschätzte damit offenbar die Dardai bestens bekannte Dynamik des Abstiegskampfs.

Die Hamburger Spieler erholten sich auf jeden Fall nicht mehr von den Rückschlägen der zweiten Halbzeit und kassierten die 17. Niederlage der Saison. Mit 14 sieglosen Spielen in Folge (9 Niederlagen, 5 Remis) stellte der HSV sogar einen Vereinsnegativrekord aus der Saison 1966/67 ein.

Es wird während der Woche auch viel psychologische Arbeit nötig sein, um die Lust aufs Gewinnen über die Angst vorm Verlieren zu stellen. Floskeln wie von von Heesen werden eher nicht reichen. Der sagte noch: "Aufgeben darfst du nie."

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