Mit den Twins zum Titel

Von Interview: Jan Dominicus
eSport, Fifa 2008, ESL, Era, Jannick Huber, Interview
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Er ist aktuell einer der erfolgreichsten deutschen FIFA-Spieler: Jannik "Era" Huber. Der Nationalspieler gewann mit SK-Gaming vor kurzem zum ersten Mal die ESL Pro Series und auch bei den Finals der European Nations Championship (ENC) konnte er trotz der Final-Niederlage gegen Polen als Spieler überzeugen.

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Im Interview mit SPOX gibt er Einblicke in das Turnier, die deutsche Mannschaft und die Hintergründe seines Erfolges. Außerdem fordert der 19-Jährige Veränderungen im Nationalteam und eine Rückkehr der FIFA-Twins.

Deutschland bei den ENC-Finals: Die Ergebnisse der Games Convention im Überblick

SPOX: Beim ENC-Finale auf der Games Convention 2008 gab es für Deutschland zum ersten Mal nicht den Titel. Enttäuscht? Oder wusstet Ihr um die Stärke der Polen?

Huber: Wir waren uns bewusst, dass es diesmal sehr hart werden würde. Polen und Rumänien haben bereits online sehr stark gespielt. Enttäuscht sind wir trotzdem. Als dreifacher Champion will man das Turnier gewinnen. Das erwartet man einfach. Trotzdem: Die Polen haben es sich verdient, da sie wirklich starke Leistungen gezeigt haben.

SPOX: Trotzdem: In den Jahren zuvor war Deutschland in FIFA fast konkurrenzlos. Und nun scheinen plötzlich gleich mehrere Länder auf Augenhöhe zu sein. Warum?

Huber: Die Konkurrenz war schon immer stark. Spieler wie Ovidiu "Ovvy" Patrascu (Rumänien) oder Piotrek "Pio" Zajkowski (Polen) konnten schon immer mit deutschen Spielern mithalten. Allerdings steigt insgesamt das Interesse an FIFA, was man zum Beispiel auch an der neuen ESL-Sports-Fußballmeisterschaft sieht. Dadurch sind Teams wie Rumänien und Polen in der Breite sehr viel stärker geworden und konnten auch auf der Games Convention mit uns mithalten.

SPOX: Ist es für Dich eigentlich noch etwas Besonderes, für das Team Deutschland zu spielen? Gibt es da einen besonderen Spirit, den man im Team fühlt?

Huber: Es ist auf jeden Fall etwas anderes, als für seinen Clan zu spielen. Für sein Land zu spielen macht einen richtig stolz. Man vergisst sogar Auseinandersetzungen mit Spielern der anderen Clans. Denn wenn man für Deutschland spielt, hat man ein gemeinsames Ziel. Das schweißt selbst ein zusammengewürfeltes Team enorm zusammen.

SPOX: Thema Konflikte. Mit den Schellhase-Brüdern spielen zwei der erfolgreichsten FIFA-Spieler aller Zeiten nicht für Deutschland, weil sie sich mit Teilen des Teams nicht verstehen. Das ist so, als würde Michael Ballack nicht zur EM fahren, weil er Jens Lehmann nicht mag. Ist das nicht unprofessionell - und hat Euch vielleicht sogar den Titel gekostet?

Huber: Ich bin überzeugt, dass wir mit den Twins den Titel eingefahren hätten. Das soll jetzt keine Kritik sein, aber ich denke, man sollte es offen zugeben.

SPOX: Gibt es nicht genug gute FIFA-Spieler in Deutschland, zum das zu kompensieren?

Huber: Doch, die gibt es. Das hat man 2007 gesehen. Auch unprofessionelles Verhalten möchte ich hier niemandem vorwerfen. Dafür stecke ich in diesem Konflikt nicht genug drin.

SPOX: Trotzdem würdest Du es mit Blick auf 2009 befürworten, wenn sich beide Parteien zusammensetzen und versuchen, die Differenzen aus dem Weg zu räumen.

Huber: Das wäre das Beste, was dem Nationalteam passieren könnte. Mit der stärkeren Konkurrenz wird es immer schwerer, auf solche Spieler zu verzichten. Es steht mir zwar nicht zu, Kritik an Management oder Spielern öffentlich zu äußern, aber man sollte sich schon Gedanken machen, wenn vom fünffachen Deutschen Meister nur zwei Spieler im Nationalteam sind. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Ich hoffe, dass sich da einiges tun wird.

SPOX: Zurück zu Dir. Noch vor nicht all zu langer Zeit hast Du im FIFA-Spielen nur ein Hobby gesehen und das Training nicht sonderlich ernst genommen. Hat sich das mittlerweile geändert? Beim ENC hast Du schließlich mit guten Ergebnissen geglänzt.

Era: An meiner Einstellung hat sich vieles geändert. Dass ich schon immer kein schlechter Spieler war, sollte jedem bekannt sein. Doch die großen Erfolge mussten einfach ausbleiben, weil ich nicht mit dem letzten Ehrgeiz dabei war und vor wichtigen Spielen gerne mal gefeiert habe.

SPOX: Woher der Sinneswandel?

Huber: Der kam zusammen mit dem Angebot von SK-Gaming. Ich spiele seitdem auf höchstem Niveau und trainiere sehr viel. Und die Belohnung kam sofort: Mit dem EPS-Sieg hatte ich schnell meinen ersten Titel. Danach konnte ich mich für die ESL-Sports-Fußballmeisterschaft qualifizieren und auf der GC gewann ich die National Finals Germany. Dazu kam noch der Vize-Europameister-Titel mit Deutschland...

SPOX: Ziemlich viel auf einmal.

Huber: Klar, aber es steckt ja auch sehr viel Training dahinter. Ich behaupte mal, dass es in diesem Jahr nicht viele Spieler gab, die mehr trainiert haben als ich. Aber dadurch lohnt es sich auch finanziell mehr für mich - was natürlich nicht der Hauptgrund ist.

SPOX: Der da wäre?

Huber: Ehrgeiz. Ich war schon früher im Jugendfußball enorm ehrgeizig - und das konnte ich endlich auf FIFA übertragen. Ich will jetzt alles erreichen, was ein FIFA-Spieler erreichen kann. Mein nächstes Ziel: Die World Cyber Games. Da will ich mindestens unter die Top 3.

SPOX: Du hast eben angesprochen, dass es schon viele gute FIFA-Spieler in Deutschland gibt. Denkst Du trotzdem, dass ein Einstieg selbst für relativ unerfahrene eSportler möglich ist? Und wie viel Zeit müsste man investieren, um sich den Top-Spielern anzunähern?

Huber: In FIFA ist das recht schnell möglich, da es jedes Jahr eine neue Version des Spiels gibt. Natürlich sind die Spieler, die in den vorherigen Teilen gut waren, auch im neuen Spiel wieder gut. Trotzdem ist der Einstieg für neue Spieler leichter, als zum Beispiel in Warcraft 3.

SPOX: Aber?

Huber: Es kann schon ein oder zwei Jahre dauern, bis man in enormen Drucksituationen mit den "großen" Spielern mithalten kann. Vor allem offline dauert es, bis man wirklich überzeugen kann. Offline- und Bühnenerfahrung macht in FIFA einfach sehr viel aus. Und als Neuling kann man die nicht mitbringen.

SPOX: Wie ist das bei Dir? Genießt Du es inzwischen, vor vielen Zuschauern auf der Bühne zu stehen oder setzt es Dich unter Druck?

Huber: Mittlerweile genieße ich es und es macht mir selbst bei wichtigen Spielen nichts mehr aus. Daher kann ich mich jetzt auf das Spiel konzentrieren und nebenbei sogar noch die Atmosphäre genießen, die mittlerweile auch bei FIFA großartig ist.

SPOX: Mittlerweile. FIFA blieb ja lange im Schatten anderer eSport-Titel. Nun stand es jedoch bei einigen Intel Friday Night Games im Vordergrund und bekam mit ESL-Sports eine neue Plattform verpasst. Wie siehst Du die FIFA-Entwicklung?

Huber: Als ich angefangen habe, kannte ich im Prinzip nur die "ESL Pro Series FIFA 5on5". Und bis auf die VDFL gab es daneben ja auch nichts Größeres. Mit dem Anfang der eSport-Bundesliga kam dann auch die "ESL Pro Series 1on1" und das Interesse an FIFA wurde ein wenig größer. So wirklich populär war das Spiel aber immer noch nicht. Erst mit der neuen ESL-Sports-Fußballmeisterschaft haben wir mehr Preisgeld als CS 1.6 oder Warcraft. Es sind ungefähr 82.000 Euro für eine FIFA-Saison. Damit sehe ich FIFA ganz oben im eSport!

Jannik "Era" Huber im Porträt

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