"Nicht zu viel verändern"

Von Philipp Dornhegge
Kritischer Beobachter: HSV-Trainer Thorsten Fink macht sich einen Eindruck von seinen Spielern
© Getty

Der Hamburger SV hat sein erstes Spiel unter dem neuen Trainer Thorsten Fink erfolgreich hinter sich gebracht. Beim Testspielsieg gegen die eigene U 23 probierte der Ex-Profi einiges aus. Aufstellung und taktische Ausrichtung ließen erste Rückschlüsse darauf zu, wie er sich seine Mannschaft in Zukunft vorstellt.

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"Ich will nicht alles umwerfen", sagte Thorsten Fink zwar im Vorfeld des 6:0-Sieges gegen die U 23. Im Endeffekt tat er aber genau das: Er veränderte die Viererkette, die Doppelsechs, den Zwei-Mann-Sturm und brachte einen neuen Flügelflitzer.

Auf dem Platz stellte sich der HSV dann so dar: Heiko Westermann ersetzte Slobodan Rajkovic in der Innenverteidigung, dafür lief Dennis Diekmeier als neuer Rechtsverteidiger auf.

Tomas Rincon kam für Robert Tesche in der Zentrale, Paolo Guerrero für Heung-Min Son im Sturm.

Und auf links lief Marcell Jansen auf. Zuletzt nur noch Bankdrücker, könnte er einer der großen Profiteure des Trainerwechsels werden.

Lam: Von links nach rechts?

"Über Marcells Qualitäten brauchen wir nicht mehr zu reden. Er ist Nationalspieler und hat seine Qualität schon genug bewiesen", machte Fink dem Linksfuß jedenfalls Hoffnungen, dass er in Zukunft auf ihn setzen wird.

In der 4-4-2-Aufstellung mit offensiven Außenspielern und zwei klassischen Stürmern funktionierte die Abstimmung mit Linksverteidiger Dennis Aogo sehr gut, immer wieder fand er auch Guerrero und Mladen Petric im Sturm. Um ein Haar hätte Jansen sogar ein Tor erzielt, doch sein Schuss in der 2. Minute klatschte nur an die Latte.

Zhi Gin Lam, der erst unter Interimstrainer Rodolfo Cardoso den Sprung zu den Profis geschafft hatte, will sich offenbar aber nicht damit abfinden, seinen Platz im Team schon wieder verloren zu haben. Mit einem 40-Meter-Solo und dem Tor zum 4:0 machte auch der eingewechselte Youngster fleißig Eigenwerbung.

Töre und Ilicevic verletzt

Seine Chance könnte er am kommenden Wochenende beim Nordderby gegen den VfL Wolfsburg (Sa., 18.15 im LIVE-TICKER und bei Sky) auch dann bekommen, wenn Jansen spielt.

Denn auf rechts tat sich unerwartet eine Lücke auf. Gökhan Töre verletzte sich im Testspiel nach nur 15 Minuten am Oberschenkel, dem Türken droht eine Pause. Und weil nach Ivo Ilicevic' Muskelfaserriss die hochkarätigen Alternativen fehlen, könnte Lam zum Zug kommen.

Allerdings droht ihm unerwartet Konkurrenz von Neuzugang Jacopo Sala, der bislang noch gar keine Rolle in Hamburg spielte. Sala nutzte die zweite Hälfte des Testspiels, in der Fink die komplette Mannschaft austauschte, zu einer Vorlage und einem Tor.

Zudem kommt für rechts auch Son in Frage, zumal Guerrero bei Fink einen Stein im Brett zu haben scheint und im Sturm erste Wahl für das Wolfsburg-Spiel zu sein scheint.

Sorgenkind Rajkovic: Kein Selbstvertrauen nach EM-Aus

"Die Automatismen kommen nicht von heute auf morgen", fasste der Trainer die Partie anschließend zusammen. Aber: "Alle Mannschaftsteile haben mir heute gut gefallen." Auch der Sturm, in dem der nach wie vor gesetzte Petric ein Tor erzielte und Reservist Marcus Berg nach der Pause ein Tor und eine Vorlage verbuchte.

Genauso aber Torwart Jaroslav Drobny, der seine Schwächephase endgültig überwunden zu haben scheint und schon gegen Freiburg überzeugen konnte.

Das Sorgenkind ist derzeit dagegen Rajkovic. Der Serbe hatte sich nach seiner Verpflichtung prächtig beim HSV eingelebt, ließ zuletzt aber plötzlich jegliches Selbstvertrauen vermissen. In Hamburg heißt es, dass er das EM-Aus mit seiner Nationalmannschaft noch nicht verkraftet habe.

Doch Fink stellte klar, dass er grundsätzlich dennoch auf den 22-Jährigen setzt: "Die Aufstellungen hatten nichts mit A- und B-Elf zu tun. Wir wollen nicht zu viel in den drei Tagen bis zum Spiel verändern." Entsprechend ließ er auch offen, ob nicht doch Westermann auf rechts bleibt und Rajkovic eine neue Chance im Abwehrzentrum erhält.

Drobny: "Fink ist der Chef"

Zumindest aber will er seine Mannschaft angriffslustiger sehen als zuletzt unter Michael Oenning.

Auf die Frage des "Kicker", ob sein offensiver Stil auch bei einem Tabellenletzten umsetzbar sei, sagte Fink: "Grundsätzlich ja. In erster Linie ist die Philosophie natürlich immer von der Stärke des Kaders abhängig. Doch ich bin sicher: Mit dieser Mannschaft geht das."

Die Spieler wissen nach nur wenigen Trainingseinheiten zwar noch nicht genau, was Fink erwartet (Drobny: "Es ist schwer, etwas zu sagen. Wir wissen nur, dass er in Basel erfolgreich gearbeitet hat und eine Philosophie hat. Er ist der Chef").

Der 43-Jährige hat dagegen schon ein klares Bild von seinem Kader, lobte zuletzt spielstarke Verteidiger, schnelle Außen, gute Stürmer und eine stimmige Mischung aus Jung und Alt. Mit diesen Voraussetzungen ist sich der selbstbewusste Fink deshalb sicher: "Wenn die Mannschaft macht, was ich ihr vorgebe, wird sie Erfolg haben."

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