Halbe Punkte, Geisterfahrer und der Kimi-Faktor

Von SPOX
Kimi Räikkönen wurde 2007 Weltmeister
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1994: Ein Weltmeister in Warteposition

WM-Kampf: Damon Hill vs. Michael Schumacher

Weltmeister: Michael Schumacher (Benetton-Ford)

Tödliche Unfälle, Rücktrittsgedanken, Schummeleien, Disqualifikationen, Gala-Auftritte - das Jahr 1994 glich einer rasanten Achterbahnfahrt. Auch das Saisonfinale in Adelaide machte da keine Ausnahme. Damon Hill hatte vor dem Rennen in Australien nur einen Punkt Rückstand auf Michael Schumacher und schnappte sich zudem die Pole Position. Doch der Deutsche erwischte - wie so oft in diesem Jahr - den besseren Start und führte das Rennen an.

Dann kam Runde 36. Nach einem Fehler geriet Schumacher aufs Gras und touchierte die Mauer. Zwar schaffte es der Benetton-Pilot zurück auf die Strecke, doch beim Aufprall wurde irgendetwas verbogen. Der Benetton lag fürchterlich. Hill nutzte die Gelegenheit und ging sofort zum Angriff über. Doch nicht mit Schumi! Der Kerpener zog ohne Rücksicht auf Verluste in die Kurve rein. Es kam zur Kollision, Schumacher überschlug sich sogar fast. Der Benetton hob ab, knallte wieder auf die Strecke und rutschte in die Reifenstapel.

Der Weg zum Titel schien frei für den Briten zu sein. Dann der Schock: Hill musste kurze Zeit später in die Box. Dort stellten die Mechaniker fest: Aufhängung gebrochen, der WM-Traum war geplatzt. Das Kuriose dabei: Schumacher war Weltmeister, wusste aber davon gar nichts, weil er hilflos am Streckenrand stand.

"Es war schrecklich, da draußen warten zu müssen. Ich wusste ja nicht, was mit Damon passiert war, ich wusste aber natürlich, dass wir beide viel Vorsprung auf die Viert-, Fünf- und Sechsplatzierten hatten, dass es also für Damon kein Problem sein sollte, diesen einen Punkt Vorsprung, den ich hatte, aufzuholen."

Der Moment, in dem er die Nachricht von Hills Aus bekam, sei unbeschreiblich gewesen. "Ich wusste überhaupt nichts mehr, ich wusste nicht, ob ich mich freuen sollte, in mir waren sämtliche Gefühle vermischt."

1997: Schumachers finsterstes Kapitel

WM-Kampf: Jacques Villeneuve vs. Michael Schumacher

Weltmeister: Jacques Villeneuve (Williams-Renault)

"Wenn es eine Sache gäbe in meiner Formel-1-Zeit, die ich ungeschehen machen könnte, würde ich Jerez 1997 wählen", sagte Michael Schumacher später über eines der kuriosesten Saisonfinals der Formel-1-Geschichte. Wiedervereint mit Technikchef Ross Brawn und Chefdesigner Rory Byrne wollte er bei Ferrari die beiden WM-Erfolge mit Benetton wiederholen. Ergebnis: das dunkelste Kapitel seiner Karriere.

Mit einem Punkt Vorsprung auf den Kanadier Jacques Villeneuve reiste Schumacher damals zum letzten Grand Prix der Saison nach Jerez de la Frontera im spanischen Andalusien. Aber bereits im Qualifying nahm das Drama seinen Lauf. Villeneuve, Schumacher und Heinz-Harald Frentzen wurden auf die Tausendstelsekunde genau mit derselben Zeit gestoppt. Ein Novum in der Formel-1-Historie.

Über die Startaufstellung entschied die Reihenfolge, in der die drei Fahrer ihre Zeiten hingelegt hatten. Villeneuve ging von der Pole Position ins Rennen, Schumacher von Startplatz zwei, Frentzen von der Drei.

Im Rennen führte dann aber lange Schumacher, der nach seinem zweiten Tankstopp Reifenprobleme bekam. Villeneuve holte schnell auf und versuchte sich in Runde 48 an einem Ausbremsmanöver, bei dem die beiden kollidierten. Schumacher schied aus, Villeneuve konnte weiterfahren, wurde Dritter und sicherte sich so den einzigen WM-Titel seiner Karriere.

Doch für Schumacher kam es noch dicker: Die FIA beschuldigte ihn im Nachhinein, den Unfall absichtlich verursacht zu haben und strich ihn daraufhin komplett aus der WM-Wertung. Der Begriff "Schummel-Schumi" machte wieder die Runde.

"Ich habe zunächst wirklich gedacht, Jacques Villeneuve sei noch gar nicht vor mir gewesen, und es sei korrekt gewesen, sich zu wehren", nahm Schumacher dazu in seiner Biographie Stellung.

2003: Das Duell der Aufholjäger

WM-Kampf: Michael Schumacher vs. Kimi Räikkönen

Weltmeister: Michael Schumacher (Ferrari)

Die Formel-1-Saison 2003 wurde als spannendste seit langem bezeichnet. Erst im vorletzten Rennen der Saison in den USA schied Juan Pablo Montoya nach seinem sechsten Platz aus dem Titelrennen aus. Vor dem letzten Grand Prix in Japan hatte Michael Schumacher neun Punkte Vorsprung auf Kimi Räikkönen. Der Finne stand also unter Zugzwang, musste das Rennen gewinnen. Schumacher dagegen durfte keinen Punkt holen, da er zuvor mehr Rennsiege eingefahren hatte.

Das Qualifying lief für beide Piloten nicht besonders erfolgreich. Schumacher startete nur von Platz 14, Räikkönen ging immerhin von Rang acht ins Rennen. Schon in der sechsten Runde kollidierte Schumacher zudem mit Lokalmatador Takuma Sato. Durch den Wechsel seines Frontspoilers in der Box fiel er auf den letzten Platz zurück.

Auch unter Mithilfe eines technischen Defekts bei Montoya kämpfte sich Räikkönen im Laufe des Rennens bis auf Platz zwei nach vorne, kam aber nicht an Barrichello vorbei. Schumacher brauchte den einen Punkt, um auf Nummer sicher zu gehen und schlängelte sich spektakulär durch das Feld auf den benötigten achten Rang.

Eine Schrecksunde dann auf der Zielschikane: Ausgerechnet Bruder Ralf fuhr ihm unverschuldet ins Heck. Schumi trug nur einen Bremsplatten davon, rettete den WM-Zähler ins Ziel und wurde zum sechsten Mal Weltmeister.

"Das war schon alles sehr nervenzerreißend. Selten war ich nach einem Rennen so aufgewühlt und durcheinander wie nach diesem", sagte Schumacher: "Wie schwer es auf einmal war, in die Punkteränge zu kommen."