Ring frei zum Trash-Talk-Duell

Von Alexander Mey
mclaren, ferrari
© Getty

München - Trash-Talk, "Müll-Gerede", wenn man es wörtlich übersetzt, ist eine schöne Sache.

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Da sind zwei Parteien, die knallen sich gegenseitig Beleidigungen und Drohungen an den Kopf, machen einander Vorwürfe und Prügeln auch sonst verbal aufeinander ein.

Ein riesiger Spaß, zumindest für den neutralen Zuschauer. Oder wer hat sich nicht schon einmal über sinnentleerte Brüllorgien über Fremdgehen oder Vaterschaftstests in einer Nachmittagstalkshow kaputt gelacht?

Ernstes Thema mit witzigen Zwischentönen

Natürlich war die Spionage-Affäre in der Formel 1 kein Thema für "Britt" und Kumpane. Die Sache war ernst, der Schaden für die Königsklasse groß - ganz zu schweigen von dem Schaden für McLaren-Mercedes.

Dennoch ertappt sich der neutrale Beobachter auch hier dabei, großen Spaß am Trash-Talk zu haben. Denn den beherrscht nicht nur der Gast auf der Couch bei "Britt", den beherrschen auch die Reichen und Mächtigen der Formel-1-Zunft.

SPOX.com beleuchtet die Spionage-Affäre zwischen Ferrari und McLaren-Mercedes einmal anders. Ring frei zum Trash-Talk-Duell Rot gegen Silber:

Runde 1:

In der silbernen Ecke: Das Tag-Team Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug und McLaren-Teamchef Ron Dennis. Haug spottet kurz vor der Urteilsverkündung am 13. September gegen den Vorwurf, Ideen von Ferrari geklaut zu haben: "Wer den kopiert, der hinter einem steht, der steht nicht vorne." Nach der Urteilsverkündung legt Dennis nach: "Ich akzeptiere nicht, dass wir es verdient haben, so bestraft zu werden, und dass unser Ruf so beschädigt wird. Wir haben die besten Fahrer und das beste Auto, und wir haben die Absicht, die WM zu gewinnen."

In der roten Ecke: Ferrari Generaldirektor Jean Todt. Er kommentiert das Urteil wie folgt: "Die Strafe hätte härter ausfallen können, die Beweislage ist eindeutig gewesen. Hamilton und Alonso haben aber weiterhin alle Chancen auf den Gewinn der Fahrer-WM."

Gong nach der ersten Runde: Harte Treffer, beide Parteien teilen mächtig aus, müssen aber auch einiges einstecken.

Runde 2:

In der roten Ecke: Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo. Er feiert am 16. September den Ferrari-Doppelsieg in Spa und provoziert McLaren durch den ausdrücklichen Dank an den Copyshop-Angestellten, der McLaren-Spion Mike Coughlan verpfiffen hatte. Außerdem betont er, dass Ferrari den Konstrukteurs-Titel verdient hat, auch wenn er geschenkt ist.

"Wenn die Bedingungen für einen Sieg abseits der Strecke erfüllt werden, dann würden wir ihn trotzdem verdienen, denn eine Voraussetzung für so einen Sieg wäre ja, dass der ursprüngliche Sieger durch illegale, unsportliche und unfaire Mittel gewonnen hat."

In der silbernen Ecke: Mercedes-Sportchef Haug. Sein Konter: "Ob ein Konstrukteurstitel auf diese Art was wert ist - das soll jeder für sich einschätzen. Ich will so einen Titel nicht, denn für mich ist nur der herausgefahrene Titel etwas wert, klipp und klar."

Gong nach der zweiten Runde: Die Roten fahren ihr schwerstes Geschütz auf, doch bei Silber bleibt man souverän und gelassen.

Tumulte in der Pause: Die italienische Presse skandiert nach dem McLaren-Verzicht auf eine Berufung von den billigen Plätzen: "Die Blamage könnte für McLaren nicht größer sein" und "McLaren hisst die weiße Fahne."

Runde 3:

In der roten Ecke: Felipe Massa: Er sagt vor dem Japan-GP am 25. September: "Wenigstens müssen sie für ihre Fehler bezahlen. Wir haben die Regeln befolgt und deshalb gewonnnen."

In der silbernen Ecke: Norbert Haug sinniert darüber, wer denn nun eigentlich der beste Konstrukteur des Jahres war: "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass uns Ferrari noch abgefangen hätte."

Gong nach der dritten Runde. Nur ein kurzer Schlagabtausch. Beide Seiten bereiten sich auf die Schlussoffensive vor.

Letzte Runde:

In der roten Ecke: Luca di Montezemolo in Anspielung auf den angeblichen Ideenklau von McLaren: "Wer auch immer den Fahrer-Titel gewinnen wird, wird dies entweder mit ein wenig von Ferrari oder mit einem richtigen Ferrari tun."

In der silbernen Ecke: Haug, immer wieder Haug. Er scheint keine Müdigkeit zu kennen und nutzt einen Fehler der Roten beim Regenchaos von Fuji zu einem schweren Haken. Ferrari hatte die Nachricht von der FIA, mit Regenreifen starten zu müssen, nicht rechtzeitig bekommen und musste den Fehler im Rennen ausbaden.

Haugs Kommentar: "Die anderen zehn Teams hat die Nachricht erreicht. Da gab es schon mit weniger Beweisen eine Strafe. Ferrari regt sich immer auf, wenn nicht gewonnen wird. Das ist nicht neu. Ich bin nicht der Ferrari-Pressesprecher - keine Ahnung, was die über Mittag gemacht haben."

Das kann di Montezemolo nicht auf sich sitzen lassen, er schlägt am 3. Oktober nach: "Wenn Hamilton den Titel holt, dann hat er das auch Ferrari zu verdanken, denn es steckt eine Menge Ferrari in seinem Wagen. In der ganzen Spionage-Affäre war es ein Riesenfehler, die McLaren-Fahrer nicht gleich mit zu disqualifizieren."

Gong nach der letzten Runde: Silber ist schwer getroffen, taumelt, aber der Gong rettet. Beide Gegner sind vom Kampf gezeichnet, brennen aber auf eine Revanche.

Am kommenden Wochenende wird Ferrari den Fahrer-Titel wohl endgültig verlieren und McLaren-Mercedes trotz der Spionage-Affäre feiern.

Wenn das mal kein Grund für ein weiteres Trash-Talk-Duell ist.

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