135:13-Sätze! Im Herren-Tennis!

Florian Regelmann
26. Mai 201218:15
Rafael Nadal hat bislang sechsmal die French Open gewonnenGetty
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Am Sonntag beginnen in Roland Garros wieder die French Open. Zeit, um sich mal Rafael Nadals außerirdische Paris-Bilanz reinzuziehen. Mit dabei: Roger Federer, Robin Söderling - und Lars Burgsmüller! SPOX-Redakteur Florian Regelmann blickt zurück.

SPOX

Rafael Nadals French Open 2005:

Lars Burgsmüller (GER) 6-1, 7-6(4), 6-1

Xavier Malisse (BEL) 6-2, 6-2, 6-4

Richard Gasquet (FRA) 6-4, 6-3, 6-2

Sebastien Grosjean (FRA) 6-4, 3-6, 6-0, 6-3

David Ferrer (ESP) 7-5, 6-2, 6-0

Roger Federer (SUI) 6-3, 4-6, 6-4, 6-3

Mariano Puerta (ARG) 6-7(6), 6-3, 6-1, 7-5

Rafael Nadal tritt zum ersten Mal bei den French Open an - und wie heißt sein erster Gegner? The one and only LARS BURGSMÜLLER! Der Doppelsieger von Ho-Chi-Minh-Stadt 2005 an der Seite von Philipp Kohlschreiber zwang Nadal immerhin einmal in den Tiebreak.

Im Halbfinale standen sich Nadal, der an diesem Tag 19 Jahre alt wurde, und Roger Federer zum ersten Mal in ihrer Karriere auf Sand gegenüber - es wurde das erste Highlight in der bis heute epischen Schlacht zwischen diesen beiden Giganten.

Im Finale wartete auf Nadal ein weiterer Lefty, Mariano Puerta. Der Argentinier war selbst eine riesige Story des Turniers, war er doch wegen Dopings neun Monate gesperrt gewesen und in der Weltrangliste auf Rang 440 zurückgefallen.

Puerta war mit hammerharten Fünfsatzsiegen gegen Guillermo Canas und Nikolai Dawydenko ins Finale eingezogen und lieferte auch Nadal einen brutalen Kampf. Krachende Grundschläge gepaart mit Finesse auf beiden Seiten - es war ein aufregendes Match.

Am Ende krönte sich Nadal zum jüngsten French-Open-Sieger seit Michael Chang 1989 und wurde der erste Spieler seit Mats Wilander 1982, der bei seinem Debüt sofort triumphierte.

"Nach dem ersten Satz dachte ich, dass ich verliere. Aber ich kämpfe um jeden Ball. Ich kämpfe, kämpfe, kämpfe. In jedem Spiel. Zum ersten Mal habe ich nach einem Match geweint", sagte Rafa im Anschluss an das Finale.

Rafael Nadals French Open 2006:

Robin Söderling (SWE) 6-2, 7-5, 6-1

Kevin Kim (USA) 6-2, 6-1, 6-4

Paul-Henri Mathieu (FRA) 5-7, 6-4, 6-4, 6-4

Lleyton Hewitt (AUS) 6-2, 5-7, 6-4, 6-2

Novak Djokovic (SRB) 6-4, 6-4 RET

Ivan Ljubicic (CRO) 6-4, 6-2, 7-6(7)

Roger Federer (SUI) 1-6, 6-1, 6-4, 7-6(4)

Nach einem klaren Auftaktsieg gegen Robin Söderling, der Name sollte bekanntlich noch mal wichtig werden, traf Nadal im Viertelfinale auf den 19-jährigen ungesetzten Serben Novak Djokovic. Djokovic musste nach 0:2-Satzrückstand wegen Rückenproblemen aufgeben - niemand konnte ahnen, was sich diese beiden Raketen in den kommenden Jahren für Matches liefern würden.

Im Finale wartete auf Nadal zum ersten Mal in Paris Federer. Der Schweizer hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt kein Endspiel bei einem Grand Slam verloren. Nachdem er Nadal im ersten Satz mit 6:1 wegfegte, sah es auch anfänglich so aus, als würde das so bleiben.

Doch Nadal kam zurück, holte sich seinen zweiten Titel bei seiner zweiten Teilnahme und baute seine Siegesserie auf Sand auf 60 Matches aus.

Nadal nach dem Match: "Das ist ein fantastischer Sieg für mich und ein unglaublicher Moment in meiner Karriere als Tennisspieler. Federer ist der beste Spieler aller Zeiten, niemand hatte je solch eine Qualität."

Die Jahre 2007 und 2008

Rafael Nadals French Open 2007:

Juan Martin Del Potro (ARG) 7-5, 6-3, 6-2

Flavio Cipolla (ITA) 6-2, 6-1, 6-4

Albert Montanes (ESP) 6-1, 6-3, 6-2

Lleyton Hewitt (AUS) 6-3, 6-1, 7-6(5)

Carlos Moya (ESP) 6-4, 6-3, 6-0

Novak Djokovic (SRB) 7-5, 6-4, 6-2

Roger Federer (SUI) 6-3, 4-6, 6-3, 6-4

Wir schreiben das Jahr 2007 und so langsam haben wir den Zeitpunkt erreicht, wo es Federer - sagen wir, wie es ist - verdammt noch mal ankotzt. Es kotzt ihn an, dass er absolut jeden schlägt, aber nicht Nadal in Paris.

Federer war vor dem Finale wieder nur ein Match davon entfernt, als erster Spieler seit Rod Laver 1969 vier Grand-Slam-Turniere in Serie zu gewinnen. Auch der Karriere-Slam war wieder nahe. Wenn nicht diese Ballwand namens Nadal wäre, die nahezu alles zurück bringt. Die dafür sorgt, dass du fünf, sechs unfassbare Schläge machen musst, um einen Punkt zu gewinnen. Die dich demoralisiert!

"Er macht dich mit der Zeit fertig. Er sorgt dafür, dass du Fehler machst. Aus irgendeinem Grund kann man gegen ihn danach nie sagen, dass man ein großartiges Match gespielt hat. Es ist mir scheißegal, wie ich in den letzten 10 Monaten oder in den letzten 10 Jahren gespielt habe. Ich wollte dieses Match gewinnen. Ich habe es nicht gepackt", so ein geknickter Federer damals.

Nadal blieb auch bei seinem dritten Paris-Auftritt eine Klasse für sich und wurde zum zweiten Spieler seit 1914 (Björn Borg 1978-81), der dreimal in Folge die French Open gewann. Nadal trieb Federer in 59 Unforced Errors, 29 Mal patzte Roger mit seinem Paradeschlag, der Vorhand.

Federer verließ Paris mit einer 53-0-Bilanz in den letzten acht Slams gegen Leute, die nicht Nadal heißen. Gegen den Jungen, der Nadal heißt, lautete die Bilanz 1-2.

Rafael Nadals French Open 2008:

Thomaz Bellucci (BRA) 7-5, 6-3, 6-1

Nicolas Devilder (FRA) 6-4, 6-0, 6-1

Jarkko Nieminen (FIN) 6-1, 6-3, 6-1

Fernando Verdasco (ESP) 6-1, 6-0, 6-2

Nicolas Almagro (ESP) 6-1, 6-1, 6-1

Novak Djokovic (SRB) 6-4, 6-2, 7-6(3)

Roger Federer (SUI) 6-1, 6-3, 6-0

Nach seinen drei Roland-Garros-Titeln en suite setzte Nadal bei Nummer vier noch mal einen obendrauf. Dominant, dominanter, Nadal. Der Spanier gab im gesamten Turniverlauf in seinen 7 Matches 41 Spiele ab. Das sind keine 6 pro Match. In einem Wort: unfassbar.

Das Finale - wieder gegen Federer - war so einseitig, dass es einen schockiert zurückließ. 6:1, 6:3, 6:0. Baam, nimm das, Roger! Falls du dachtest, du könntest mich in Paris jemals schlagen...

Nadal gewann als erst siebter Spieler in der Geschichte ein Grand-Slam-Turnier, ohne dabei einen einzigen Satz abzugeben. Krass: Im ersten Satz gewann Federer nicht einen einzigen Punkt über seinen zweiten Aufschlag.

"Ich habe gehofft, dass ich mehr als 4 Spiele mache...", sagte ein deprimiert wirkender Federer in seiner Ansprache an das Publikum. Was soll er auch machen? Hinten bleiben? Sehr witzig, sicher nicht. Nach vorne gehen und zuschauen, wie die Passierbälle neben ihm einschlagen, funktioniert aus Federer-Sicht aber eben leider auch nicht.

Die Jahre 2009-2011

Rafael Nadals French Open 2009:

Marcos Daniel (BRA) 7-5, 6-4, 6-3

Teymuraz Gabashvili (RUS) 6-1, 6-4, 6-2

Lleyton Hewitt (AUS) 6-1, 6-3, 6-1

Robin Söderling (SWE) 2-6, 7-6(2), 4-6, 6-7(2)

Wir schreiben Sonntag, den 31. Mai 2009 und erleben einen denkwürdigen Moment. Nadal verliert zum ersten Mal ein Match bei den French Open. Gegen den Schweden Robin Söderling, einen absoluten Asche-Nobody. Robin wer? Absolut niemand hatte damit gerechnet.

Es sollte eigentlich nur der nächste Schritt auf dem Weg zum 5. Titel im 5. Anlauf für Nadal, ein 5. Titel in Folge, der ihn an Björn Borg (1978-81) vorbei bringen würde. Aber in Match 32 seiner Roland-Garros-Karriere erwischte es den Spanier, auch weil er Knieprobleme hatte und irgendwie nicht er selbst war, zum ersten und bis heute einzigen Mal.

Auf dem Court Philippe Chatrier saßen 15.000 geschockte und zugleich faszinierte Zuschauer, die sahen, wie dieser Schwede unfassbar auf den Ball prügelte, sich beim Seitenwechsel unter seinem Handtuch vergrub, und danach weiter unfassbar auf den Ball prügelte.

Ausgerechnet Söderling, der vorher noch nie in einem Grand-Slam-Achtelfinale gestanden war und der sich 2007 in Wimbledon über Nadal lustig gemacht hatte, als er dessen Hosen-Gezupfe imitierte, wurde zum Königs-Killer.

Jener Söderling, der im letzten Duell mit Nadal im Foro Italico wenige Wochen zuvor gerade mal ein Spiel zustande gebracht hatte. 1:6, 0:6. Aber am 31. Mai 2009 war alles anders. Der glücklichste Mensch, noch glücklicher als Söderling? Federer! Der Weg zum ersehnten French-Open-Sieg war frei.

Rafael Nadals French Open 2010:

Gianni Mina (FRA) 6-2, 6-2, 6-2

Horacio Zeballos (ARG) 6-2, 6-2, 6-3

Lleyton Hewitt (AUS) 6-3, 6-4, 6-3

Thomaz Bellucci (BRA) 6-2, 7-5, 6-4

Nicolas Almagro (ESP) 7-6(2), 7-6(3), 6-4

Jurgen Melzer (AUT) 6-2, 6-3, 7-6(6)

Robin Söderling (SWE) 6-4, 6-2, 6-4

Die Knieprobleme, die Trennung seiner Eltern - als Nadal 2010 nach Paris kam, hatte er ein schwieriges Jahr hinter sich. Bei den French Open war er dann wieder ganz der Alte und holte sich zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren den Titel, ohne auch nur einen Satz zu verlieren.

Das Finale, die Revanche gegen Söderling (schaltete im Viertelfinale Federer aus), bezeichnete sein Onkel und Trainer Toni später als eines der besten Matches aller Zeiten, das er von Rafa gesehen hat. Es war phasenweise ein Kunstwerk. Bei einem Ballwechsel hämmerte Söderling einen Rückhand-Return dermaßen ins Feld, dass die Fans schon zu jubeln begannen, weil sie dachten, der Punkt wäre vorbei. War er aber nicht.

Nadal brachte den Ball zurück, bis heute weiß Söderling nicht warum, und gewann eine unglaubliche Rally am Ende mit einem Volley-Dropshot-Winner.

"Im letzten Jahr habe ich verloren, weil ich nicht gut vorbereitet war. Meine Moral war auch nicht gut. Aber jetzt bin ich zurück. Ich bin zurück und habe gewonnen", so Nadal im Anschluss.

Rafael Nadals French Open 2011:

John Isner (USA) 6-4, 6-7(2), 6-7(2), 6-2, 6-4

Pablo Andujar (ESP) 7-5, 6-3, 7-6(4)

Antonio Veic (CRO) 6-1, 6-3, 6-0

Ivan Ljubicic (CRO) 7-5, 6-3, 6-3

Robin Söderling (SWE) 6-4, 6-1, 7-6(3)

Andy Murray (GBR) 6-4, 7-5, 6-4

Roger Federer (SUI) 7-5, 7-6(3), 5-7, 6-1

ENDLICH! Endlich mal wieder Roger vs. Rafa in einem Grand-Slam-Endspiel. Das war der Gedanke vor dem French-Open-Finale 2011. Zum ersten Mal seit den Australian Open 2009, und erst zum zweiten Mal seit dem epischen Wimbledon-Duell 2008, trafen sich Federer und Nadal wieder in einem Slam-Finale.

Kurioserweise hätte es vor einem Jahr kaum jemand für möglich gehalten, alles sprach von Djokovic vs. Nadal. Federer hatte 16 Monate kein Major-Finale mehr erreicht - manche Möchtegern-Experten, deren Tennissachverstand bei null liegt, wollten ihn sogar schon abschreiben.

Würde sich Nadal für die letzten Sandplatz-Pleiten gegen Nole revanchieren? Das war die Frage. Aber dann beendete Federer den irren Djokovic-43-Matches-Run und erkämpfte sich so seine nächste Chance, Nadal in einem Paris-Finale mal zu besiegen.

Es reichte aber wieder nicht. Federer spielte stark, aber jedes Mal, wenn er drauf und dran war, die Oberhand zu bekommen, hievte Nadal sein Level auf eine Ebene, die sein Gegner nicht mitgehen konnte. Am Ende stand Nadals sechster French-Open-Titel zu Buche, damit zog er mit Borg gleich. 2012 kann er mit Nummer 7 am legendären Schweden vorbei ziehen.

Wer zweifelt daran? Wie soll man an jemandem zweifeln, dessen Satzbilanz in Paris bei 135:13 steht. Hundertfünfunddreißig zu dreizehn. Im Herren-Tennis, wo du nichts, aber auch nichts geschenkt bekommst. Es ist außerhalb dieser Welt.

Der Stand in der ATP-Weltrangliste