Der Meister der Feinfühligkeit

Von Haruka Gruber
Werder Bremen hat sich heimlich, still und leise nach oben gespielt
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4. Werder Bremen (18 Punkte, 16:6 Tore)

Was bisher geschah: Trainer Schaaf alias der Meister der Feinfühligkeit. Ihm gelang das Kunststück, seine Mannschaft in ein neues taktisches Korsett zu zwängen, ohne dass zwangsläufig den Freigeistern im Team ihre Kreativität abhanden kam. Obwohl Bremen teils mit einer sehr offensiven Ausrichtung auflief (Özil und Hunt oder Marin hinter den Spitzen), wurden erst sechs Gegentore notiert. Im letzten Jahr waren es zum gleichen Zeitpunkt 20. Weitgehend unbeachtet sorgt Schaltspieler Frings für eine lange nicht gekannte Balance, zudem steigerten sich die vormals so miserablen Außenverteidiger Fritz und Boenisch auf ein zumindest solides Niveau.

Was demnächst geschieht: Ein europäischer Spitzenklub wie Chelsea mag eine zu große Kragenweite sein, doch Werder passt perfekt zu Pizarro. Zusammen mit Özil bildet er eines der besten One-Two-Punches der Liga - und die Combo könnte am Ende der Saison als bester Torjäger (Pizarro) und Vorbereiter (Özil) ausgezeichnet werden. Eine Bereicherung verspricht der fleißige, aber glücklose Borowski, sollte er nur ansatzweise zu seiner Form von 2007/08 finden. Und doch nimmt kaum jemand Notiz von Werder. Die Chance des Geheimfavoriten?

Die nächsten fünf Spiele: Bochum (A), Nürnberg (A), Dortmund (H), Freiburg (A), Wolfsburg (H)

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5. VfL Wolfsburg (16 Punkte, 18:16 Tore)

Was bisher geschah: Die Abwehr ist ein Torso, Torjägerkönig Grafite macht auf Diva und das von Trainer Veh gewünschte Kurzpass-Spiel wird nur sporadisch umgesetzt. Umso erstaunlicher, dass der Meister den Anschluss hält. Misimovic und Dzeko (ungeachtet seiner fahrlässigen Chancenauswertung) agieren auf einem guten bis hohen Level, zudem erfüllen die Rollenspieler (Madlung, Josue, Riether, Hasebe, Gentner) weitestgehend die Erwartungen. Was jedoch nicht gänzlich die missglückte Transferpolitik auffangen kann. Die Verstärkungen Martins, Ziani und Kahlenberg sind, nun ja, keine Verstärkungen.

Was demnächst geschieht: Weil die Millionen-Transfers Martins (zu unbeständig), Ziani (taktisch unbedarft) und Kahlenberg (langzeitverletzt) eine kleine oder gar keine Rolle spielen, agiert Wolfsburg praktisch mit dem gleichen Team aus dem Meisterjahr. Nur: Die vormaligen Leistungsträger wie Barzagli, Grafite und Schäfer haben deutlich abgebaut. Im Winter wird Veh daher wohl einen weiteren Innenverteidiger verpflichten, damit der interne Druck wieder zunimmt. Weitere Wechsel sind nicht ausgeschlossen.

Die nächsten fünf Spiele: Hertha BSC (A), Mainz (H), Hoffenheim (A), Nürnberg (H), Bremen (A)

 

6. Bayern München (15 Punkte, 15:8 Tore)

Was bisher geschah: Einem Jedi-Meister gleich wollte Trainer Louis van Gaal von Beginn an mit Härte und etwas Mitgefühl seine Lehrlinge zu besseren Fußballern formen. Der spröde Bundesliga-Alltag jedoch fordert von van Gaal auch Ergebnisse und nicht nur spielerische Weiterentwicklung der Schützlinge. Van Gaals Spagat: Er sieht sich als Lehrer, muss aber auch eine Art CEO mimen. Was wohl auch mit dazu geführt hat, dass er noch immer kein endgültiges Taktik-Schema und keine Stammelf gefunden hat. Gegen Freiburg stellte er nach langer Zeit auf ein 4-4-2 mit Raute um, weil sie für das eine Spiel vielversprechender erschien. Van Gaal war einst ein Trainer mit einem Dogma. In München ist er vor allem ein Trainer mit Erfolgsdruck.

Was demnächst geschieht: Van Gaal betont wiederholt, er sei ein "Prozesstrainer", der Zeit brauche. Sein dringlichstes Projekt in den kommenden englischen Wochen: die Findung einer stabilen Achse. Von vier Spielern abgesehen (Van Bommel, Lahm, Schweinsteiger, Butt), pendelt der Rest - auch wegen Verletzungen - zwischen Startelf, Bank und Tribüne. Dennoch bleiben die Bayern trotz des nur gelegentlich aufblitzenden Van-Gaal-Fußballs der Topfavorit auf den Herbsttitel. Die letzten vier Gegner der Hinrunde heißen nämlich Hannover, Mönchengladbach, Bochum und Hertha BSC.

Die nächsten fünf Spiele: Frankfurt (H), Stuttgart (A), Schalke (H), Leverkusen (H), Hannover (A)

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