Drakon ringt mit Justitia

Von Alexander Mey
dennis, ron, fia, anhoerung
© Getty

München - Was für ein Hammer: Die FIA macht im zweiten Verfahren in der Spionage-Affäre gegen McLaren-Mercedes ernst. 100 Millionen Dollar Strafe, alle Punkte in der Konstrukteurs-WM futsch - die größte Strafe in der F-1-Geschichte.

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"Dieses Urteil ist ein Schock für alle im Team", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug nach der Entscheidung des World Motorsport Council in Paris.

Drakonisch, zumindest auf den ersten Blick. Immerhin müssen die Silbernen ein Drittel ihres Jahresetats löhnen und sind jeder Chance auf den schon sicher geglaubten Konstrukteurs-Titel beraubt. Ferrari ist Weltmeister - Glückwunsch! Was der Titel wert ist? Kein Kommentar.

Mach mir bloß nicht meine Saison kaputt

Felipe Massa und Kimi Räikkönen dürfen sich aber nicht mit ihren Roten freuen. Denn beim Thema Fahrer-WM ließ das Council Gerechtigkeit walten. Lewis Hamilton und Fernando Alonso dürfen ihre Zähler in der Fahrerwertung behalten.

Wirklich Gerechtigkeit? Hatte FIA-Boss Max Mosley nicht vielmehr die drohenden Blicke von Formel-1-Supremo Bernie Ecclestone im Nacken, die ihm signalisierten: Mach mir bloß nicht meine F-1-Saison kaputt?

Mit Sicherheit spielte der Gedanke an die Show eine gewichtige Rolle. Denn welcher Zuschauer hätte sich die letzten vier Rennen noch angesehen, welcher Sponsor noch einen Cent bezahlt, wenn die beiden Hauptdarsteller des Jahres am grünen Tisch von der Strecke geboxt worden wären?

Die Story von der Klüngelei

Der Spagat, den das Council vollführt hat, ist unglaublich weit. Mit der hohen Geldstrafe und dem Punktabzug für das Team wurde der offenbar deutlichen Beweislast genüge getan, mit der Schonung der Fahrer wurde das Spektakel am Leben erhalten.

Freunde hat sich die FIA damit wenige gemacht. Ferrari spricht in einem offiziellen Statement zwar von "Befriedigung", doch bei McLaren ist die Empörung gewaltig. Und auch in der Öffentlichkeit wird schnell wieder die Geschichte von der Klüngelei zwischen dem Weltverband und Ferrari zum Thema werden.

Noch keine Klarheit über neue Beweise

Wenig Abhilfe hat auch die Veröffentlichung der genauen Urteilsbegründung am Freitag geschaffen, denn daraus wurde nicht zwingend klar, wie stichhaltig die neuen Beweise, die Ferrari vorgelegt hat, wirklich sind.

Was stand in den E-Mails, die Alonso und Testfahrer Pedro de la Rosa ausgetauscht haben? Was haben sich die beiden Hauptbeschuldigten Nigel Stepney und Mike Coughlan wirklich am Telefon erzählt?

Auch nachdem zumindest in Ansätzen klar ist, was wirklich los war, sind die Schlussfolgerungen des Council zu schwammig, um den Stab über McLaren brechen zu können.  

Hässliche Schlammschlacht ohne Ende

So viel für dieses Jahr. Ob McLaren-Mercedes 2008 mit einer weiteren, vielleicht noch drakonischeren Strafe rechnen muss, entscheidet sich im Dezember. Dann untersucht die FIA die Baupläne des neuen Silberpfeils auf einen eventuellen Ideenklau aus den Ferrari-Skizzen.

Eine hässliche Schlammschlacht, die dem Ansehen des Sports schadet. Und ein Ende ist nicht in Sicht.

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