Alles, nur nicht magisch

Daniel Didavi feiert sein Tor zum 1:0 gegen Mainz 05
© getty

Genau zur richtigen Zeit findet der VfB Stuttgart in der Liga wieder in die Spur. Die neue Offensive um Daniel Ginczek und Filip Kostic hat daran großen Anteil - weil vor allem die Königstransfers von Ex-Sportdirektor Fredi Bobic endlich zünden.

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Christoph Metzelder ist als lustiger Geselle bekannt. Hier und da lässt er gerne mal einen lockeren Spruch los, das Spiel mit den Medien hat er längst verinnerlicht. Auch in der Sky-Expertenrunde vor dem Bundesliga-Topspiel zeigte sich der Ex-Profi gewohnt lässig. Sobald es jedoch um taktische Dinge geht, versteinert sich seine Miene. Das Lachen weicht einem ernsten Blick.

Wie er denn die Offensive der Schwaben einschätze, wollte Moderator Sebastian Hellmann wissen. Es sei enorm, was der VfB aktuell im Sturm zu bieten habe, so Metzelder: "Nur Barca und Real haben derzeit einen ähnlichen Angriff zu bieten". Sowohl die Expertenrunde als auch sämtliche TV-Zuschauer warteten nur auf das Schmunzeln in Metzelders Gesicht. Doch es kam nicht. Der Ex-Dortmunder meinte es ernst.

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Vor nicht allzu langer Zeit krankte dieser Angriffsapparat noch gewaltig. Mit Florian Klein und Adam Hlousek besetzten oft zwei Außenverteidiger die Positionen auf den offensiven Flügeln. Beide waren damit hoffnungslos überfordert. Da über die Außen fast kein gefährlicher Angriff zustande kam und das Zusammenspiel mit den Verteidigern nicht klappte, war über weite Strecken keine Spielidee zu erkennen. Ein strukturierter Angriff hatte Seltenheitscharakter.

"Nicht bundesligatauglich"

Drei Tore aus acht Spielen war die fürchterliche Zwischenbilanz um die Weihnachtszeit. Auch von den groß angekündigten Neuzugängen war nichts zu sehen. Königstransfer Filip Kostic, der für sechs Millionen Euro vom FC Groningen kam, verhaspelte sich nach Einwechslungen ein ums andere Mal und wurde von Metzelders Experten-Kollege Lothar Matthäus vor laufender Kamera gar als "nicht bundesligatauglich" abgestempelt.

Immer wieder tauschte Coach Huub Stevens seitdem in der Offensive großflächig Personal und Taktik. Ein langsamer und zäher Prozess, der seit wenigen Spieltagen abgeschlossen scheint. Unmittelbar nach seiner Rückkehr wurde Daniel Ginczek als Fixpunkt im Angriff installiert und um den Ex-Nürnberger eine funktionierende Angriffsmaschinerie gebastelt.

Ginczek zahlt Vertrauen zurück

Langsam aber sicher scheint der Stürmer das ihm entgegengebrachte Vertrauen zurückzuzahlen. Im Sommer holten die Schwaben den 24-Jährigen trotz eines frischen Kreuzbandrisses nach Stuttgart. "Trotz meiner schweren Verletzung hat mich der Verein verpflichtet. Dafür bin ich sehr dankbar", so Ginczek, der den Schwaben mit seiner Spielweise sichtbar guttut. Vedad Ibisevic, der sein letztes Tor im Januar 2014 erzielte, ist längst vergessen und durfte zuletzt nicht einmal mehr auf der Bank Platz nehmen.

Immer wieder lässt sich Ginczek tief fallen, zieht somit Gegenspieler auf sich und verteilt die Bälle im Anschluss stark auf die Flügel. Auch im Abschluss bringt er die zuletzt fehlende Kaltschnäuzigkeit mit. So erzielte der gebürtige Sauerländer sechs Tore in den letzten sieben Spielen und steuerte zudem zwei Assists bei. Dank Ginczek konnte Martin Harnik wieder auf den rechten Flügel weichen und dort seiner angestammten Arbeit nachgehen. Auch Sorgenkind Kostic zieht sich am Stürmer hoch.

Kostic kommt in Fahrt

"Manchen Spielern muss man Zeit geben - vor allem, wenn sie aus einer Liga kommen, in der das Tempo nicht ganz so hoch ist", so Sportdirektor Robin Dutt über die Startschwierigkeiten von Kostic. Inzwischen scheint der Serbe jedoch sämtliche Ketten abgelegt zu haben. Von der anfänglichen Faulheit im Defensivspiel sowie übermotivierten Angriffen ist längst nichts mehr zu sehen.

Selbst Matthäus ruderte inzwischen zurück. Nach dem starken Spiel gegen Mainz adelte er Kostic: "Er erinnert mich mittlerweile an Franck Ribery." Auch Experte Dietmar Hamann war voll des Lobes: "Derzeit gibt es nicht viele bessere Außenspieler in der Bundesliga."

Kostic hat es inzwischen verstanden, seine irre Antrittsschnelligkeit adäquat einzusetzen. Meist ohne große Tricks legt sich der 22-Jährige den Ball hinter den Gegner und sprintet relativ mühelos vorbei. Auf diese Art und Weise hatte er im Spiel gegen Mainz Zeit für elf Flanken und fünf Torschussvorlagen.

Didavi als Hoffnungsträger

Aufgrund der anfälligen Defensive (17 Gegentore in den letzten acht Spielen) ist die neue und wilde schwäbische Offensive die Hoffnung für den Saisonendspurt. An zwölf der letzten 14 Tore war das Trio direkt beteiligt und ist somit hauptverantwortlich für die aufsteigenden Leistungen der Schwaben. Seit dem letzten Spieltag wirbelt zudem noch Daniel Didavi in der Offensive mit. Gerade einmal drei Spiele machte der 25-Jährige in dieser Saison über 90 Minuten. Doch das Spiel gegen Mainz, in dem er sich auf Anhieb zum Dreh- und Angelpunkt aufschwang, unterstreicht die Bedeutung des Technikers.

Wie in der letzten Saison kehrt der gebürtige Schwabe im Saisonendspurt in die Stammelf zurück. Damals hatte Didavi maßgeblichen Anteil am Klassenerhalt. "Ich hätte nichts dagegen, wenn sich die Geschichte wiederholt", meint der 25-Jährige: "Das Momentum liegt bei uns. Wir spielen den besten Fußball."

Dass eine solche Offensiv-Konstellation das Stuttgarter Umfeld zum Träumen bringt, liegt in der Vereinshistorie begründet. Ein magisches Dreieck habe der VfB wieder, war aus dem Fan-Umfeld vor der Didavi-Rückkehr zu hören. Doch dieses Patent halten andere. Unter anderem ein gewisser Fredi Bobic. Dieser musste im Winter auch aufgrund seiner kritisierten Transferpolitik beim VfB seinen Hut nehmen. Die wichtigen Transfers waren damals: Kostic und Ginczek.

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