"Ich hab mein Leben aufs Spiel gesetzt"

Von Aufgezeichnet von Erik Sabas
Nach dem Gewinn des letzten Laureus-Awards ist Jamie Bestwick nun als Laureus-Botschafter tätig
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Frage: Wie stehen Sie zu solch buchstäblich halsbrecherischen Aktionen wie denen von Alan Eustace oder Felix Baumgartner?

Bestwick: Auch das gehört definitiv zu unserem Genre. Die ganze Welt hat gebannt zugeschaut, als die beiden mit ihren Wahnsinns-Aktionen die Gesetze der Physik in Frage gestellt haben. Das war ein historischer Moment für den Action-Sport.

Frage: Verlassen wir mal kurz "Ihre" Welt. Welchen Sport verfolgen Sie außerhalb der Action-Szene?

Bestwick: Rory McIlroy und Rickie Fowler sind meine absoluten Lieblingsgolfer. Ich liebe Rickies ungebremsten Enthusiasmus, der ja in der Golf-Welt alles andere als die Norm ist. So ein bisschen hat er das Action-Sport-Gen definitiv auch in sich. Andererseits liebe ich auch Moto-GP. Marc Marquez und Valentino Rossi sind meine absoluten Helden. Als ich klein war, wurde ich zudem gezwungen Snooker zu verfolgen (lacht). Mein Vater war ein riesiger Fan und so wurde ich es auch. Alex "the Hurricane" Higgins und John Lowe haben mich so schon früh inspiriert. Ansonsten schau ich mal ganz gern ein Chelsea- oder Derby-County-Spiel.

Frage: Was hat Ihnen der Gewinn des Laureus-Awards im letzten Jahr bedeutet?

Bestwick: Nach drei Nominierungen war es ein Traum, ihn in Kuala Lumpur endlich zu gewinnen. Es ist immer wieder unfassbar, gegen die talentiertesten BMX-Fahrer der Welt anzutreten. Aber auch von meinen Sporthelden außerhalb der BMX-Welt anerkannt zu werden, macht mich extrem stolz. Nun, da ich auch als Laureus-Botschafter tätig bin, will ich dem Sport so viel zurückgeben wie irgendwie möglich. Ich möchte die Kids inspirieren und­­­ dazu anregen, so viel Spaß zu haben wie ich.

Überblick: Alles zur Laureus-Stiftung

Frage: Halten Sie es für bedeutsam, dass die große Welt des Action-Sports bei einem Award berücksichtigt wird, bei dem die komplette Bandbreite des Sports seine Stimme abgibt?

Bestwick: Total. Action-Sport wird auf der gesamten Welt geschaut. Es ist bei Olympia vertreten und ich finde es großartig, dass unsere Welt bei den Laureus-Awards Berücksichtigung findet. Es heißt ja im Endeffekt, dass die Welt des Action-Sports von Sportlern aus allen Sparten viel genauer verfolgt wird. Die absolut Besten haben sich den Laureus-Award dann auch mehr als verdient. Denn auch wenn das nicht immer den Anschein macht: Vor den großen spektakulären Finalläufen bei Olympia oder den X-Games investiert jeder Athlet Stunden, Tage oder Wochen in die akribische Vorbereitung.

Frage: Was halten Sie von den Nominierten für den Action-Award in diesem Jahr?

Bestwick: Nyjah Huston sehe ich in dieser Hinsicht weit vorne. Er ist ein Skateboard-Phänomen, und das in seinem Alter. Er trägt eine Menge zum Fortschritt des Sports bei. Allerdings ist das alles sehr eng. Danny MacAskill, Sage Kotsenburg, Stephanie Gilmore - es ist ein ganz knappes Rennen. Aber im Moment würde ich meine Stimme Nyjah geben. Er hat unglaubliche Jahre vor sich.

Frage: Wer sind für Sie derzeit die besten BMX-Fahrer?

Bestwick: Da führt kein Weg vorbei an Kyle Baldock, Garret Reynolds und Dennis Earson. Diese Jungs pushen den Sport auf ein ganz neues Level. Auch was Social Media und all das angeht. Da sie wesentlich jünger sind als ich, haben sie eine ganz andere Herangehensweise an den BMX-Sport und sorgen dafür, dass nie Stillstand einkehrt. Einfach überwältigend, was die Jungs machen.

Frage: Haben Sie eigentlich noch irgendeinen Trick im stillen Kämmerchen, den Sie noch nicht gezeigt haben, aber uns vielleicht schon verraten können?

Bestwick: Das weiß ich gar nicht so genau. Ich hab so viele Tricks in den letzten Jahren nicht machen können, weil sie einfach etwas zu riskant waren. Bei Contests kann man die Tricks, die wirklich ans äußerste Limit gehen, kaum noch probieren. Dafür fehlt vor Ort meist die Zeit, um die Windverhältnisse und andere Details zu checken. Die absolut grenzwertigen Sachen laufen heutzutage meist über Social Media. Denn selbst wenn ich das Ding dann mal nicht sauber lande, gibt es einfach einen zweiten Versuch.

Frage: Ist das nicht ein wenig entgegen des eigentlichen Action-Sport-Spirits? Schließlich hat ja gerade das Unerwartete und Spontane den Sport zu dem gemacht, was er heute ist.

Bestwick: Natürlich hat auch die neue Professionalität ihre Schattenseiten. Aber das ändert nichts daran, dass wir Jahr für Jahr unfassbar schwierige Tricks in die Ramp zaubern. Der einzige Unterschied ist, dass wir diese bereits so oft gemacht haben, dass sie fast schon Routine sind. Denn nach einem Mega-Trick folgt im Run direkt der nächste Schwierigkeitsgrad, also muss die Landung sitzen.

Frage: Die Popularität der gesamten BMX-Welt ist derzeit auf dem Höhenflug. Wo sehen Sie die Zukunft des Freestyle-BMX?

Bestwick: Es wäre toll, wenn Freestyle-BMX es endlich zu Olympia schafft. Der ein oder andere Sport, der zurzeit bei Olympia vertreten ist, entspricht nicht mehr ganz der Zeit. Diese müssten entweder revolutioniert werden oder halt neuen polarisierenden Sportarten weichen. Die BMX-Rennen in London waren absolute Erfolgsgeschichten. Die Arenen waren voll, das Publikum ging mit. Die Menschen wollen diesen Action-Spirit. An jeder Ecke wartet bei einem BMX-Rennen ein atemberaubendes Manöver, wenig später kann ein spektakulärer Sturz alles wieder verändern. Diese Art von Action wollen doch die Zuschauer und das kann kaum ein anderer Sport bieten.

Frage: Halten Sie Ihr zehntes Gold in Folge bei den X-Games für realistisch? Die neue Generation holt schließlich gnadenlos auf.

Bestwick: Definitiv. Ich habe auch wirklich kein Problem damit, irgendwann mal Platz zu machen für neue Gesichter. Allerdings will ich erst sehen, was die Jungs dieses Jahr zu bieten haben. Ich werde den Staffelstab nicht kampflos übergeben.

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