Der Ruhepol unter vielen Aufgeregten

SID
Jupp Heynckes lässt alle wissen, dass er sich keine Gedanken um einen Rücktritt macht
© Getty

Jupp Heynckes schaute kurz irritiert, doch dann entschied er sich doch für ein Lächeln. "Ich dachte schon, jetzt kommt noch eine Frage zu Christian Wulff, das ist ja auch so ein Thema, das immer hoch gekocht wird und nie zum Stillstand kommt." Heynckes musste dann aber doch nichts zum zurückgetretenen Bundespräsidenten sagen, sondern zu Messi und dessen wundersamen Auftritt mit fünf Toren am Abend vorher in der Champions League gegen Bayern Leverkusen.

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Am Tag danach, als der FC Bayern in einer beispiellosen achtzeiligen Presseerklärung den "Gerüchte-Journalismus", wie der Vorstand schrieb, verurteilt und sogar rechtliche Schritte angedroht hatte, erschien der Trainer zur Pressekonferenz.

Und die Klubverantwortlichen täten gut daran, sich ein Beispiel an ihrem Fußballlehrer zu nehmen, der den ganzen Aufgeregtheiten mit größtmöglicher Unaufgeregtheit begegnet. Die erste Frage der Pressekonferenz lautete: "Trainieren Sie die Mannschaft auch noch über das Saisonende hinaus?"

Heynckes denkt nicht an einen Rücktritt

Ob es mit 66 Jahren an seiner Altersweisheit liegt oder doch an der Tatsache, dass er "im Fußball schon alles erlebt habe", wie Heynckes mehrmals sagte, blickte er den Fragesteller mit einem Lächeln an, das so sanft war wie das eines Großvaters für seinen Enkel. "Diese Frage überrascht mich nicht", entgegnete also Heynckes. "Mir hat die Arbeit schon immer Spaß gemacht, ich führe die Mannschaft mit großer Leidenschaft und großem Engagement."

Heynckes hatte Verständnis für die Frage des Journalisten, auch wenn er sie für völlig deplatziert hielt. Er sprach vom "Zeitgeist", vom Druck, unter dem die Journalisten stünden. "Es geht mehr um Schnelligkeit als um die seriöse Recherche." Natürlich könnte man Kritik am FC Bayern und an seiner Person üben. "Schließlich haben wir auswärts eine Problematik", wie Heynckes hinzufügte, "weil wir nicht so gut spielen. Und wenn wir gut spielen, nicht gewinnen."

Die Kritik an seiner Person interessiere ihn aber nicht. "Für mich ist der Trainerjob keine Arbeit. Das kommt nicht an mich ran. Ich kenne die Regeln und lese diese Kritiken nicht", sagte Heynckes. Vielmehr scheinen ihn die Spekulationen um seine Person zu amüsieren. Sein Vertrag beim FC Bayern endet im Sommer 2013. Und der 66 Jahre alte Fußballlehrer denkt nicht daran, früher zu gehen. "Ich gehe davon aus, dass ich ihn erfülle. Ich fühle mich vital und ausgeruht und weiß, dass wir das Blatt wenden werden."

Wunsch nach Vertragsverlängerung im Herbst

Es sind nur wenige Monate vergangen, als die Münchner Medien eine vorzeitige Verlängerung seines Vertrages fast täglich gefordert hatten. Der FC Bayern spielte im Herbst auf einem Niveau, "wie seit vielen Jahren nicht mehr", wie am Donnerstag auch Heynckes anmerkte.

Umso überraschender ist deshalb auch die Tatsache, dass der Vorstand des FC Bayern öffentlich auf die Gerüchte reagiert. Selbst Ehrenpräsident Franz Beckenbauer wundert sich über den Aktionismus und die mangelnde Souveränität seiner früheren Kollegen. "Das ist schon seit 40 Jahren so. Es wäre vielleicht besser gewesen, man hätte das ignoriert."

So oder so: Trainer Heynckes macht nicht den Eindruck, als würde er seine Souveränität verlieren. Er wolle stattdessen die sportliche Situation sachlich analysieren. "Ich sehe das nicht so dramatisch." Wichtig sei nun, dass sich die Mannschaft auf sich konzentriere und am besten gleich am Samstag im Heimspiel gegen Hoffenheim damit anfange, "damit wir den Schub mitnehmen können für die Champions League am Dienstag."

Sollte der FC Bayern im Achtelfinale am FC Basel scheitern, wird es spannend zu beobachten, ob Trainer Jupp Heynckes sein Lächeln und seine innere Ruhe weiter behalten wird.

Jupp Heynckes im Steckbrief

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