Der Meister der Feinfühligkeit

Von Haruka Gruber
Werder Bremen hat sich heimlich, still und leise nach oben gespielt
© Imago

Warum mutiert Spitzenreiter Leverkusen? Was ist die hässliche Seite der Schalker? Und welches Grundproblem haben die Bayern? Sechs Teams machen sich zur Hälfte der Hinrunde berechtigte Hoffnungen auf den Herbstmeister-Titel - und darunter ist auch ein gefährlicher Geheimfavorit.

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1. Bayer Leverkusen (21 Punkte, 18:5 Tore)

Was bisher geschah: Leverkusen mutierte zur genetischen Kreuzung aus Berlin und Hoffenheim der vergangenen Saison. Entweder Bayer gewann im Favre-Stil mit einem Tor Vorsprung (vier Mal) oder überrollte den Kontrahenten ob der eigenen Überlegenheit (5:0 in Freiburg, 4:0 gegen Nürnberg). Fast schon gruselig, wie es zwei Fußball-Grufties (Trainer Heynckes und Abwehrchef Hyypiä) gelang, die Identität des Teams in wenigen Wochen zu verändern. Statt das launenhaft-riskante Spektakel vergangener Tage personifiziert Bayer plötzlich die Zuverlässigkeit schlechthin und stellt die beste Abwehr der Bundesliga (5 Gegentore). Was offenbar blieb, ist die Zögerlichkeit - zumindest beim 0:0 in Hamburg.

Was demnächst geschieht: In den letzten Wochen war Leverkusen als eine der wenigen Mannschaften vom Glück geküsst. Von Kadlec abgesehen, verletzte sich kein Stammspieler schwer - das jedoch auch die Frage aufwirft: Was passiert mit der neu gewonnenen Stabilität, wenn Leistungsträger ausfallen? Zu Hyypiä, an dem sich Nebenmann Friedrich und viele andere in schwierigen Situationen klammern, gibt es schlicht keine Alternative. Und: Für die offensiven Außen steht nur die Drei-Mann-Rotation aus Augusto, Barnetta und Kroos parat.

Die nächsten fünf Spiele: Dortmund (H), Schalke (A), Frankfurt (H), Bayern (A), Stuttgart (H)

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2. Hamburger SV (21 Punkte, 20:8 Tore)

Was bisher geschah: Etliche Heimsiege (Ligabestwert mit 13 Punkten), etliche Verletzungen (Ligaminuswert mit nur einem gesunden Stürmer) und etliche Forderungen nach neuen Stars (von Ze Roberto und Jarolim). Auffällig: die Wankelmütigkeit der Mannschaft. Nach vier Erfolgen in Serie folgten drei sieglose Spiele hintereinander (inklusive Pokal-Aus und 0:3 bei Rapid) - nur um daraufhin wieder drei Mal am Stück zu gewinnen. Das 0:0 gegen Leverkusen war Ausdruck der Hilflosigkeit im Sturm.

Was demnächst geschieht: Vertragslose Spieler seien keine Option, nach der Hinrunde jedoch wird offenbar nachgekauft, auch wenn Boss Hoffmann sagt: "Die Marktlage ist so, dass etwas ganz besonders Bahnbrechendes aber auch im Winter nicht geht." Solange bleibt Hamburg mit dem Schicksal des einzig gesunden, aber bisher enttäuschenden Angreifers Berg eng verwoben. Gegen Bayer gewann der Schwede nur acht Prozent der Zweikämpfe und hatte nur 25 Ballkontakte, beides Negativmarken der Partie. Aber zuletzt fiel auch Nachwuchsmann Arslan wegen einer Knieprellung aus. Folgt nun die Taktikumstellung zum 4-2-3-1 mit Berg als einzige Spitze?

Die nächsten fünf Spiele: Schalke (A), Gladbach (H), Hannover (A), Bochum (H), Mainz (A)

 

3. FC Schalke 04 (19 Punkte, 13:6 Tore)

Was bisher geschah: Kreativität, Inspiration, fußballerische Ästhetik: Das alles verkörpert der FC Schalke 04 - nicht. Der ehemalige Spielmacher Magath analysierte pragmatisch und ohne romantisches Sentiment den mittelmäßigen Kader und verpasste ihm die einzig erfolgsversprechende Taktik: defense first! Schön anzusehen ist sie nicht, aber zumindest in der Fremde bewährt sie sich. Mit herausragenden vier Siegen und einem Remis ist Schalke die beste Auswärtsmannschaft. Die hässliche Seite der spielerischen Beschränktheit: Zuhause, wenn Schalke selbst eine Partie dominieren muss, lautet die Bilanz: 2 Siege, 2 Niederlagen.

Was demnächst geschieht: Ist Schalkes Fußball langweilig oder effektiv? Wie auch immer: Daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern. In der Offensive fehlt von Farfan und mit Abstrichen Kenia abgesehen die individuelle Qualität, so dass die Betonung weiterhin auf der Defensive liegt, was Magath im SPOX-Interview erklärt. Positiv: Holtby und Moravek (beide U-20-WM) sowie die genesenen Mineiro und Latza stehen wieder zur Verfügung. Negativ: Als einziges Topteam muss Schalke bis zur Winterpause gegen vier Teams aus den Top 6 antreten.

Die nächsten fünf Spiele: Hamburg (H), Leverkusen (H), Bayern (A), Hannover (H), Gladbach (A)

Die Teams von Platz vier bis sechs: Wie geht's beim FC Bayern weiter?