Halbe Punkte, Geisterfahrer und der Kimi-Faktor

Von SPOX
Kimi Räikkönen wurde 2007 Weltmeister
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2007: Der Iceman nutzt die McLaren-Fehde

WM-Kampf: Lewis Hamilton vs. Fernando Alonso vs. Kimi Räikkönen

Weltmeister: Kimi Räikkönen (Ferrari)

McLaren überraschte, als sie vor der Saison bekanntgaben, mit Lewis Hamilton einem erst 22-jährigen Rookie das Cockpit neben Fernando Alonso zu geben. Doch schnell stellte sich heraus: Der junge Engländer ist dem amtierenden Doppel-Weltmeister absolut ebenbürtig.

Nach vier Rennen führte Hamilton die WM-Wertung an, schon kurz darauf entwickelte sich eine immer größer werdende Rivalität zwischen den beiden McLaren-Piloten. Der Höhepunkt der Feindschaft: Alonsos Blockieren des Teamkollegen beim Qualifying zum Ungarn-GP, sodass dieser keine schnelle Runde mehr fahren konnte. Eine Unsportlichkeit des Spaniers, die zeigte, wie sehr dieser Hamilton an ihm nagte.

Das Duell zog sich über die gesamte Saison. Bereits beim vorletzten Rennen in China hatte Hamilton dann die Chance, den Titel in seinem ersten Formel-1-Jahr zu holen. Doch er zeigte Nerven, versenkte seinen Boliden ins Kiesbett neben der Boxeneinfahrt und musste den GP aufgeben.

Also ging es zum großen Showdown nach Brasilien. Neben Alonso und Hamilton hatte sich klamm und heimlich ein dritter Fahrer Titelchancen erarbeitet: Kimi Räikkönen. Der Ferrari-Fahrer (100) war jedoch mit drei Punkten Rückstand auf Alonso (103) und sieben auf Hamilton (107) zum Finale gereist und entsprechend nur Außenseiter.

Doch der Renngott an diesem Sonntag war offenbar Finne. Schon am Start schob sich Räikkönen an Hamilton, der im Laufe des Rennens durch Technikprobleme weit zurückgeworfen wurde, vorbei. Auch Alonso konnte das Tempo der beiden Ferraris von Massa und Räikkönen nicht mitgehen. Platz drei hätte ihm zwar gereicht, hätte der Iceman nicht gewonnen. Doch Massa stellte sich in den Dienst seines Stallgefährten und ließ Räikkönen vorbei.

Kimi siegte, Alonso wurde Dritter und Hamilton überquerte als Siebter die Ziellinie. Der erste Ferrari-Titel seit Schumacher (und der letzte bis heute) war perfekt.

2008: Der 30-Sekunden-Weltmeister

WM-Kampf: Lewis Hamilton vs. Felipe Massa

Weltmeister: Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes)

Ausgerechnet zwei Deutsche sollten im Titelkampf zwischen Lewis Hamilton und Felipe Massa eine entscheidende Rolle spielen. Vor dem letzten Rennen in seiner Heimat Brasilien hatte Masse sieben Punkte Rückstand auf Hamilton, der am Ende zum bis dahin jüngsten Formel-1-Weltmeister aller Zeiten wurde.

Für einen WM-Sieg musste Massa das Rennen gewinnen und Hamilton durfte nicht über den sechsten Platz hinauskommen. Tatsächlich sah es lange Zeit recht gut aus für den Brasilianer. Im Qualifying fuhr er ganz nach vorne, Hamilton wurde nur Vierter. Selbst im Rennen schien der Titel bis kurz vor Schluss möglich. Ein Regenschauer zwang fast alle Fahrer noch einmal zum Reifenwechsel in die Box.

Massa behauptete seine Spitzenposition und Hamilton ließ sich vom heraneilenden Vettel im unterlegenen Toro Rosso überholen. Der Brite fiel damit auf Platz sechs zurück. Bei dieser Konstellation wäre Massa punktgleich mit Hamilton Weltmeister geworden, da er einen Saisonsieg mehr für sich verbuchen konnte.

Doch in der letzten Runde stellte Timo Glock alles auf den Kopf: Als einer der wenigen Fahrer hatte sich der Deutsche gegen einen erneuten Reifenwechsel entschieden und versuchte, sein Auto auf Trockenreifen ins Ziel zu steuern. Doch auf der immer nasser werdenden Fahrbahn konnte er seinen Boliden kaum noch auf der Strecke halten. Vettel und Hamilton nutzten ihren Vorteil und überholten Glock in der letzten (!) Kurve. Hamilton sicherte sich so den entscheidenden Zähler und wurde Weltmeister - nachdem Massa diesen Titel bereits für 30 Sekunden sicher hatte.

"Ich bin fertig mit den Nerven. Es war so verdammt eng", gab Hamilton noch auf seiner Ehrenrunde per Boxenfunk durch. "Ich bin um Jahre gealtert. Das kann man sich nicht vorstellen. Es ist das schwierigste Rennen, wenn man Fünfter werden muss."

2010: Das Boxenstopp-Verhängnis

WM-Kampf: Fernando Alonso vs. Mark Webber vs. Sebastian Vettel vs. Lewis Hamilton

Weltmeister: Sebastian Vettel (Red Bull Racing)

Schon die Ausgangslage beim Großen Preis von Abu Dhabi war einzigartig. Erstmals in der Geschichte der Formel 1 konnten mit Fernando Alonso, Mark Webber, Sebastian Vettel und Lewis Hamilton vor dem letzten Saisonrennen noch vier Fahrer Weltmeister werden.

Alonso reiste mit acht Punkten Vorsprung auf Webber und gar 15 auf Vettel in die Wüste. Hamilton wurden nur noch Außenseiterchancen eingeräumt. Im ersten Teil des Qualifyings fuhr Alonso sogar die schnellste Zeit. Die Pole Position sicherte sich letztlich aber Vettel vor Hamilton. Alonso wurde nur Dritter, Webber Fünfter.

Spätestens mit dem Rennstart nahm das Unheil für Alonso endgültig seinen Lauf. Vettel kam perfekt weg, führte das Rennen beinahe durchgehend an. Der Spanier selbst verlor Platz drei direkt an Jenson Button. Schon früh entschieden sich Webber und Alonso für Boxenstopps und fielen so im Feld deutlich zurück. Während des Rennens schafften es beide nicht mehr, sich weit genug nach vorne zu arbeiten. Besonders am auf der Geraden extrem schnellen Renault von Witali Petrow biss sich Alonso rundenlang die Zähne aus.

Vettel kam als Erster über die Ziellinie, Alonso wurde Siebter, Webber Achter. Der Heppenheimer wurde so mit vier Punkten Vorsprung zum jüngsten Formel-1-Weltmeister aller Zeiten. "Ich hatte mir das ganze Rennen über nicht sagen lassen, wie es aussieht - und als dann per Funk die Bestätigung kam, dass es gereicht hat, war das unglaublich", sagte Vettel damals auf der Pressekonferenz.