Das Achtelfinale ist im vollen Gange. Stan Wawrinka setzt sich nach großem Kampf gegen einen Spanier durch und trifft nun auf Kei Nishikori, Serena Williams schlägt eine Angstgegnerin. Milos Raonic gewinnt in fünf umkämpften Sätzen und muss als nächstes gegen Novak Djokovic ran. Für Victoria Azarenka ist das Turnier beendet.
Damen - Achtelfinale (alle Matches):
Serena Williams (USA/1) - Garbine Muguruza (ESP/24) 2:6, 6:3, 6:2
Nichtmal ein Jahr ist vergangen, da kassierte Serena Williams die vielleicht überraschendste Pleite ihrer Grand-Slam-Karriere. Und dann auch noch eine richtig deutliche. In der zweiten Runde der French Open 2014 gewann sie gar nur vier Spiele und musste die Koffer packen. Ihre Gegnerin damals? Garbine Muguruza. Sie war also gewarnt - und trotzdem sah es auch in Melbourne erst so aus, als würde sich die Geschichte wiederholen.
Denn im ersten Satz wurde Serena - so merkwürdig das klingt - von ihrer Gegnerin überpowert. Die Weltranglistenerste, die sich in den letzten Tagen mit einer Erkältung herumplagte und auch während des Matches häufig husten musste, hatte zu Anfang vor allem mit dem Aufschlag Probleme. Zweimal nahm die 21-jährige Spanierin ihr den Aufschlag im ersten Satz ab, während Serena ihre 6 Breakchancen nicht nutzen konnte.
Muguruzas Spiel setzte ihr zu: "Sie bringt richtig viel Tempo, richtig viel Power hinter ihre Schläge." Im Gegensatz zu den French Open gelang es ihr diesmal aber, zurückzukommen - dank einer Art Psychotrick, wie sie später verriet: "Ich habe gedacht: 'Was kann ich jetzt machen?' Aber was auch immer passieren würde, ich dachte mir, ich habe hier ja schon fünfmal gewonnen."
Es funktionierte. Nach und nach mobilisierte sie ihre Reserven und übernahm die Kontrolle - den zweiten Satz tütete sie mit drei Assen sowie einem Service-Winner im letzten Aufschlagspiel ein, Gefühlsausbruch inklusive. Und auch im Entscheidungssatz behielt sie die Oberhand, auch wenn sie bei ihrem ersten Service-Game ganze sechs Aufschlagspiele abwehren musste. Die Top-Favoritin ist also mit einem blauen Auge davon gekommen. Das gesammelte Selbstvertrauen dürfte im Viertelfinale Gold wert sein, denn dort wartet mit Dominika Cibulkova eine Vorjahresfinalistin.
Dominika Cibulkova (SVK/11) - Victoria Azarenka (BLR) 6:2, 3:6, 6:3
Wiederholt sich die Cinderella-Story aus dem letzten Jahr für Dominika Cibulkova? Mit Siegen über Radwanska und Halep erreichte die Slowakin 2014 in Melbourne ihr erstes und bisher einziges Grand-Slam-Finale, das sie dann gegen Li Na verlor. Heuer zeigt sie erneut die Form, die ihren Lauf damals befeuerte - und beendete damit das Comeback von Victoria Azarenka, die das Turnier immerhin auch schon zweimal gewonnen hat.
44 (gegenüber 32) Winner produzierte Cibulkova und nahm ihrer Gegnerin insgesamt siebenmal das Service ab. Dennoch war das Match extrem umkämpft, wie folgende Statistik beweist: Insgesamt gewann sie nur drei Punkte mehr als Azarenka. In den entscheidenden Momenten halfen Cibulkova die Erfahrungen aus dem letzten Jahr. "Ich kam auf den Court und schon kamen all die schönen Erinnerungen wieder hoch. Ich habe mir gedacht: 'Ich bin auch eine gute Spielerin und ich kann es schaffen.' Nur so hat man eine Chance gegen diese großartigen Gegnerinnen."
Vika erreichte nur im zweiten Satz die dominante Form, die sie bei den Siegen über Sloane Stephens und Caroline Wozniacki an den Tag gelegt hatte. Dort standen 16 Winnern nur 8 Unforced Errors gegenüber, zudem nutzte sie alle drei Breakchancen. In den anderen Sätzen war das Verhältnis zwischen Winnern und Fehlern dagegen deutlich schlechter - kombiniert waren es in Satz eins und drei 16 Winner bei 21 Fehlern. Letztendlich zu viel gegen die aggressive Slowakin.
Madison Keys (USA) - Madison Brengle (USA) 6:2, 6:4
Letztes Jahr gab es Eugenie Bouchard, die in Melbourne das bis dahin beste große Turnier ihrer Karriere spielte. Dieses Jahr gibt es Madison Keys. Die 19-Jährige, die in der Runde zuvor Petra Kvitova ausgeschaltet hatte, ließ im Duell der Madisons die nächste starke Vorstellung folgen und steht nun im Viertelfinale - zum ersten Mal in ihrer Karriere, versteht sich. Dabei war es ihr fast schon unangenehm, dass sie gegen eine Bekannte gewann: "Es ist ohnehin nicht leicht, so ein großes Spiel zu absolvieren. Und dann ging es auch noch gegen eine gute Freundin von mir."
Es war das erste seit den US Open 2002, dass zwei Amerikanerinnen, die nicht Williams mit Nachnamen heißen, so spät noch bei einem Grand Slam aufeinandertrafen. Wirklich spielen tat aber nur eine von ihnen. Das Winner-Verhältnis sprach Bände: Während Brengle gerade einmal drei Gewinnschläge produzierte, waren es bei Keys satte 38 - und dazu noch vier Breaks.
Keys, die seit diesem Jahr von Lindsay Davenport trainiert wird, spielte unheimlich aggressiv und ging unter anderem 22mal ans Netz, wo sie starke 18 Punkte machte. Insgesamt dauerte das Match nur rund eine Stunde - Brengle war gegen ihre Freundin chancenlos.
Venus Williams (USA/18) - Agnieszka Radwanska (POL/6) 6:3, 2:6, 6:1
Vor Venus Williams kann man nur den Hut ziehen. 2010 stand sie zuletzt in einem Grand-Slam-Viertelfinale, seitdem machte sich das Alter bemerkbar - aber auch das bei ihr diagnostizierte Sjögren-Syndrom, eine Autoimmunerkrankung, die ihr regelmäßig die Energie raubte und sie schlapp wirken ließ. Nun aber zeigte sie seit Monaten wieder eine aufsteigende Form, und mit dem Sieg über Agnieszka Radwanska ist es wohl offiziell, dass sie wieder zurück auf der großen Bühne angekommen ist.
Abgesehen von einer kurzen Schwächephase im zweiten Satz dominierte die 34-Jährige die Partie nach Belieben und erinnerte daran, wie sie in ihrer Karriere insgesamt sieben Grand-Slam-Titel einfahren konnte. 43 Winner zeugten davon, wie aggressiv Venus agierte. Wenn Radwanska über den zweiten Aufschlag gehen musste, gewann Williams 72 Prozent der Punkte, weil sie die Polin so bedingungslos attackierte.
Nun steht sie im Viertelfinale - und trifft dort auf eine weitere Amerikanerin: Madison Keys. Diese war noch nicht einmal geboren, als Venus bereits auf der Tour aktiv war. Sollte sie diese Hürde schaffen, könnte Venus im Halbfinale auf ihre größte Rivalin treffen - ihre Schwester.
Damen - Doppel, Achtelfinale (Alle Matches):
Julia Görges (GER/16)/Anna-Lena Grönefeld (GER/16) - Sara Errani (ITA/1)/Roberta Vinci (ITA/1) 6:3, 4:6, 7:5
Die zweite Woche findet ohne deutsche Beteiligung statt? Mitnichten! Julia Görges und Anna-Lena Grönefeld sorgten im Achtelfinale für eine faustdicke Überraschung. Nach tollem Fight warf das deutsche Doppel die topgesetzten Italienerinnen Sara Errani und Roberta Vinci aus dem Turnier und darf nun weiter vom ersten großen Wurf träumen. Es ist das zweite Grand-Slam-Viertelfinale, das Görges und Grönefeld gemeinsam erreichen. Dort warten die ungesetzten Kiki Bertens (Niederlande) und Johanna Larsson (Schweden).
Die WTA-Weltrangliste
Herren - Achtelfinale (alle Matches):
Novak Djokovic (SRB/1) - Gilles Muller (LUX) 6:4, 7:5, 7:5
Der Djoker setzt sich in gewohnter Manier gegen Isner-Bezwinger Gilles Muller durch und steht im Viertelfinale. Nole präsentierte sich von Beginn an stark und ließ dem Gegner bei eigenem Aufschlag keine Chance. Während der gesamten Partie hatte Muller lediglich vier Break-Chancen, nutzte jedoch keine davon. Zudem leistete sich der Außenseiter im Vergleich zu Djokovic doppelt so viele Unforced Errors.
Lediglich im zweiten Satz wackelte der Aufschlag des Weltranglistenersten kurz, doch auch in längeren Ballwechseln war der Klassenunterschied deutlich sichtbar. Im Gegensatz zu den Partien davor kam der erste Aufschlag Mullers zu selten, um von seiner Stärke zu profitieren.
Der Serbe wartete auf seine Chance, erarbeitete sich Breakbälle und blieb in entscheidenden Situationen der Partie eiskalt. Mit 47 Winners auf dem Konto bewies Djokovic, dass er einen Vorteil aus dem schnellen Court in diesem Jahr ziehen kann. "Es war eine ganz gute Leistung von mir, aber ich muss sagen, dass es echt schwierig war. In den wichtigen Moment war ich allerdings da", erklärte der 27-Jährige nach der Partie.
Milos Raonic (CAN/8) - Feliciano Lopez (ESP/12) 6:4, 4:6, 6:3, 6:7 (5:7), 6:3
30 Asse. 81 Winner. 166 Punkte insgesamt. 79 Prozent Erfolgquote mit dem ersten Aufschlag. Die Zahlen sprechen für eine starke Leistung von Milos Raonic - und dennoch hatte der Kanadier mit seinem spanischen Gegner schwer zu kämpfen. Immer wieder pendelte das Momentum hin und her, immer wieder kam Feliciano Lopez in den entscheidenden Szenen zurück.
Ganz besonders deutlich wurde das im vierten Satz, als Raonic schon zwei Matchbälle hatte, Lopez sie aber eiskalt parierte und sich den Satz holte. Statt einem vorzeitigen Ende musste nun also ein Entscheidungssatz herhalten - hier war es dann aber Raonic, der sich extrem nervenstark zeigte. Während bei Lopez langsam die Müdigkeit einsetzte, spielte "the Missile" seinen Stiefel einfach weiter runter, servierte wie vom anderen Stern (8 Asse, fast 90 Prozent Erfolg beim ersten Aufschlag) und katapultierte sich damit in die nächste Runde.
"Es ist großartig, dass ich es in die zweite Woche geschafft habe", freute sich Raonic. "Hier wurde heute gutes Tennis gespielt und ich denke, das wird immer besser werden."
Stan Wawrinka (SUI/4) - Guillermo Garcia-Lopez (ESP) 7:6 (7:2), 6:4, 4:6, 7:6 (10:8)
Was für ein Kraftakt für den Titelverteidiger! Nachdem Guillermo Garcia-Lopez ihn bei den letzten French Open überraschend in der ersten Runde nach Hause geschickt hatte, wirkte Stan Wawrinka zu Beginn ziemlich nervös - gleich zweimal ließ er sich im ersten Satz den Aufschlag abnehmen. Dass er den Satz trotzdem gewann, spricht für das Herz von Stan the Man. Nach und nach biss er sich in die Partie, um mit einer dominanten Vorstellung im Tiebreak dann alles klar zu machen.
Im zweiten Satz übernahm der Schweizer die Kontrolle und brauchte nur eine gute halbe Stunde, um mit 2:0 in Führung zu gehen - aber auch da war noch längst nicht alles gelaufen. Denn nachdem Garcia-Lopez den dritten Satz für sich entschied, führte er auch im Tiebreak des vierten mit 5:0 (!) - und war drauf und dran, das Spiel noch einmal komplett zu drehen. Darauf hatte Wawrinka dann aber offensichtlich keine Lust.
Fünf Satzbälle wehrte er ab, um am Ende dann doch noch den vierten Satz und damit das Match für sich zu entscheiden. Beeindruckend war also das Kämpferherz von Stan the Man - wenn es in den nächsten Runden gegen die absolute Elite geht, wird er sich für einen erneuten Triumph aber definitiv steigern müssen. "Das war ein harter Kampf", gestand Wawrinka, "ich habe einfach versucht, weiter zu kämpfen."
Kei Nishikori (JPN/5) - David Ferrer (ESP/9) 6:3, 6:3, 6:3
Das nennt man dann wohl eine dominante Vorstellung. Viele hatten das erste Aufeinandertreffen zweier Top-10-Spieler bei diesem Turnier sehnlichst erwartet, doch nur einer von beiden trat im Match dann wirklich wie ein Topspieler auf. Und zwar der Japaner. Nishikori machte beinahe 30 Punkte mehr als sein Gegner und hatte nur im zweiten Satz etwas zu kämpfen, da Ferrer ihm dort zum einzigen Mal den Aufschlag abnehmen konnte.
Der Japaner ließ sich davon aber nicht beirren und kam zurück, ansonsten dominierte er nahezu das ganze Spiel. 43 Winner feuerte er Ferrer um die Ohren und attackierte dabei vor allem den zweiten Aufschlag des Spaniers, der nur bei 42 Prozent zum Erfolg führte. So erspielte er sich insgesamt satte 17 Breakchancen, von denen er sechs nutzte.
Für Nishikori geht die Reise damit weiter, im Viertelfinale trifft er auf Stan Wawrinka - diese Aufgabe dürfte allerdings um einiges schwieriger werden. "Ich bin eigentlich immer darauf vorbereitet, gegen Ferrer fünf Sätze spielen zu müssen", grinste Nishikori, "von daher bin ich überrascht, dass es heute in drei Sätzen geklappt hat."
Die ATP-Weltrangliste
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