"Beim Turnier eskaliert im Körper einfach alles"

Von Daniel Herzog
Benedikt Saltzer spielt für den VfL Wolfsburg FIFA
© STARK eSports GmbH

Benedikt "Salzor" Saltzer ist nicht nur viermaliger deutscher FIFA-Meister, sondern auch der erste FIFA-Spieler, der von einem Bundesligisten unter Vertrag genommen wurde. Mittlerweile kann der Student vom Zocken leben. Im Interview spricht der 25-Jährige über seinen Vertrag beim VfL Wolfsburg, Matches gegen Gomez und Co. und das neue FIFA 18.

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SPOX: Herr Saltzer, wenn Sie sich entscheiden müssten: 90 reale Minuten auf dem echten Rasen oder 90 virtuelle auf der Konsole, was würden Sie sich lieber anschauen?

Benedikt Saltzer: Auf der einen Seite liebe ich Fußball, auf der anderen Seite liebe ich auch FIFA. Das kommt auf die Begegnung an und wer gegeneinander spielt. 90 Minuten auf der Konsole wäre auf jeden Fall für die Spieler mental eine enorme Anstrengung.

SPOX: Sie haben Ihre Leidenschaft FIFA zum Beruf gemacht und spielen für den VfL Wolfsburg. Wie kam es dazu?

Saltzer: Der VfL Wolfsburg ist schon seit mehreren Jahren am Thema eSport interessiert. Durch meine Agentur STARK kam der VfL ein Stück weit in den eSport und hat erkannt, was für ein Potenzial dahintersteckt. Deshalb hat sich der VfL dazu entschieden, ein eigenes eSport-Team zu gründen. Ich wurde gerade zum vierten Mal deutscher Meister und deshalb haben sie sich für mich entschieden. Ich bin immer noch mega happy, dass ich der erste FIFA-Spieler bin, der von einem Verein unter Vertrag genommen wurde.

SPOX: Wie ist es, für einen Bundesliga-Verein FIFA zu spielen?

Saltzer: Ich habe mir grade am Anfang viel Druck gemacht, weil ich offiziell für Wolfsburg spiele und viele erwarten, dass ich jetzt jedes Turnier gewinne und dieser Druck hat mich gehemmt. Der Verein selbst hat mir keinen Druck gemacht, mich immer unterstützt und mittlerweile fühle ich mich in dieser Rolle extrem wohl. Außerdem hat der Chef von EA vor kurzem angekündigt, dass sie aus uns FIFA-Spielern Stars machen möchten.

SPOX: Was ist der Unterschied zu anderen Spielern, die nicht bei einem Verein spielen?

Saltzer: Die größten Unterschiede sind mit Sicherheit die mediale Präsenz und die Einbindung in den Fußballverein. Ich habe schon gegen einige Fußballprofis gespielt und war auch bei einer Promoreise dabei. Spielerisch gibt es zwar eigentlich keine Unterschiede, aber wir werden dahingehend unterstützt, dass wir unser Spiel analysieren und taktisch geprägt werden.

SPOX: Haben Sie beim VfL einen richtigen Vertrag unterschrieben?

Saltzer: Ja, ich habe einen Vertrag unterschrieben und bekomme ein monatliches Gehalt. Im Gegenzug habe ich verschiedene Verpflichtungen, die vertraglich festgelegt sind.

SPOX: Wie sind Sie denn vertraglich gebunden? Haben Sie also einen 3-Jahres-Vertrag unterschrieben oder wie?

Saltzer: Genau. Aber es ist mittlerweile in jedem eSport-Team Gang und Gäbe, dass die Spieler für ein, zwei Jahre unterschreiben.

SPOX: Kann man davon leben?

Saltzer: Mittlerweile kann man davon leben ja.

SPOX: Gut?

Saltzer: Vor zwei Jahren hätte ich nein gesagt, aber mittlerweile sind die Preisgelder so hoch, dass man nur ein, zwei große Turniere gewinnen muss und im Prinzip für das ganze Jahr ausgesorgt hat. Dazu kommen andere Möglichkeiten wie Youtube, also kann ich davon leben.

SPOX: Wie sieht Ihr Training aus?

Saltzer: Ich bin mein eigener Trainer und probiere gegen meine Trainingspartner diverse taktische Einstellungen aus. Gerade am Anfang einer neuen FIFA-Version will ich das Spiel erstmal kennenlernen und gehe verschiedene Aufstellungen durch. Danach liegt das Augenmerk auf Standardsituationen und - wenn man seine Aufstellung gefunden hat - analysiert man seine Spiele im Anschluss nochmal. Das mache ich meistens alleine, aber es hilft natürlich, wenn andere Leute das Spiel analysieren und Faktoren finden, die man selber vielleicht übersehen hätte.

SPOX: Wird das Training vor großen Turnieren intensiviert?

Saltzer: Absolut, manche Spieler gehen sogar in ein so genanntes Bootcamp: Sie schließen sich drei bis fünf Tage ein und zocken den ganzen Tag einfach nur und analysieren ihre Spiele. Da ich nebenbei noch studiere und echten Fußball spiele, ist das bei mir zeitlich ein bisschen komplizierter. Zum Glück funktioniert es auch von daheim einwandfrei. Ich bin mit meinen Leuten über Skype verbunden und analysiere die Spiele.

SPOX: Das klingt nach viel Stress. Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?

Saltzer: Du brauchst ein gutes Zeitmanagement, weil zwei bis drei Stunden FIFA am Tag sind Pflicht, um sein Level zu halten. Dazu kommen noch die Livestreams, bei denen man vier Stunden mit Fans interagiert. Oft muss man dann noch Youtube-Content aufnehmen und vielleicht noch nach Wolfsburg fahren.

SPOX: Da bleibt nicht viel Zeit für Ihr Studium Sport und Physik auf Lehramt. Würden Sie Ihre Tätigkeit beim VfL Wolfsburg als Hauptjob bezeichnen?

Saltzer: Aktuell spiele ich FIFA hauptberuflich. Ich war aber schon immer ein Mensch, der sich absichern möchte und deswegen werde ich weiterstudieren. Vielleicht kann ich in drei bis fünf Jahren nicht mehr so auf diesem Niveau spielen und für diesen Fall möchte ich ein sicheres Standbein. Früher haben die Leute mit 26 aufgehört, weil sie ihrem normalen Job nachgegangen sind und FIFA einfach nicht rentabel genug war. Aber die Preisgelder sind gestiegen.

SPOX: Sie sprechen das Alter als Faktor an. Ist es auch körperlich irgendwann zu anstrengend?

Saltzer: Wenn ich fünf bis sechs Stunden gespielt habe, bin ich komplett ausgelaugt. Ich vergleiche FIFA spielen gerne mit Schach oder Schießen. Diese Sportarten sind auch als solche anerkannt. Natürlich bewegt man den Finger beim Schießen, beim Schach bewegt man die Figuren aber bei FIFA bewegt man eben viel, viel mehr. Bei so einem Turnier eskaliert im Körper einfach alles und man fühlt sich so, als wäre man einen Marathon gelaufen. Für mich ist es definitiv Sport und ich bin davon überzeugt, dass es in den nächsten Jahren auch als Sportart anerkannt werden wird.

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